Heimkind klagt Land Oberösterreich

Heimkind klagt Land Oberösterreich
Ein Ex-Zögling, der fälschlicherweise als Waise in mehreren Erziehungsanstalten untergebracht wurde, will 1,65 Millionen.

Was mir passiert ist, kommt einem Mord sehr nahe – auch eine Seele kann ermordet werden. Meine ist systematisch zertrümmert worden.“
Der ehemalige Kinderheimbewohner Jenö Molnar verklagt das Land Oberösterreich auf Zahlung von 1,6 Millionen Euro. Wegen „institutionalisierten Unrechts“ fordert der in Trier (Deutschland) lebende 65-Jährige Schadenersatz und Schmerzengeld für alles Leid und all die Traumata, die ihm seitens der Erzieher sowie durch Mitzöglinge zugefügt worden sein sollen.


„Ich hatte in den Heimen mit lauter ehemaligen Nazis zu tun. Das war eine Verrohung zur Potenz und ein in sich geschlossenes System“, betont der 1947 in Lambach als Sohn eines US-Soldaten und einer Volksdeutschen zur Welt gekommene Molnar. „Man hat mich mit zehn Monaten  geheim meinen Eltern entzogen und dann bis zur Volljährigkeit in verschiedenen Heimen eingesperrt.“ Er sei  in dem Glauben aufgewachsen, keine Eltern mehr zu haben – auch sie hätten keine Ahnung gehabt, wo sich der Sohn befindet.

 

Zwischen 1947 und 1965 soll Molnar in Erziehungsanstalten des Landes fälschlicherweise als Waise geführt worden sein. „Ich bin halb tot geprügelt und missbraucht worden“, behauptet der 65-Jährige.  Seine Mutter konnte er erst kurz vor ihrem Tod ausforschen, den Vater nie.

Mittellos

Bis 1962 haben weder die Heime noch eine Behörde für den „Waisen“ einen Vormund beantragt, der seine Interessen durchsetzen hätte können. Mit 19 sei er schließlich ohne Papiere und völlig mittellos auf die Straße gesetzt worden, wo er sich jahrzehntelang als Staatenloser illegal ohne Arbeitserlaubnis durchschlagen musste. Die Folge war, dass er durch alle soziale Netzwerke fiel und keine Pensionszeiten anhäufen konnte. Molnars Fazit: „Meine individuellen Menschenrechte sind auf das Gröbste verletzt worden.“
Im Landesgericht Linz begann am Dienstag der Zivilprozess gegen das Land OÖ. Für  Richter Peter Pellegrini stand dabei zunächst die Frage im Vordergrund, ob die Vorwürfe nicht schon verjährt sind.


Voraussetzung für die Fortsetzung des Prozesses sei, dass Molnar nach Erreichen der Volljährigkeit psychisch nicht in der Lage war, selbst für seine Rechte zu kämpfen. „Er leidet an posttraumatischen Störungen, die  ihm in der Kindheit zugefügt wurden“, begründete seine Anwältin Julia Andras. Molnar habe die Ereignisse lange verdrängt. Erst im Jahr 2009, im Zuge einer lebensbedrohlichen Tumor-OP, sei alles wieder an die Oberfläche gekommen. Richter Pellegrini beantragte ein psychiatrisches Gutachten.
Wann der Prozess fortgesetzt wird, ist offen.

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