„Die Wiener erhalten um 40 Prozent mehr“

Agrarlandesrat Max Hiegelsberger auf einem seiner Felder in Meggenhofen (Bezirk Grieskirchen).
Agrarlandesrat Max Hiegelsberger (ÖVP) fordert die Abschaffung der Kopfquote im Finanzausgleich, weil der ländliche Raum benachteiligt wird.

Von der nahen Innkreisautobahn hört man den Grundpegel des Verkehrslärms. In Zwisl 3 in der Gemeinde Meggenhofen (Bez. Grieskrichen) bewirtschaftet Max Hiegelsberger (47) mit seiner Frau Elisabeth und den drei Söhnen David (23), Lukas (18) und Simon (14) einen 30 Hektar großen Erbhof. 23 Hektar sind Acker, sechs Hektar Wiesen und Wald. „Wir sind ein reiner Zuchtschweinebetrieb mit 70 Sauen“, erzählt Hiegelsberger, der seit 2010 Agrarlandesrat und Bauernbundobmann ist. Von 2002 bis 2011 war er Bürgermeister, eine Funktion, die sein Vater Georg schon von 1961 bis 1988 ausgeübt hat.

Die Arbeit macht hauptsächlich seine Frau Elisabeth, die Buben helfen mit. „Ab und zu arbeite ich selbst mit. Es sind immer wieder Arbeiten im Stall zu machen, zum Beispiel Fackerln schneiden oder impfen. Hier muss man zu zweit sein. Die Abnahme des Samen beim Eber und die künstliche Befruchtung der Säue mache ich auch selbst.“

Im August ist Hiegelsberger drei Wochen auf Urlaub. Eine Woche geht es nach Italien, zwei Wochen sitzt er auf dem Traktor. „Da mache ich den Großteil der Feldarbeit selbst: die Stoppelbearbeitung, die Gülleausbringung, die Kalkung, die Winterbegrünung. Für mich ist es ein ganz wichtiger Wert, dass man seine Wurzeln nicht verliert. Wenn man selbst mitarbeitet, kann man die Probleme ganz anders zuordnen.“

Wie geht es dem Betrieb wirtschaftlich? „ Der Erlös im ersten Halbjahr war vernünftig, die vergangenen zwei Jahre waren sehr, sehr eng.“ Der Bestand an Zuchtschweinen geht in Europa dramatisch zurück. Aber Hiegelsberger glaubt, dass die Landwirtschaft generell in einem Aufwärtstrend ist.

KURIER: Sie sind auch für den Katastrophenschutz und damit für die Aufarbeitung der Hochwasserkatastrophe zuständig.

Max Hiegelsberger:15 Mitarbeiter bearbeiten die bisher 3771 eingelangten Anträge auf Hilfe, sie arbeiten auch am Samstag, damit es möglichst schnell geht. Die Opfer erhalten eine Akontozahlung von rund einem Drittel des Schadens. Die letzte Rate wird nach Rechnungslegung ausbezahlt. Wir haben in der Abwicklung sehr viel von der Katastrophe 2002 gelernt.

Die Schadensausmaß beträgt rund 230 Millionen Euro. Sind hier die Kosten der Absiedelungen schon enthalten?

Nein, diese sind separat. Auch die zusätzlichen Hochwasserschutzprojekte.

Was ist für Sie die Schlussfolgerung aus dem Hochwasser?

Es wird uns nie gelingen, uns völlig vor der Folgen der Natur zu schützen. Die großen Flüsse brauchen Räume für Überflutungen.

In den Überflutungsräumen wurden Häuser gebaut. War man hier zu nachlässig?

Es ist, wie es immer ist. Die Menschen gehen davon aus, dass Gebiete sicher sind, wenn lange Zeit keine Schäden aufreten. Man muss bei der Raumordnung und den Baubewilligungen Veränderungen vornehmen. Man muss vorsichtiger werden.

Die Behörden sollten restrikti-ver vorgehen.

Ja. Das betrifft aber die gesamte Raumordnung. Wir haben einen enormen Flächenverbrauch und enorme Flächenverbauungen. Wenn wir beispielsweise im Bezirk Linz-Land so weiterbauen, so haben wir in 180 Jahren kein einziges Fleckerl Landwirtschaft mehr.

