Jeder muss Änderungen vornehmen

Landeshauptmann Thomas Stelzer, ÖVP
Der Landeshauptmann will die Schuldenbremse in der Regierung konsequent umsetzen.

Thomas Stelzer (50) ist seit zweieinhalb Monaten Landeshauptmann von Oberösterreich. Beim ÖVP-Bundesparteitag, der sich am 1. Juli im Linzer Design-Center trifft, soll er zum stellvertretenden Bundesparteiobmann gewählt werden.

KURIER: Warum werden gerade Sie Stellvertreter von Kurz und nicht Mikl-Leitner oder ein anderer Landeshauptmann?Thomas Stelzer: Sebastian Kurz hat mich gefragt und das hat mich auch geehrt. Da überlegt man nicht lange. Wir sind ein starkes Land und eine starke Landespartei. Vielleicht hat auch mitgespielt, dass ich in meiner Funktion noch relativ neu bin.

Gibt es eine besondere Achse Oberösterreich–Kurz?

Wir haben persönlich schon immer sehr gute Lösungen gepflegt. Wir haben uns oft getroffen und ausgetauscht. Seit er designierter Parteiobmann ist, haben wir uns bemüht, dass der Start gut über die Rampe geht.

Kurz war vergangenen Sonntag beim Bezirksfamilienfest in Wernstein zu Gast, das August Wöginger veranstaltet hat und zu dem 1000 Besucher gekommen sind.

Es ist offensichtlich, dass sich Wöginger zu einem großen Player in der Bundespolitik entwickelt hat. Das ist gut für Oberösterreich und spricht für seine Qualitäten. Ich gehe davon aus, dass er in der neuen ÖVP eine Schlüsselrolle spielen wird.

Das heißt, dass er Minister wird.

Er wird eine Schlüsselrolle im Bundesteam spielen.

Ein Wechsel Wögingers in die Landesregierung ist nicht vorgesehen?

Derzeit haben wir keine Umstellungen vor. Darum ist das auch kein Thema. Aber Wöginger ist für viele Spitzenfunktionen im Bund und im Land denkbar.

Was verbindet Sie mit Kurz?

Unser beider Hineinwachsen in die ÖVP über die Junge ÖVP. Wir nennen die Dinge beim Namen. Wir versuchen das, was wir ankündigen, auf den Punkt zu bringen. Und nicht im Alten zu verharren und zu sagen, ich hätte gern, es ist alles so schwierig und es war schon immer so ... Auch wenn die Position gegen den Mainstream ist, wie man das bei Kurz in der EU-Politik sieht. Wir versuchen die Dinge umzusetzen.

Kurz will die Mittelmeerroute schließen und möchte erreichen, dass die Flüchtlinge in Afrika ihre Asylanträge stellen.

Ich halte den Vorschlag deshalb für gut, weil die Menschen nicht mehr sehenden Auges in den Tod oder in schwierigste Verhältnisse getrieben werden. Das muss das vorrangige Ziel sein. Der Vorschlag von Kurz sorgt für gesichertere Wege und für einen faireren Umgang mit ihnen. Derzeit steht am Ende oft der Tod. Das kann kein zielführender Weg sein.

Was wollen Sie in die Bundes-ÖVP einbringen?

Ganz wichtig ist der Teamgeist. Seit der Neuaufstellung mit Kurz haben wir bewiesen, dass wir zu ungewohnten Schritten bereit sind. Wir sehen eine Zeitenwende auch in der ÖVP, Stichwort mehr Kompetenzen für den Bundesparteiobmann. Ich bringe die Sicht der Länder ein. Die ÖVP besteht aus starken Landesorganisationen. Ihre Sichtweise muss auch Teil der ÖVP-Linie sein.

Wie werden Sie reagieren, wenn Kurz Sie bittet, dass Michael Strugl Wirtschaftsminister werden soll.

Wie es üblich ist und wie ich es von Kurz gewohnt bin, sind die Entscheidungen durch viele gemeinsame Gespräche vorbereitet. Wenn es einmal zu personellen Fragen kommen wird, ganz egal um welche Funktionen es geht, werden wir das gemeinsam ausreden.

Ein Wechsel Strugls ist nicht ausgeschlossen?

Ich will zum jetzigen Zeitpunkt weder etwas präjudizieren noch etwas ausschließen. Zuerst müssen wir einmal die Wahl gewinnen, also deutlich Erster werden, damit wir den Kanzleranspruch stellen können.

