"Ich bin mit Kurz in vielem einig"

Designierter Landeshauptmann Thomas Stelzer
Der designierte Landeshauptmann verfolgt in Integrationsfragen einen ähnlichen Kurs wie Kurz.

Thomas Stelzer (50) wird am kommenden Samstag, den 1. April zum neuen Landesparteiobmann der ÖVP gekürt. Bei der Landtagssitzung am 6. April soll er zum neuen Landeshauptmann von Oberösterreich gewählt werden.

KURIER: Wie werden Sie die ÖVP führen?Thomas Stelzer: So, dass wir die große Nummer eins im Land sind. Wir wollen stärker werden als wir zur Zeit sind. Wir wollen einen Fokus auf unsere Stärke der flächenmäßig Abdeckung legen. Unsere Leute sind täglich vor Ort im Einsatz. Dadurch verfügen wir über ein ganz feines Sensorium für das, was in der Bevölkerung los ist. Wir wollen uns diese Breite erhalten.

Manche sagen, die Volkspartei krankt an ihrer Struktur. Da sind zum einen die sechs Teilorganisationen und zum anderen die mächtigen Landesorganisationen. Wollen Sie hier etwas ändern?

Wir können damit auch in den neuen Zeiten sehr gut arbeiten. Es muss die Gesprächsfähigkeit da sein, man muss die verschiedenen Teile zusammenführen und zusammenhalten. Aber bei den Verschiedenartigkeiten, die die Gesellschaft mit ihrer Komplexität an uns stellt, kann es ein Vorteil sein, wenn man als Partei verschiedene Gruppen hat.

Ein zunehmender Anteil der Bevölkerung hat migrantischen Hintergrund. Wird es für sie spezielle Angebote geben?

Ich sehe das ganz entspannt. So wie wir in der Bewegung die Breite der Bevölkerung abbilden, so wird sich das bei unseren Mitgliedern und Funktionären ergeben. Das wird automatisch eintreten.

Ihr Kurs in Integrationsfragen ist ähnlich dem von Außenminister Sebastian Kurz. Ist das so?

Wir sehen, welche Fragen sich die Bevölkerung stellt. Wir greifen sie auf und versuchen Antworten zu finden. Kurz verfolgt hier eine sehr realistische Linie. Seine Vorschläge decken sich mit den unserigen. Wir sind uns hier in vielen Dingen einig.

Kurs meint, die EU-Auslänger sollen zuerst fünf Jahre in die Sozialtöpfe einzahlen, bevor sie Leistungen daraus erhalten. Ist das auch Ihre Meinung?

Wir dürfen unsere Sozialsysteme nicht überbeanspruchen, weil sonst das Geld für die nicht da ist, die es wirklich brauchen. Die Frage ist, ob jemand kommt, weil er hier arbeiten will oder kommt er, weil er ins bessere Sozialsystem einreisen will? Das sollte man ganz nüchtern und objektiv ansprechen, wie Kurz das richtig gemacht hat.

Der Salzburger Landeshauptmann Wilfried Haslauer hat vorgeschlagen, die Nationalratswahl um ein Jahr auf den heurigen Herbst vorzuverlegen. Stimmen Sie ihm zu?

Ich verstehe, dass es für Länder, die vor Landtagswahlen stehen, ungünstig ist, wenn zugleich eine Nationalratswahl stattfindet. Der Nationalrat und die Regierung sind für fünf Jahre gewählt, daher sollten sie so lang es geht arbeiten. Mit dem Regierungsprogramm, das Kern und Mitterlehner zu Beginn des Jahres erarbeitet haben, gibt es dafür eine gute Grundlage.

Ein Argument für das Vorziehen lautet, dass Österreich im zweiten Halbjahr 2018 den EU-Vorsitz inne hat.

Es wird immer ein Argument geben, dass Wahlen ungünstig sind. Das Wichtigste ist der Arbeitsauftrag durch die Wähler. Ich glaube, dass die Menschen erwarten, dass die volle Periode gearbeitet wird.

Es gibt Reformen im Schulsystem, die Sie unterstützen. Die Lehrergewerkschaft ist skeptisch. Haben die Gewerkschaft und der CLV zu viel Macht?

Die Gewerkschaft ist eine Interessensvertretung. Es ist klar, dass sie beinhart für die Interessen ihrer Mitglieder kämpft. Ich halte die Einigung auf Bundesebene für gut, weil sie uns auch nützen kann. Die Cluster-Idee gibt uns die Möglichkeit, speziell am Land das Bildungsangebot zu halten. Mehr Autonomie und mehr Entscheidungen vor Ort finde ich für gut.

