Rechte Straftaten nehmen stark zu: "Alarmglocken müssen schrillen"

Robert Eiter, Sprecher des Netzwerks gegen Rechtsextremismus
Antifa-Sprecher Robert Eiter fordert, Hasskriminalität endlich konsequent zu bekämpfen.

KURIER: Herr Dr. Eiter, wie entwickelt sich die rechtsextreme Kriminalität in Österreich?

Robert Eiter: Leider bestätigen sich unsere Warnungen. 2014 waren es 750 Straftaten, im Vorjahr schon 1156. Das ist kein Ausreißer, sondern ein immer stärkerer Trend: In den letzten zehn Jahren haben sich diese Delikte mehr als verfünffacht. Da müssen sämtliche Alarmglocken schrillen.

Und Oberösterreich?

Oberösterreich liegt bei der Zunahme solcher Straftaten auf dem ersten Platz aller Bundesländer. Von 2014 auf 2015 hat sich die Zahl von 109 auf 202 erhöht – ein Anstieg um gleich 85 Prozent.

Wie gefährlich ist diese Form der Kriminalität?

Sehr gefährlich. Die häufigsten Delikte – Verhetzung und NS-Propaganda – schüren Hass und Gewalt. Daraus folgen die anderen Straftaten: unter anderem Mord, Mordversuch, Brandstiftung, Körperverletzung, Gedenkstättenschändung sowie Anschläge auf Kirchen und Moscheen. Die vielen Verbrechen der 2013 verhafteten Bande "Objekt 21" waren nur die Spitze des Eisbergs.

Ist der Brandanschlag in Altenfelden rechtsextrem motiviert?

Offensichtlich ja, und zwar unabhängig davon, ob die Tat von Neonazis oder von verhetzten Durchschnittsbürgern begangen wurde. Allerdings hat es nach dem Brandanschlag sehr positive Reaktionen gegeben: Rotkreuz-Präsident Walter Aichinger, Integrationslandesrat Rudi Anschober und der Altenfeldener Bürgermeister Klaus Gattringer haben einhellig erklärt, dass sie vor der Gewalt nicht zurückweichen und das Asyl-Quartier rasch wieder aufgebaut wird. Zur überparteilich unterstützten Solidaritätskundgebung der Sozialistischen Jugend sind rund 1000 Menschen gekommen – ein starkes Zeichen.

Was ist die wichtigste Ursache für die kriminellen Umtriebe?

Bis vor kurzer Zeit wurde der Rechtsextremismus von den meisten Verantwortlichen in der Politik, den Sicherheitsbehörden und der Justiz völlig verharmlost. Das war wie eine Ermunterung. Mittlerweile breiten sich Rassismus und Menschenverachtung leider dramatisch aus.

Innenminister Sobotka hat einen nationalen Aktionsplan gegen Rechtsextremismus angekündigt. Begrüßen Sie das?

Natürlich, denn einen solchen fordern das Mauthausen Komitee und unser Netzwerk seit Jahren. Entscheidend ist jetzt, dass die Regierung genügend Mittel zur Verfügung stellt und von Anfang an alle wesentlichen Institutionen – Sicherheitsbehörden, Justiz, Schulen, Bundesländer und Zivilgesellschaft – zur Mitarbeit einlädt. Sonst könnte der Aktionsplan als bloßes Alibi enden.

Was soll herauskommen?

Eine breite Palette aufeinander abgestimmter Maßnahmen. Vordringlich scheint mir eine deutlich wirksamere Verfolgung und Aufklärung rechtsextremer Straftaten durch den Verfassungsschutz zu sein. Da ist die Bilanz derzeit sehr mager.

Die Landtagsparteien verhandeln darüber, den Landessicherheitsrat wieder einzuberufen. Was halten Sie davon?

Ich bin skeptisch. Was ewiggestrige Umtriebe betrifft, war der Landessicherheitsrat in der Vergangenheit ein reines Beschwichtigungs- und Verharmlosungsgremium. Nach jedem größeren Vorfall hat es geheißen, es sei alles unter Kontrolle. Und dann ist es noch schlimmer geworden. Aber vielleicht sieht die Landes-ÖVP als Mehrheitspartei durch den Brandanschlag in Altenfelden und die Ankündigung des Nationalen Aktionsplans nun endlich ein, dass es so nicht weitergehen kann.

Was tut die Zivilgesellschaft zur Bekämpfung des Rechtsextremismus?

Sie tut ihr Bestes. Beispielsweise engagieren sich die 77 Mitgliedsorganisationen unseres Netzwerks jedes Jahr mit mehr als 500 Aktivitäten für Demokratie und Menschenrechte. Das reicht unter anderem von der Gedenkkundgebung bis zum Zivilcourage-Training. Notwendig wäre jedoch, dass auch die staatlichen Organe ihr Bestes tun.

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