Mit Zeit, nicht mit Zucker verwöhnen

Silke Kranz

Haben Sie schon vom HELENA-Projekt gehört? So wird das erste und einzige europaweite Projekt bezeichnet, das mit wissenschaftlichen und standardisierten Methoden umfassende Daten über den Gesundheits-, Bewegungs- und Ernährungszustand von Jugendlichen liefert.1630 Jugendliche im Alter zwischen zwölf und achtzehn Jahren aus zehn verschiedenen europäischen Städten wurden befragt und untersucht.

Eine der Fragestellungen war die Aufnahme von sogenanntem "freiem Zucker". Diese Bezeichnung bedeutet, dass der Zucker nicht natürlicherweise im Lebensmittel enthalten ist, sondern von außen zugesetzt wird. Laut WHO fallen in diese Gruppe auch Brotaufstriche wie Honig und Marmelade, Sirup sowie Fruchtsäfte.

Die tägliche Aufnahme von freiem Zucker sollte laut Weltgesundheitsorganisation maximal zehn Prozent der Gesamtenergie beziehungsweise sechzig Gramm ausmachen. Bei europäischen Jugendlichen liegt diese Aufnahme im Mittel bei vierzehn bis einundzwanzig Prozent der täglichen Gesamtenergiezufuhr. Außerhalb Europas stellen sich die Zahlen mit durchschnittlich sechzehn bis sechsundzwanzig Prozent noch erschreckender dar.

Es konnte gezeigt werden, dass in vierundneunzig Prozent der Fälle die empfohlene "Höchstdosis" von zehn Prozent überschritten wurde, wobei Mädchen sowohl weniger Kalorien und Kohlehydrate insgesamt, wie auch Zucker und freien Zucker zu sich nehmen.

Was sind nun die Hauptlieferanten von freiem Zucker? An erster Stelle stehen gezuckerte Getränke, also kohlensäurehaltige Softdrinks und Fruchtsäfte. Erst danach kommen Süßigkeiten im eigentlichen Sinn. Ganz hinten stellen sich der Zucker selbst sowie Brotaufstriche und Sirup an.

Wie immer kann man den Jugendlichen keinen Vorwurf für die Fehlernährung machen, das liegt nicht in der Verantwortung von Minderjährigen. Es konnte bewiesen werden, dass bei niedrigem Bildungsstatus der Eltern die Aufnahme von kohlensäurehaltigen Softdrinks, Brotaufstrichen, Zucker, Mehlspeisen und Frühstückcerealien höher war. Ich will damit bei Gott nicht alle jungen Menschen in Familienplanung zum Studieren zwingen, ich möchte vielmehr einen Appell an alle Eltern richten: Wir wollen alle nur das Beste für unseren Nachwuchs! Hin und wieder verwöhnen wir unsere Kleinen auch gerne. Belassen wir es – was den Zucker betrifft – bei hin und wieder und verwöhnen wir lieber mit gemeinsamer Zeit und Abenteuern. Und nehmen wir es ganz bewusst in unsere Hand, was auf den Teller kommt!

Autorin Silke Kranz ist diplomierte Ernährungs- und Sportmedizinerin und Ärztin für Allgemeinmedizin in Bad Zell

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