Das Verhältnis von Land und Stadt Linz ist wichtig. Stimmt es, dass Sie sich mit Bürgermeister Klaus Luger leichter tun als Pühringer?

Luger und ich kennen uns schon sehr lange aus der Linzer Kommunalpolitik. Am Ende des Tages wird jede Seite ihre Sicht konsequent vertreten. Aus meiner Sicht gibt es eine funktionierende Gesprächsbasis.

Ist der Zug für den Verkauf des 10,3-Prozent-Anteils der Linz AG an der Energie AG schon abgefahren?

Das ist für mich kein Thema. Es gibt hier einen klaren Vertrag. Dieser Weg ist von Linz nicht beschritten worden. Deshalb gibt es keine Notwendigkeit hier etwas zu tun oder zu äußern.

Linz und die beiden anderen Statutarstädte Wels und Steyr fühlen sich durch das Land finanziell benachteiligt. Luger möchte die Kosten für die Spitalsabgänge gegen die Kindergärten tauschen.

Ich bin für den Weg klarer Zuständigkeiten und damit klarer Zahlungsverpflichtungen zu haben. Aber dann muss man das gesamte Thema beleuchten. Was nützt es zum Beispiel der Stadt, wenn das Land Investitionen tätigt und Arbeitsplätze schafft und damit Abgaben in die Stadt bringt? Wenn man das in der ganzen Breite offen diskutiert, bin ich gerne gesprächsbereit.

Wichtig ist, dass die Leistung für den Bürger stimmt. Der Bürger unterscheidet nicht, wer ihm das organisiert, sondern das ist die Aufgabe der Politik.

Die SPÖ-Landesvorsitzende und Landesrätin Birgit Gerstorfer beklagt, dass Oberösterreichs Gemeinden 300 Millionen Euro mehr zustehen würden, aber das Land dieses Geld kassiert.

Frau Gerstorfer hat soeben mit Landesrat Hiegelsberger ein Modell für die Gemeindefinanzierung neu vorgestellt. Ich will nicht darüber orakeln, wie weit diese Äußerung dem geschuldet ist, was sich derzeit in der SPÖ intern abspielt.

Gemeindebundpräsident Hans Hingsamer verweist hier darauf, dass Linz durch seine 210.000 Arbeitsplätze ein Drittel der gesamten Kommunalsteuer von Oberösterreich lukriert.

Darüber hinaus werden durch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel bei der Steuerverteilung die größeren Städte und Gemeinden bevorzugt. Wenn man das Thema Finanzen angeht, muss man wirklich alles auf den Tisch legen und fair bewerten.

Alle Hoffnungen ruhen nun auf Ihnen. Städte und Gemeinden wollen mehr Geld, gleichzeitig wollen Sie einen ausgeglichenen Landeshaushalt vorlegen. Wie wollen Sie die Quadratur des Kreises schaffen?

Das Wichtigste ist, was sich die BürgerInnen erwarten und was kommt bei ihnen an. Es gibt gewisse Schwerpunkte. Stärkere Investitionen in die Digitalisierung, neue Schwerpunkte in der Bildung. Gleichzeitig sprudeln die öffentlichen Kassen nicht unbegrenzt und wir wollen die Menschen nicht noch stärker belasten. Deshalb müssen wir Dinge ändern bzw. wir können Dinge nicht in der bisherigen Breite weiter machen. Wenn man sich gewisse Dinge leisten will, muss man bei anderen Dingen zurückstecken.

In welchen Bereichen werden Sie zurückstecken?

Ich werde in meiner Regierungserklärung am 6. April sagen, wie ich mir das vorstelle. Wie kann man die Strukturen ändern? Wo gibt es Förderbereiche, die nicht mehr in der Dimension nötig sind? Es gibt verschiedene Punkte, wo man die Dinge drehen kann.

Was wird Ihr Hauptschwerpunkt sein?

Wie kann sich ein Land mit so vielen Arbeitsplätze in der Zukunft weiter entwickeln? Wir wollen ein Industriestandort bleiben, der möglichst viel Beschäftigung bieten kann. Das geht nur mit Innovation, mit Weiterentwicklung, mit einer breiten Bildungslandschaft. Wir wollen im Herzen Europas so viel Beschäftigung wie nur möglich bieten, um jedem gute Einkommensmöglichkeiten zu schaffen.

Ihr Vorgänger Josef Pühringer hat sehr viele Termine wahrgenommen. Werden Sie das fortsetzen?

Ich will ebenso wie Pühringer möglichst viel unter den Leuten sein. Nur dann kann man erfahren, wo die Menschen der Schuh drückt und wo ihre Wünsche und Ziele liegen. Das geht nur im direkten Kontakt. Darum will ich das ebenfalls machen, auf meine Weise.

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