"Unbedarft an die Sache rangehen"

Im "Jedermann" spielt Fussenegger heuer erstmals die Buhlschaft - ein Knalleffekt
Die 25-jährige Miriam Fussenegger aus Luftenberg ist die neue Buhlschaft am Salzburger Domplatz.

Sie sitzt total entspannt auf der Terrasse des Pressebüros, mit fantastischem Blick über Salzburg, nippt genüsslich am Kaffee und ordert mit schelmischem Grinsen einen kleinen Gugelhupf. Im Jänner wurde bekannt, dass die 25-jährige Miriam Fussenegger, bis dahin eine Unbekannte in der österreichischen Theaterlandschaft, bei den Salzburger Festspielen die Rolle der Buhlschaft im "Jedermann" übernehmen wird – ein Knalleffekt. Nach Schauspielgrößen wie Veronica Ferres, Birgit Minichmayr oder zuletzt Brigitte Hobmeier ist das eine mutige Besetzung von Intendant Sven-Eric Bechtolf. Davon will sich die 25-Jährige nicht einschüchtern lassen. Im KURIER-Interview spricht sie über Erwartungshaltungen, Rückzugsorte und Lampenfieber.

KURIER: Sie sind ja Oberösterreicherin, stammen aus Luftenberg, sind derzeit aber viel unterwegs. Kehren Sie trotzdem gerne zurück?

Miriam Fussenegger: Es ist meine Heimat, ich bin hier aufgewachsen. Wenn mir irgendwas zu viel wird, ist es mein Fluchtort im besten Sinne. Hier sind meine Wurzeln, ich habe dann das Gefühl, hier bin ich geerdet und kann durchatmen. Außerdem lebt ja auch meine Familie in Oberösterreich.

Sie sind in Linz zur Schule gegangen, haben hier Ihre ersten Schauspielversuche auf der Schulbühne gemacht. Wie hat sich das ergeben?

Ich war im Hamerling-Gymnasium, im musisch-kreativen Zweig. Dort hab ich gemerkt, dass mir die Schauspielerei liegt, dass ich das kann. Es gab auch entsprechendes Feedback, alle haben mich bestärkt und ich war damals ganz verblüfft.

Wie sieht aktuell ein Tag von Ihnen aus?

Ich bin erst kürzlich nach Salzburg gekommen, und habe hier meine Wohnung bezogen, gemeinsam mit einer Schauspielerin aus dem Jedermann-Ensemble. Die intensiven Proben beginnen morgen, Montag. Ich habe mich natürlich schon persönlich auf die Rolle vorbereitet, habe es aber noch nicht am Domplatz überprüft.

Man darf für die Rolle der Buhlschaft keine Angst vor Vergleichen haben, braucht als Schauspielerin ein großes Selbstbewusstsein. Woher kommt das bei Ihnen?

Ich weiß gut über mich selbst Bescheid, das kann nur hilfreich sein. Das Stück wird schon so lange mit vielen verschiedenen Besetzungen gespielt, deswegen sind Vergleiche für mich fehl am Platz. Der Jedermann lebt von diesen Wechseln und von den unterschiedlichen Menschen. Ich habe nur mich selbst zur Verfügung, dadurch wird es sicher anders.

Die Rolle der Buhlschaft wird oft als oberflächlich beschrieben. Was reizt Sie daran? Der prestigeträchtige Name oder schon auch Inhalte?

Für die Rolle sprechen auf jeden Fall die ganzen großartigen Schauspielerinnen, die das schon vor mir gespielt haben. Die werden sich nicht alle getäuscht haben. Außerdem wird die Buhlschaft ja sicher nicht meine letzte Rolle sein, die ich spielen werde. Ich habe also noch ein breites Spektrum vor mir, in dem ich mich austoben kann.

Haben Sie Lampenfieber?

Ja, ich bin da fürchterlich, auch bei kleinen Auftritten. Es ist immer herausfordernd, durch diese Situationen muss man würdevoll durchschreiten und bestenfalls bekommt man einen Energieschub, den man auf der Bühne nutzen kann.

Was waren Ihre ersten Gedanken als die Anfrage kam, die Rolle zu übernehmen?