Es haben sich alle ganz bewusst in diese Retentionsräume hineingebaut. Es gibt seit 1970 die Karten des Verbundes, wo die Retentionsräume im Fall von Hochwasser genau festgelegt sind. Die Wehrbetriebsordnung sagt eindeutig aus, dass das Kraftwerk im Falle eines Hochwassers sich so verhalten darf, als würde es kein Kraftwerk geben. Es muss der natürliche Zustand hergestellt werden. Es darf oberhalb des Kraftwerks keinen höheren Wasserstand geben als unterhalb. Das Wasser muss so strömen können, als wie wenn es kein Kraftwerk gebe. Wenn man sich die Karten des Verbundes ansieht, so reicht das Retentionsgebiet bis fast ins Ortszentrum von Walding.

Das hat man gewusst? Bürgermeister Josef Eidenberger behauptet, es weiß bis heute nicht, was die Wehrbetriebsordnung beinhaltet.

Im damals genehmigten wasserrechtlichen Bescheid sind die Gebiete und die Höhen angeführt. Das Wasser hätte demnach sogar noch höher steigen dürfen. Das wäre alles durch den damals verhandelten und genehmigten Bescheid gedeckt. Man muss gewisse Dinge einfach zur Kenntnis nehmen. Und wer sagt uns, dass wir in fünf Jahren vielleicht nochmals ein schlimmeres Hochwasser haben werden als es jetzt der Fall war? Wir müssen nun schauen, dass wir bereits bei den Zuflüssen zu den großen Flüssen Retentionsgebiete schaffen.

Wie läuft die Ernte an?

Sehr unterschiedlich. Wir haben eine intensive Regenphase hinter uns. Alles ist rund zwei Wochen im Rückstand. Wir werden die Spitzenerträge der vergangenen Jahre nicht erreichen. Die Ernte wird eher durchschnittlich sein. Wenn das Wetter so bleibt, dürfe es beim Qualitätsweizen ein gutes Jahr werden.

Sie sind mit Landeshauptmannstellvertreter Josef Ackerl auch für die Gemeinden zuständig, deren Finanzen angespannt sind. Was muss sich aus Ihrer Sicht ändern, wenn 2015 der Finanzausgleich neu verhandelt wird?

Es gibt sowohl in Österreich als auch in Oberösterreich einen starken Trend zur Urbanisierung. Wenn man in Zukunft Besiedelung in den ländlichen Regionen haben will, darf man nicht von Kopfquoten ausgehen. Der derzeitige Zuteilung der Finanzmittel aus den Steuererlösen nach den Kopfquoten ist eine krasse Diskriminierung der ländlichen Regionen. Durch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel, der ein Relikt aus der Zeit des Wiederaufbaus ist, erhalten die Schenkenfeldner Gemeindebürger um 40 Prozent weniger als die Wiener. Die Kostenstruktur hat sich in der Zwischenzeit deutlich geändert. Es gibt Kommunen, die 160 km Gemeindestraßen haben. Sie können diese aber aufgrund fehlender Betriebe niemals aus dem eigenen Haushalt finanzieren. Wir brauchen aber die Infrastruktur, um die Räume am Leben zu erhalten. Wir haben dort Straßen, Wasser- und Kanalsysteme. Es muss die Landwirtschaft auf hohem Niveau funktionieren. Wir müssen uns viel stärker darauf konzentrieren, dass Arbeitsplätze am Land geschaffen werden. Die Ballungsräume sind gleichzeitig überfordert. Im Waldviertel gibt es Gebiete, wo 40 Prozent mehr Männer als Frauen sind. Die jungen Frauen wandern ab, weil sie sich keine Arbeitsplätze und damit keine Zukunft sehen.

Die Bürgermeister beklagen sich auch darüber, dass die Gemeinden für die Spitalsfinanzierung und der Altenpflege herangezogen werden.

Kritik gibt es an auch der Landesumlage, die aber für die Kleingemeinden wichtig ist. Wir verlangen den Gemeinden viel ab, das ist richtig. Aber es gibt kein Bundesland, wo so viel Geld wieder an die Gemeinden zurückgeht. Es gibt nicht nur die Bedarfszuweisungen, sondern auch Landeszuschüsse zum Schulbau, für die Kultur, zum Straßenbau. Wir investieren für die Gemeinden um rund 50 Prozent mehr als das Land Niederösterreich. Wir müssen in Zukunft die Gemeinden sicher mehr als Wirtschaftsunternehmen sehen. Es muss eine Umkehr geben. Die Gemeinden sollten zuerst ihre Budgetstruktur anschauen und dann entscheiden, was sie sich leisten können und wollen.