Halten Sie es für realistisch, dass die ÖVP gewinnt?

Ja. Wir werden dafür alles tun. Ich lasse mich von den momentanen Umfragewerten nicht einlullen, denn sie schauen in Windeseile wieder anders aus. Wir haben schon lange nicht mehr so eine gute Ausgangsbasis gehabt.

Was ist Ihr Wahlziel für Oberösterreich?

Auf Prozentpunkte lege ich mich nicht fest. Wir wollen auch in Oberösterreich die stärkste Kraft werden. Das Oberösterreich-Ergebnis ist in der Regel auch das Österreich-Ergebnis

Wie erstellt die Landes-ÖVP die Kandidatenlisten für den Nationalrat?

In den Bezirken laufen derzeit die Konvente, wo die Bezirke ihre Kandidaten für die Wahlkreislisten erstellen. Der Landesparteivorstand wird am 5. Juli die Regionalwahlkreislisten im Reißverschlusssystem Frau-Mann-Frau-Mann beschließen. Mitte August werden wir gemeinsam mit der Bundesliste die Landesliste erstellen.

Wird Wöginger Spitzenkandidat?

Ich mache kein Geheimnis daraus, dass er dafür ein heißer Kandidat ist.

Soll die ÖVP mit der FPÖ eine Koalition auf Bundesebene eingehen? In Oberösterreich ist das ja bereits der Fall.

Sie funktioniert auch gut. Aber das bedeutet noch nicht, dass das die Lösung eins zu eins für den Bund ist. Wichtig ist, dass wir Erster werden. Dann sollten wir mit allen reden. Es geht um die Bildung einer verlässlichen, stabilen Mehrheit. Und wer sich mit uns auf ein Programm einigen kann.

Geht die ÖVP auch als kleinerer Partner in eine Koalition mit den Freiheitlichen?

Unser Sinnen und Trachten ist Erster zu werden. Damit beschäftige ich mich.

Am 15. Juli werden Sie die ersten hundert Tage im Amt sein. Ihr Resümee?

Ich bin dafür dankbar, dass mir sehr viele einen sehr guten und schwung- und kraftvollen Start ermöglicht haben. Das gilt sowohl für die Politik als auch Vereine oder Unternehmen. Viele Menschen gehen auf mich zu. Es wurde auch mein Slogan einer neuen Zeit, die viele Änderungen benötigt, angenommen. Aber wenn es zur Änderung kommt, löst das Überraschung aus. Die Schuldenbremse soll im Juli-Landtag beschlossen werden. Das war für mich nicht nur eine Sonntagserklärung. Ich will die Dinge umsetzen.

Wo wird gespart?

Wir wollen keine neuen Schulden machen. Und wir haben gewisse Schwerpunkte wie Infrastruktur, Breitband oder die neue Donaubrücke in Linz oder das Wohnen für Menschen mit Beeinträchtigungen. Alle, die Verantwortung für das Budget tragen, müssen wissen, dass sie ihren Beitrag leisten müssen. Jeder muss Änderungen vornehmen. Es muss jede Ausgabe begründet werden.

Entsprechen Ihre Erfahrungen als Landeshauptmann Ihren Erwartungen?

Was ich unterschätzt habe, ist, dass man praktisch von jedem angesprochen wird. Das ist eine schöne Erfahrung, weil es in den allermeisten Fällen positive Zugänge sind. Das unmittelbare Wahrgenommenwerden habe ich in der Breite nicht so eingeschätzt.

Oberösterreich ist in den Wirtschaftsdaten schon einmal besser gelegen. Mit einem Wachstum von 1,7 Prozent liegt es im Mittelfeld, Vorarlberg und Burgenland verzeichnen 2,4 %. Bei der Arbeitslosigkeit liegt das Land mit 6,1 Prozent an dritter Stellen. Salzburg hat 5,6 %.

Wir sagen, dass es uns gut geht. Aber es ist zu wenig, sich einfach darauf zu berufen. Andere marschieren voran. Diese Zahlen sind für mich eine Motivation. Wir müssen eine Änderung einleiten und die Standortfaktoren stärken. Der Wettbewerb findet nicht nur im Jahresvergleich statt, sondern monatlich. Die Zahlen sind ein Weckruf. Wir müssen jetzt, wo es uns gut geht, Änderungen vornehmen, damit es uns weiter gut geht.

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