Ich war sehr perplex, habe damit gar nicht gerechnet, weil ich ja erst am Anfang meines Berufslebens stehe. Da hängt einem Kinnlade runter. Natürlich wurde familienintern immer gewitzelt, dass ich irgendwann die Buhlschaft spielen werde, weil es eben diese spezielle österreichische Rolle ist, aber ich habe immer gelacht und mir gedacht: Das wird nie passieren. Natürlich war ich aufgeregt und geschmeichelt, habe aber auch darüber nachgedacht, ob ich mit dem Erwartungsdruck und der medialen Aufmerksamkeit zurechtkommen werde. Es war auf jeden Fall ein Sprung ins kalte Wasser. Mittlerweile merke ich, es geht auch ohne diese große Vorerfahrung, kann sogar Qualität mit sich bringen, dass man das ganze ein wenig unbedarfter betrachtet. Und bis jetzt sind mir alle total wohlgesonnen.

Die Schauspielerin, die die Buhlschaft spielt, wird oft auf ihr Aussehen reduziert. Wie wollen Sie das vermeiden?

Ich empfinde das nicht so schlimm. Ich schaue aus, wie ich ausschaue und spiele, wie ich spiele. Man kann dem aus dem Weg gehen, indem es einem selber einfach nicht wichtig ist. Das ist für mich total nebensächlich, ich habe andere Dinge, die mich beschäftigen.

Haben Sie den "Jedermann" Cornelius Obonya schon kennengelernt?

Wir haben einander kennengelernt und kurz an einer Szene gearbeitet. Er ist ein total angenehmer, präsenter Kollege. Er ist mir sofort auf Augenhöhe begegnet.

Wie war die Reaktion in der Theaterwelt auf Sie? Gab es auch Neider?

Das hab ich bis jetzt noch nicht erlebt, ich umgebe mich aber auch nicht mit solchen Menschen. Wenn mir jemand so begegnet, ist er nicht mein Freund oder Bekannter. Ich habe bis jetzt nur unterstützende, positive Rückmeldungen bekommen, vor allem von meinen ehemaligen Studienkollegen, die mir auch Bodenhaftung geben.

Vor zwei Jahren haben Sie Ihren Abschluss am Reinhardt-Seminar gemacht, jetzt spielen Sie die Buhlschaft. Wie weit ist so eine Karriere planbar?

Überhaupt nicht, ich habe nichts geplant, bisher ist alles passiert. Da muss man sich einfach dem Fluss der Dinge ergeben, was generell eine gute Schule ist.

Was passiert nach den Salzburger Festspielen?

Es gibt schon Pläne für den Herbst. Da werde ich wieder vor der Kamera stehen und bei einem Dreh dabei sein. Mehr kann ich dazu noch nicht verraten.

Abgesehen von der Schauspielerei, was sind Ihre Interessen, Leidenschaften?

Die Musik ist nach wie vor eine große Leidenschaft, aktiv wie passiv. Ich schreibe nicht selber, aber ich musiziere gerne mit anderen gemeinsam.

Wenn man weiß, wo man hingehen muss, kann es sogar sein, dass man mich in Wien in einer Bar hört – nur mit Klavier und in kleiner Runde, just for fun. Ich dachte ja lange, ich bin total unmusikalisch, bis ich irgendwann draufgekommen bin, dass das gar nicht stimmt.

Sind Sie ein politischer Mensch. Interessieren Sie zum Beispiel für die Arbeit der schwarz-blauen Landesregierung in Oberösterreich?

Natürlich verfolge ich Politik, aber eher international. Aber nach der Wahl im Herbst habe ich sofort bei meiner eigenen Heimatgemeinde nachgeschaut, wie dort gewählt worden ist.

Was erdet Sie in dieser intensiven Zeit?

Man muss immer genau horchen, was gerade dran ist und dem dann folgen. Ich möchte meine innere Stimme nicht verlieren, die mir sagt, was gut für mich ist.

Wie muss die Jedermann–Premiere am 23. Juli sein, damit Sie mit sich selbst zufrieden sind?

Es muss das Gefühl da sein, dass alles authentisch und stimmig war und dass ich mich nicht verbogen habe. Wenn das alles zutrifft, ist es bestimmt ein sehr beglückendes Gefühl.

Ausbildung

Miriam Fussenegger wurde 1990 in Linz geboren und absolvierte ihr Schauspielstudium am renommierten Max Reinhardt-Seminar in Wien. Sie ist weitschichtig mit der umstrittenen, österreichischen Schriftstellerin Gertrud Fussenegger verwandt.

Engagements

Neben ihrer Theaterarbeit stand sie zuletzt für den Landkrimi "Der Tote am Teich" und für den dreiteiligen Historienfilm "Maximilian" vor der Kamera. Ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen gab Miriam Fussenegger im Sommer 2015 als Lucy in "Mackie Messer. Eine Salzburger Dreigroschenoper".

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