Die ÖVP stellt der FPÖ-Forderung nach der Gemeindezusammenlegung das Modell von freiwilligen Verwaltungsgemeinschaften entgegen. Mit schwacher Resonanz. Es gibt nur ein Modell in Verhandlung, nämlich Peuerbach, Bruck-Waasen und Steegen.

Es gibt in vier Mühlviertler Gemeinden Fusionsgespräche. Ich will sie jetzt nicht nennen, um den Erfolg nicht zu gefährden. Ich glaube, dass es zu vielen Modellen freiwilligen Zusammenarbeit kommen wird. Aber das dauert.

Die Arbeit macht hauptsächlich seine Frau Elisabeth, die Buben helfen mit. „Ab und zu arbeite ich selbst mit. Es sind immer wieder Arbeiten im Stall zu machen, zum Beispiel Fackerln schneiden oder impfen. Hier muss man zu zweit sein. Die Abnahme des Samen beim Eber und die künstliche Befruchtung der Säue mache ich auch selbst.“ Im August ist Hiegelsberger drei Wochen auf Urlaub. Eine Woche geht es nach Italien, zwei Wochen sitzt er auf dem Traktor. „Da mache ich den Großteil der Feldarbeit selbst: die Stoppelbearbeitung, die Gülleausbringung, die Kalkung, die Winterbegrünung. Für mich ist es ein ganz wichtiger Wert, dass man seine Wurzeln nicht verliert. Wenn man selbst mitarbeitet, kann man die Probleme ganz anders zuordnen.“ Wie geht es dem Betrieb wirtschaftlich? „ Der Erlös im ersten Halbjahr war vernünftig, die vergangenen zwei Jahre waren sehr, sehr eng.“ Der Bestand an Zuchtschweinen geht in Europa dramatisch zurück. Aber Hiegelsberger glaubt, dass die Landwirtschaft generell in einem Aufwärtstrend ist. KURIER: Sie sind auch für den Katastrophenschutz und damit für die Aufarbeitung der Hochwasserkatastrophe zuständig. Max Hiegelsberger:15 Mitarbeiter bearbeiten die bisher 3771 eingelangten Anträge auf Hilfe, sie arbeiten auch am Samstag, damit es möglichst schnell geht. Die Opfer erhalten eine Akontozahlung von rund einem Drittel des Schadens. Die letzte Rate wird nach Rechnungslegung ausbezahlt. Wir haben in der Abwicklung sehr viel von der Katastrophe 2002 gelernt. Die Schadensausmaß beträgt rund 230 Millionen Euro. Sind hier die Kosten der Absiedelungen schon enthalten? Nein, diese sind separat. Auch die zusätzlichen Hochwasserschutzprojekte. Was ist für Sie die Schlussfolgerung aus dem Hochwasser? Es wird uns nie gelingen, uns völlig vor der Folgen der Natur zu schützen. Die großen Flüsse brauchen Räume für Überflutungen. In den Überflutungsräumen wurden Häuser gebaut. War man hier zu nachlässig? Es ist, wie es immer ist. Die Menschen gehen davon aus, dass Gebiete sicher sind, wenn lange Zeit keine Schäden aufreten. Man muss bei der Raumordnung und den Baubewilligungen Veränderungen vornehmen. Man muss vorsichtiger werden. Die Behörden sollten restrikti-ver vorgehen. Ja. Das betrifft aber die gesamte Raumordnung. Wir haben einen enormen Flächenverbrauch und enorme Flächenverbauungen. Wenn wir beispielsweise im Bezirk Linz-Land so weiterbauen, so haben wir in 180 Jahren kein einziges Fleckerl Landwirtschaft mehr. Es haben sich alle ganz bewusst in diese Retentionsräume hineingebaut. Es gibt seit 1970 die Karten des Verbundes, wo die Retentionsräume im Fall von Hochwasser genau festgelegt sind. Die Wehrbetriebsordnung sagt eindeutig aus, dass das Kraftwerk im Falle eines Hochwassers sich so verhalten darf, als würde es kein Kraftwerk geben. Es muss der natürliche Zustand hergestellt werden. Es darf oberhalb des Kraftwerks keinen höheren Wasserstand geben als unterhalb. Das Wasser muss so strömen können, als wie wenn es kein Kraftwerk gebe. Wenn man sich die Karten des Verbundes ansieht, so reicht das Retentionsgebiet bis fast ins Ortszentrum von Walding. Das hat man gewusst? Bürgermeister Josef Eidenberger behauptet, es weiß