"Sexualmoral der Kirche nicht lebbar"

Aufmarsch der Schwarzen Dienstagabend in Ried im Innkreis: Josef Pühringer, Andreas Khol mit Gattin Heidi, Thomas Stelzer (von links)
Der ÖVP-Präsidentschaftskandidat über die katholische Kirche, Kindermangel und den Islam.

Andreas Khol ist der ÖVP–Kandidat für die Bundespräsidentenwahl am kommenden Sonntag, den 24. April.

KURIER: Sind Sie ein Steher?

Andreas Khol: Wenn ich kein Steher wäre, wäre ich nicht zehn Jahre Klubobmann gewesen.

Was heißt das?

Man muss die nervliche und die charakterliche Stärke haben, Ziele zu definieren, zu erreichen und nicht locker zu lassen. Auf dem Weg dorthin muss man schon auf die Befindlichkeiten anderer Rücksicht nehmen.

Schon? Der Klubobmann muss doch auch die Peitsche schwingen, damit alle einheitlich abstimmen.

Man muss jene, die man überzeugen soll, damit sie so abstimmen, wie das der Klubobmann will, individuell abholen. Das ist die große Kunst. Suaviter in modo, fortiter in re. Sanft in der Vorgangsweise, aber stark in der Sache.

Sind Sie ein Parteisoldat?

Nein, das kann man nicht mehr sagen.

Die Partei hat Sie als Präsidentschaftskandidaten gerufen, Sie haben gesagt, ich stehe zur Verfügung.

Ganz so war es nicht. Als Nationalratspräsident habe ich mir gedacht, die Kandidatur könnte schon auf mich zukommen. Ich habe mir gedacht, das geht sich zeitlich nicht aus, ich unterstütze den Pröll, aber innerlich war ich darauf vorbereitet und ich habe mich gefreut. Ein Höhepunkt meines politischen Lebens ist diese Kandidatur. Eine Möglichkeit, die es immer gegeben hat, ist zur Realität geworden.

Sie sind Katholik. Papst Franziskus hat nun ein neues Dokument über die Freuden der familiären Liebe veröffentlicht.

Ich habe Teile davon gelesen. Was mich beeindruckt, ist, dass man von der strengen kirchlichen, recht gnadenlosen Regel abgeht. Meine Frau, die Religionslehrerin war, hat oft gesagt, was wissen die Leute in Rom von der Ehe und Familie? Sie wissen gar nichts. Die Sexualmoral der katholischen Kirche ist nicht lebbar. Sie wird auch nicht gelebt. Der Papst hat endlich das Wesentliche der Ehe, ihre Freuden in den Mittelpunkt gestellt und rundherum gesagt, seid gescheit, passt eure Moralansprüche an die Gegebenheiten an. Es tut mir in der Seele weh, wenn ich bei Messen sehe, dass wiederverheiratete Geschiedene nicht zur Kommunion gehen können. Ich finde das unbarmherzig und brüskierend, weil ich weiß, dass viele zweite Ehen besser sind als die ersten. Dieses Werturteilen über Lebensverhältnisse ist nichts, was ich der Bibel entnehme. Der Heilige Vater hat hier eine ganz neue Betrachtungsweise eröffnet.

Sind Sie für die Priesterweihe der Frauen?

Ich habe das mit dem Kirchenvolksbegehren unterschrieben. In meinem Buch neuen Buch Auf die Werte unseres Landes bauen habe den Text des Volksbegehrens abgedruckt.

Ist der Islam eine rückständige Religion?

Nein, überhaupt nicht. Er ist eine der drei abrahamitischen Religionen, die in Österreich gesetzlich anerkannten Status haben. Der Islam europäischer Prägung, der in Europa entwickelt wurde....

.....den gibt es noch nicht wirklich.

Das ist nicht wahr. Wir haben das in Österreich modellhaft vorexerziert haben. Er ist eine gesetzlich anerkannte Religionsgesellschaft, es gibt ein neues Islamgesetz. Wir haben den staatlich inspizierten Religionsunterricht mit zugelassenen Schulinspektoren. Das sind alles neue Dinge. Der Islamwissenschafter Ednan Aslan spricht immer wieder von diesem Islam europäischer Prägung.

Er fordert ihn.

Er fordert ihn und wir sind in Österreich ein gutes Stück in diese Richtung gegangen.

Er übt Kritik an den Schulbüchern und den Positionen, die muslimische Vertreter äußern. Er fordert eine Kursänderung.

Er hat die Parallelkulturen in den Kindergärten kritisiert. Er übt Kritik am privaten Unterricht in den Moscheen.

Der aus Wien stammende Querdenker Meinhard Miegel hat in einem Vortrag, den er vor einem Monat in Frankfurt am Main gehalten hat, die europäischen Gesellschaften als "unfruchtbares Biotop" bezeichnet, weil sie sich nur zu zwei Drittel in der Zahl ihrer Kinder ersetzen. Man kann das auch nicht durch Zuwanderung ersetzen, sagt er.

Das ist eine Diagnose, die vielleicht für Deutschland stimmt. Wir haben in Österreich andere Geburtenziffern und eine andere Wanderungsbilanz. Deutschland schrumpft und hat eine Wanderungsbilanz von plus 100.000. Das kann die Geburtenlücke nicht schließen. Die deutsche Perspektive sagt, dass sie 2070 nur mehr halb so viel Einwohner wie jetzt haben werden. Die österreichische Bevölkerung hingegen wächst.

Kommentare