Informatiker-Mangel ist Katastrophe

Pomberger Gustav , ermitierter Professor Kepler Universität Linz Wirtschaftsinformatik
An der JKU Linz geht mit Gustav Pomberger einer der verdienstvollsten Informatiker in den "Ruhestand".

Der 68-jährige gebürtige Gosauer Gustav Pomberger bestimmte als Ordinarius des Instituts für Wirtschaftsinformatik und Software-Engineering die Entwicklung der Linzer Johannes Kepler-Uni mit. Ab Anfang Oktober wirkt er als emeritierter Professor weiter.KURIER: Welche Rolle spielt der Computer in unserem Leben?

Gustav Pomberger: Je älter man wird, desto wichtiger wird er. Weil er im Alter das wichtigste Medium zur Kommunikation nach außen ist. Meine Schwiegermutter hat sich mit 80 zu einem PC überreden lassen. Sie hat das zuerst belustigt. Dann konnte sie Termine koordinieren, hatte per eMail und Skype Kontakt zu ihren Enkeln in aller Welt und war glücklich.

Wie stark verändern Computer unsere Gesellschaft?

Mit der totalen Vernetzung des Globus und der Konvergenz der Medien verändert sich unser gesellschaftliches Verhalten vollkommen. Da liegt eine wahre Revolution drinnen. Diese Entwicklung wird weitaus unterschätzt. Nicht als Wissenschafter, sondern als Gust Pomberger sage ich, nichts außer ein paar Kometen-einschläge hat die Welt so verändert, wie diese Technologie.

Mit nicht nur positiven Auswirkungen?

Natürlich gibt es auch die dunklen Seiten. Es wäre heute möglich einen Virus einzupflanzen, der immer wieder mitgesichert wird, und der 2025 die Stromnetze lahmlegt. Es gibt auch sehr Bedrohliches.

Man denke an die Wahlmanipulationen oder an den arabischen Frühling. Der wäre auch mit all den fürchterlichen Konsequenzen nicht ohne soziale Medien möglich gewesen. Das Internet ist zu einer politischen Macht geworden. In Zukunft kann das positive, und negative Effekte haben.

Zuletzt zeigte die Ars Electronica in Linz ein nicht mehr begreifbares Zukunftsszenario, das mit seiner Sprache auch viele abschreckt.

Eine der Unarten der Informatiker, unter Anführungszeichen, die ich immer kritisiert habe. Diese Community hat sehr viele Abkürzungen und Akronyme und verwendet sie auch im Dialog nach außen. Das trägt dazu bei, dass in der Bevölkerung ein größerer Unwissenstand herrscht als er sein müsste. Der ,Bundestrojaner’ ist ein Musterwort dafür. Da geht es aber um eine gesellschaftlich fundamentale Frage, ob so etwas erlaubt wird oder nicht.

Wie geht es weiter? Das alles ist nicht zu stoppen. Die Gesellschaft ist auf Gedeih und Verderb von diesen Dingen abhängig. In Zukunft werden alle Bereiche bis zu den Bankgeschäften über den Computer laufen. Es müsste da politisch vor allem für alte Menschen etwas getan werden um sie IT-fit zu machen. Aber es tut niemand etwas.

Wie sehen sie den internationalen Stellenwert der Ars Electronica? Die passiert an der vordersten Front. Im AEC und im Future Lab wurden immer Dinge entwickelt, die der Zeit ganz weit voraus waren.Langsam wird man sich des Juwels bewusst. Da steckt Wertschöpfung durch das internationale Publikum dahinter. Als die geniale Idee von Wikipedia noch belacht wurde, bekam sie 2004 in Linz schon den Prix Ars Electronica. Die Ars-Community war immer weit voraus.

Was steckt hinter dem so beklagten Informatiker-Mangel?Es ist leider so. In Linz und ganz Europa fehlen Informatiker und informatisch organisierte Mathematiker, Physiker oder Chemiker. Leider haben die Ingenieurwissenschaften an Attraktivität verloren, obwohl das die sichersten Arbeitsplätze sind. Bei uns auf der Wirtschaftsinformatik können wir bei zehn Firmennachfragen eine halbe befriedigen. Der Region und Europa gehen damit eine Menge Arbeitsplätze verloren. Eine der größten Katastrophen. Da können wir im Stahlkochen noch so gut sein, aber wir brauchen Informatiker, die die Prozesse ständig optimieren.

Wurde das falsch eingeschätzt?

Einerseits war es nicht ganz vorauszusehen, wie stark der Digitalisierungs-Tsunamie zunehmen wird. Aber wenn man in die Mittelschule sieht, lernen sie dort viel Gutes und auch Informatik. Aber das ist meistens ein Officekurs. Programmiert wird fast nie. Im universitären Bereich ist es so, dass die Anwendungsnähe der Informatik sowohl von den Studenten als auch von der Wirtschaft als Attraktor gesehen würde. Die Unis müssen sich wieder mehr der angewandten Informatik zuwenden, denke ich.

An der JKU wird nun massiv für technische Studien ausgebaut.

Ja, das ist wichtig. Die Häuser müssen aber auch noch mit Studenten gefüllt werden.

Kritisiert wird immer die hohe Drop-Out-Quote an der JKU?

In der Wirtschaftsinformatik ist die Rate nicht so hoch, ist aber ebenfalls verbesserbar. Allgemein gesehen hängt das sicher auch mit dem vorher Gesagten zusammen.

Wie sehen Sie die Arbeit des Rektorats der JKU? Das jetzige Rektorat hat eine sehr starke Reformpolitik gestartet. Jede Institution muss sich weiter entwickeln. Das Rektorat hat es auch geschafft mit dem LIT (Linz Institut of Technology) zusätzliches Geld für die JKU zu holen. Es hat sehr konkrete Pläne, wie die Universitätsorganisation auch international angepasst werden soll. Das Rektorat ist erst zwei Jahre im Amt, der Prozess ist sehr ambitioniert und wird funktionieren, wenn man alle Mitarbeiter dazu motivieren und einbinden kann.Ihre Pläne für die Pension? Ich bin ab 1. Oktober von meiner Arbeitspflicht entbunden. Ich werde als Privater begonnene Forschungsprojekte weiter betreiben und auf der FH Hagenberg eine Grundlagenvorlesung halten, weiter Dissertanten betreuen und im Senat der Christian Doppler-Gesellschaft aktiv bleiben. Unruhe- statt Ruhestand? Ich wurde in Gosau protestantisch sozialisiert. Da heißt’s: "Ein Leben währet 70, und wenn es hoch kommt 80. Wenn es köstlich gewesen, dann ist es Mühe und Arbeit gewesen".

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