Keine Obergrenze für Flüchtlinge

Manfred Scheuer (60) stammt aus Haibach ob der Donau.
Der Bischof von Innsbruck war auf Kurzbesuch in seiner neuen und alten Diözese Linz.

Der Mann hat es drauf. Sein erster Auftritt in der Diözese am späten Mittwochnachmittag im Bildungshaus Puchberg war durchaus beeindruckend. Der 60-jährige Manfred Scheuer, der aus Haibach Ob der Donau stammt und seit 2003 Bischof von Innsbruck ist, wird am Sonntag, 17. Jänner um 15 Uhr im Mariendom zum neuen Linzer Bischof geweiht.

In der Pressekonferenz am Mittwoch nahm er eingangs Bezug auf den Terror in Paris. "Ich hoffe sehr, dass das unser Zusammenleben nicht verunsichert und dass der Hass das gesellschaftliche Klima nicht vergiftet. Und dass die Angst davor nicht böse macht. Es verlangt nach einer klaren Entscheidung aller gesellschaftlichen Kräfte und aller Religionen."

Er habe den Terror bewusst an den Beginn gestellt, weil er glaube, dass Bischofsernennungen dem gegenüber sekundär bzw. marginal seien. "Das hängt mit meinem Kirchenverständnis zusammen, dass Kirche Hilfswerkzeug ist für ein sich besseres Vertragen, dass Kirche eine Friedensbewegung sein soll."

Er komme mit Grundvertrauen und Zuversicht nach Linz, "dass Gottes Geist lebendig macht, mit dem Gottvertrauen, dass alle Umwege und Brüche zum Guten führen". Die Diözese Linz sei ihm an sich nicht unbekannt, aber es habe sich in den vergangenen 19 Jahren seit seinem Weggang einiges geändert. Die Reaktionen von Freunden seien unterschiedlich gewesen. "Ich glaube grundsätzlich, dass alles gut geht, dass aber nicht alles harmonisch und glatt geht. Ich weiß um verschiedene Entwicklungen, Spannungen und Konflikte. Ich glaube, dass die Diözese besser ist als ihr Ruf." Manches würde von außen hineingetragen.

Als er das erste Mal von der Ernennung für Linz gehört habe, habe er an seine inneren Widerstände gedacht. Es sei auch nicht die große Euphorie oder Freude bei ihm ausgebrochen. Innsbruck sei ihm zur Heimat geworden. Bei dem,was er zurückzulassen habe, sei durchaus Trauer dabei. Diese Phase sei noch nicht abgeschlossen. "Meine Aufgabe in Linz wird auch ein Hineinwachsen sein." Er suche Gott in allen Dingen, so auch an Wegkreuzungen.Es gehe auch um eine Reise nach innen.

Wie definiert sich Scheuer in der Breite der römisch-katholischen Kirche selbst? "Es ist Aufgabe des Bischofs, Einheit zu stiften. Das heißt, manchmal Brückenbauer zu sein. Oft etwas zusammenzuhalten, was eigentlich relativ wenig miteinander zu tun hat. Oder Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen, die sich gegenseitig schon abgeschrieben haben. Ich halte es nicht für gut, wenn das Amt wahrgenommen wird von Leuten, die eher ein Extrem ausdrücken." Er glaube aber nicht, dass die Vitalität einer Diözese vom Bischof abhänge. Es stelle sich weniger die Frage, ob links oder rechts, sondern "wie wir uns aus dem Evangelium heraus bewähren". Entscheidend sei eine kritische, solidarische Zeitgenossenschaft und die innere Kraft. Das merke er an den Flüchtlingshelfern. "Wie geht das, dass denen der Saft nicht ausgeht?"

Flüchtlinge

Soll es Obergrenzen für Flüchtlinge geben? "Ich halte es hier eher mit der deutschen Kanzlerin Angela Merkel. Asyl ist ein Menschenrecht, man kann hier keine Grenzen ziehen." Man müsse aber auch eine Ursachenbekämpfung in Angriff nehmen. Die Caritas in Tirol unterstütze Projekte in Burkina Faso oder in Mali, um die Situation der Menschen dort zu verbessern, damit sie nicht nach Europa gehen müssten. Es sei wichtig, dass der Staat zwischen Flüchtlingen und jenen unterscheide, die aus anderen Gründen kämen.

Geschiedene

Wie hält es Scheuer mit dem Kommunionempfang für wiederverheiratete Geschiedene? "Es gibt aufgrund der Tradition und der Bibel durchaus eine Offenheit für ihre Zulassung. Ich glaube aber nicht, dass es eine generelle Regelung ohne den Erfahrungshintergrund Einzelner geben kann, sondern dass es hier ein Draufschauen, ein gutes Mitgehen, eine Begleitung und eine gute Integration braucht. Es wäre eine halbe Sache, wenn jemand zur Kommunion geht, der aber emotional von den anderen geschnitten wird." Es gebe für den Kommunionempfang Bedingungen wie zum Beispiel Versöhnungsbereitschaft.

Der scheidende Bischof Ludwig Schwarz führte in die Pressekonferenz mit Scheuer ein und sagte: „Ich bin nun schon im 76. Lebensjahr. Da werden die Kräfte weniger. Nun kann ich ganz beruhigt dem Ruhestand entgegenblicken. Ich möchte aber weiter seelsorgliche Dienste in der Diözese übernehmen“ (er wird zu den Don Bosco-Schwestern nach Vöcklabruck übersiedeln, Anm.d.Red.). Als Caritas-Bischof sei Scheuer der Einsatz für Menschen in Not immer ein besonderes Anliegen gewesen. Er habe hier in Linz Theologie studiert und als Seelsorger und Spiritual im Priesterseminar und als Lehrer an der Theologischen Hochschule segensreich gewirkt. Die Seligsprechung des Kriegsdienstverweigerers Jägerstätter (2007) sei ihm ein großes Anliegen gewesen. Scheuer habe den Prozess als Postulator sehr engagiert geführt.

Scheuer selbst meinte, die Ernennung sei für ihn überraschend gekommen. Er sei am 3. November von der Bischofskongregation angerufen worden, am 5. November habe er in Rom den Kardinalpräfekten zu einem Vier-Augen-Gespräch getroffen, wobei dieser ihm gleich die Ernennungsurkunde überreicht habe. Zu Allerheiligen sei er zu Hause in Haibach am Grab des Vaters gewesen, „die Mutter hat mir gesagt, sie wünscht mir das nicht“. Die Meinung des Bruders zur Ernennung sei gewesen: „Ich weiß nicht, ob Du dabei glücklich wirst.“ Er fühle Tirol heute als seine Heimat. Er fühle momentan eine Gleichzeitigkeit von unterschiedlichen Ereignissen. Die Entscheidung für Linz sei auch eine Sache der Verfügbarkeit und des Gehorsams, wie ihm das der Kardinalpräfekt gesagt habe. Die neue Aufgabe habe auch mit einer neuen Dynamik zu tun, die neue Kräfte vermittle.

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