bis heute nicht, was die Wehrbetriebsordnung beinhaltet. Im damals genehmigten wasserrechtlichen Bescheid sind die Gebiete und die Höhen angeführt. Das Wasser hätte demnach sogar noch höher steigen dürfen. Das wäre alles durch den damals verhandelten und genehmigten Bescheid gedeckt. Man muss gewisse Dinge einfach zur Kenntnis nehmen. Und wer sagt uns, dass wir in fünf Jahren vielleicht nochmals ein schlimmeres Hochwasser haben werden als es jetzt der Fall war? Wir müssen nun schauen, dass wir bereits bei den Zuflüssen zu den großen Flüssen Retentionsgebiete schaffen. Wie läuft die Ernte an? Sehr unterschiedlich. Wir haben eine intensive Regenphase hinter uns. Alles ist rund zwei Wochen im Rückstand. Wir werden die Spitzenerträge der vergangenen Jahre nicht erreichen. Die Ernte wird eher durchschnittlich sein. Wenn das Wetter so bleibt, dürfe es beim Qualitätsweizen ein gutes Jahr werden. Sie sind mit Landeshauptmannstellvertreter Josef Ackerl auch für die Gemeinden zuständig, deren Finanzen angespannt sind. Was muss sich aus Ihrer Sicht ändern, wenn 2015 der Finanzausgleich neu verhandelt wird? Es gibt sowohl in Österreich als auch in Oberösterreich einen starken Trend zur Urbanisierung. Wenn man in Zukunft Besiedelung in den ländlichen Regionen haben will, darf man nicht von Kopfquoten ausgehen. Der derzeitige Zuteilung der Finanzmittel aus den Steuererlösen nach den Kopfquoten ist eine krasse Diskriminierung der ländlichen Regionen. Durch den abgestuften Bevölkerungsschlüssel, der ein Relikt aus der Zeit des Wiederaufbaus ist, erhalten die Schenkenfeldner Gemeindebürger um 40 Prozent weniger als die Wiener. Die Kostenstruktur hat sich in der Zwischenzeit deutlich geändert. Es gibt Kommunen, die 160 km Gemeindestraßen haben. Sie können diese aber aufgrund fehlender Betriebe niemals aus dem eigenen Haushalt finanzieren. Wir brauchen aber die Infrastruktur, um die Räume am Leben zu erhalten. Wir haben dort Straßen, Wasser- und Kanalsysteme. Es muss die Landwirtschaft auf hohem Niveau funktionieren. Wir müssen uns viel stärker darauf konzentrieren, dass Arbeitsplätze am Land geschaffen werden. Die Ballungsräume sind gleichzeitig überfordert. Im Waldviertel gibt es Gebiete, wo 40 Prozent mehr Männer als Frauen sind. Die jungen Frauen wandern ab, weil sie sich keine Arbeitsplätze und damit keine Zukunft sehen. Die Bürgermeister beklagen sich auch darüber, dass die Gemeinden für die Spitalsfinanzierung und der Altenpflege herangezogen werden. Kritik gibt es an auch der Landesumlage, die aber für die Kleingemeinden wichtig ist. Wir verlangen den Gemeinden viel ab, das ist richtig. Aber es gibt kein Bundesland, wo so viel Geld wieder an die Gemeinden zurückgeht. Es gibt nicht nur die Bedarfszuweisungen, sondern auch Landeszuschüsse zum Schulbau, für die Kultur, zum Straßenbau. Wir investieren für die Gemeinden um rund 50 Prozent mehr als das Land Niederösterreich. Wir müssen in Zukunft die Gemeinden sicher mehr als Wirtschaftsunternehmen sehen. Es muss eine Umkehr geben. Die Gemeinden sollten zuerst ihre Budgetstruktur anschauen und dann entscheiden, was sie sich leisten können und wollen. Die ÖVP stellt der FPÖ-Forderung nach der Gemeindezusammenlegung das Modell von freiwilligen Verwaltungsgemeinschaften entgegen. Mit schwacher Resonanz. Es gibt nur ein Modell in Verhandlung, nämlich Peuerbach, Bruck-Waasen und Steegen. Es gibt in vier Mühlviertler Gemeinden Fusionsgespräche. Ich will sie jetzt nicht nennen, um den Erfolg nicht zu gefährden. Ich glaube, dass es zu vielen Modellen freiwilligen Zusammenarbeit kommen wird. Aber das dauert.

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