"Weltweiter Überhang an Geld": Die Zinsen werden niedrig bleiben

Ewald Nowotny
Die EZB wird vorsichtig vom Gaspedal gehen, prognostiziert Gouverneur Ewald Nowotny.

Die Europäische Zentralbank (EZB) wird ihr Programm zur Flutung der Märkte mit Geld Schritt für Schritt reduzieren. "Das Programm, monatlich Anleihen um 60 Milliarden Euro zu kaufen, läuft Ende des Jahres aus. Es muss in jedem Fall zu einer Entschärfung dieses Programms kommen. Da stimme ich mit meinem deutschen Kollegen Jens Weidmann überein. Wir wollen vorsichtig vom Gaspedal gehen." Ewald Nowotny (73), Gouverneur der österreichischen Nationalbank und Mitglied des Rates der Europäischen Zentralbank (EZB), plädierte bei einer Diskussion mit VKB-Generaldirektor Christoph Wurm Mittwochabend im Café Jindrak am Linzer Pöstlingberg für eine behutsame Anpassung der EZB-Politik. Das werde zur Folge haben, dass die Zinsen langfristig steigen würden. Bereits jetzt würden am internationalen Markt für länger laufende Staatsanleihen höhere Zinsen bezahlt.

Negative Realzinsen

Die Kritik, dass die EZB den Zins zu niedrig halte, lässt Nowotny nicht wirklich gelten. Die amerikanische Fed und die Bank von Japan hätten genauso gehandelt. Diese Geldpolitik habe dazu beigetragen, nach der Krise 2008 für Wachstum zu sorgen. "Es ist richtig, dass wir negative Realzinsen haben, aber das ist kein neues Phänomen. Das hatten wir auch schon in den 1970er-Jahren." Trotzdem sei es vernünftig zu sparen. Die Pensionsfonds hätten im vergangenen Jahr immerhin eine Rendite von drei, vier Prozent erwirtschaftet.

In Österreich sei die Inflationsrate deshalb höher, weil anstelle der Steuern die Gebühren erhöht worden seien. Der größte Preistreiber sei aber das Hotel- und Gastgewerbe gewesen. "Die Wettbewerbslage des österreichischen Tourismus hat sich deutlich gebessert. Das ist vernünftig." Die negativen Realzinsen zeigten laut Nowotny Gewinner und Verlierer. Die Sparbuch-Sparer seien zum Teil Verlierer, die Kreditnehmer begünstigt. Die Verteilungseffekte würden von den Alten zugunsten der Jungen gehen. Das sei aber kein Problem, denn in Österreich gebe es viele Bereiche, von denen die Älteren profitierten.

Trotz der zu erwartenden vorsichtigen Änderung der EZB-Politik glaubt Nowotny, dass die Zinsen langfristig niedrig bleiben werden. "Alle Studien gehen davon aus, dass wir weiter niedrige Zinsen haben werden, denn das Geldangebot steigt rascher als die Nachfrage. Wir haben weltweit ein erhöhtes Sparangebot. Es gibt weltweit einen Überhang an Geld." Der Unternehmenssektor sei heute ein Nettosparer, "das ist ein Schwächezeichen".

Immobilienboom

Ein Nebeneffekt der niedrigen Zinsen ist der Immobilienboom. "Diese Märkte sind angeheizt, aber es gibt noch keine Blase",so Nowotny. Es werde heute auch mehr Wohnraum in Anspruch genommen als früher, dazu komme durch den Bevölkerungsanstieg eine erhöhte Nachfrage, was zu steigenden Mieten und Grundstückspreisen führe.

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