"Frauen brauchen flexible Arbeitszeiten"

Margit Angerlehner schneidert in ihrem Atelier Mode nach Maß
Die Vorsitzende der Frau in der Wirtschaft, Margit Angerlehner, fordert längere Öffnungszeiten der Kindergärten.

Margit Angerlehner ist Vorsitzende der Frau in der Wirtschaft. Die 43-Jährige ist selbstständige Maßschneiderin in Oftering (Bez. Linz-Land). Sie ist verheiratet und Mutter zweier Söhne (21 und 19 Jahre jung). Wenn Josef Pühringer in absehbarer Zeit als Landeshauptmann abtritt, gilt sie als mögliche Kandidatin für den freiwerdenden Landesratssitz.

KURIER: Warum braucht es eigene Frauenorganisationen, wie zum Beispiel Frau in der Wirtschaft?

Margit Angerlehner: Frauen sind noch immer nicht auf einer gleichwertigen Basis. Je höher die Positionen, umso geringer ist die Dichte der Frauen.

Wenn Frauen Kinder bekommen, führt das zu einem Knick in der beruflichen Laufbahn. Es braucht Änderungen in den Rahmenbedingungen, ansonsten funktioniert die Gleichwertigkeit nicht. Wir brauchen zum Beispiel flexiblere Arbeitszeiten. Frauen würden an bestimmten Tagen gern mehr arbeiten, wenn sie eine Kinderbetreuung haben, dafür aber an anderen Tagen wieder frei haben.

Es braucht weiters flexiblere Öffnungszeiten in den Kinderbetreuungseinrichtungen. Diese helfen den Frauen nicht, wenn sie um 15.30 Uhr zusperren. Wenn eine Frau bis um 17 Uhr arbeiten müsste, kann sie das nicht machen, weil sie niemanden hat, der ihr Kind um 15.30 Uhr abholt.

Familienministerin Sophie Karmasin hat die zu kurzen Öffnungszeiten kritisiert. Die Antwort von Landeshauptmann Josef Pühringer und seinem Stellvertreter Thomas Stelzer war, die Elternwünsche würden regelmäßig erhoben und die Öffnungszeiten würden sich nach deren Wünschen orientieren.

Sie meinten, der Bedarf nach längeren Öffnungszeiten sei nicht gegeben. Die Situation ist aber unbefriedigend. Ich rede mit vielen Frauen, die sagen, dass sie sich nach den Öffnungszeiten der Kindergärten richten. Sie wissen, dass der Kindergarten im Ort um 15.30 Uhr zusperrt und dass sie deshalb nur Teilzeit arbeiten gehen können. Würde der Kindergarten länger offen haben und würde es genügend Plätze für unter Dreijährige geben, die wir leider nicht haben, schon gar nicht am Land, dann würde die Laufbahn der Frauen anders aussehen.

Wie lange sollten die Kindergärten offen haben?

Sie sollten schon bis 18 Uhr geöffnet sein.

Ein weiterer Kritikpunkt vieler Eltern ist, dass die Kindergärten in den Sommerferien zusperren.

Das ist nicht nur für die Berufstätigen unbefriedigend, sondern auch für die Unternehmerinnen. Wir brauchen auch im Sommer Betreuungsmöglichkeiten. Wichtig ist auch, dass eine Familie gemeinsam Urlaub machen kann, denn es kann ja nicht sein, dass sich zuerst der Papa drei Wochen Urlaub nehmen muss und dann die Mama drei Wochen, damit die Kinder betreut werden können.

Wie kann man den Frauenanteil in den Führungsebenen erhöhen?

Der Knick erfolgt dann, wenn die Frauen Kinder bekommen. Weiters gibt es viel zu wenig Frauen in den technischen Berufen.

Diese werden doch bereits seit Jahren beworben.Trotzdem ergreifen die Mädchen bevorzugt Berufe im Handel, im Büro oder werden Friseurinnen. Das liegt doch an den Frauen selbst.

Und an der Erziehung. Kinder kommen mit den gleichen Interessen auf die Welt. Das beginnt im Elternhaus mit der Auswahl der Spielsachen. Hier ist ein Rollendenken da. Den Mädchen wird das Interesse an der Technik aberzogen. Es ist zu spät, das Interesse erst in der Hauptschule oder im Gymnasium zu wecken. Es dauert noch eine Generation, bis das Umdenken wirklich da ist. Es braucht in der Bevölkerung ein anderes Bewusstsein.

In den technischen Berufen wird auch deutlich besser bezahlt.

Es weiterer Faktor für zu wenig Frauen in Führungspositionen ist, dass sich Frauen selbst zu wenig zutrauen. Und sie fragen sich auch, ob sie sich das antun sollen, denn sie müssen die Familie, die Kinder und den Beruf unter einen Hut bringen. Eine Führungsposition bedeutet nochmals einen größeren Einsatz.

Bettina Stadlbauer, die neue Landesgeschäftsführerin der SPÖ, schlägt vor, dass sowohl Männer als auch Frauen maximal 30 Stunden Vollzeit arbeiten sollten, um unter anderem mehr Zeit für die Familie zu haben.

Für mich als Unternehmerin ist das undenkbar. Wie sollen wir unsere Wirtschaft ankurbeln, wenn wir weniger arbeiten? Ich weigere mich, Aussagen zu akzeptieren, dass die berufstätigen Mütter die schlechten Mütter sind und deshalb nur 30 Stunden arbeiten sollen. Die Zeit, die man zur Verfügung hat, soll man mit den Kindern wertvoll nutzen. Das geht sich aus.

Wenn Josef Pühringer in absehbarer Zeit als Landeshauptmann abtritt, wird eine Position in der Landesregierung frei. Er soll mit einer Frau besetzt werden. Sie sind dafür im Gespräch. Werden Sie das machen?

Mir ist das komplett neu. Ich habe noch nie darüber nachgedacht. Dazu kann ich überhaupt nichts sagen. Ich muss jetzt schmunzeln.

Mit der neuen SPÖ-Vorsitzenden Birgit Gerstorfer gibt es nun wieder eine Frau in der neunköpfigen Regierung.

Ich bin sehr froh darüber. Sie ist auch für die Frauen zuständig, ich war schon bei ihr. Wir haben sehr viele gleiche Anliegen und Kooperationen.

In der ÖVP ist die nächste, die nachrückt, eine Frau.

In der vierköpfigen ÖVP-Regierungsriege gibt es derzeit keine Frau. Als Frauenförderer haben sich die Schwarzen nicht hervorgetan.

Es braucht eine Landesrätin, das ist völlig klar.

Werden Frauen generell noch diskriminiert?

Generell glaube ich nicht. Sie müssen sich manchmal mehr beweisen als Männer. Das ist auch oft bei den Unternehmerinnen so. Wir sind aber auf dem Weg, dass wir zu einer gleichwertigen Basis kommen. Das ist auch eine Generationenfrage. Mein Vater hat ganz andere Ansichten als meine Söhne.

Wenn Frauen und Männer an einem Arbeitsplatz sind, spielt oft auch Sex eine Rolle. Es gibt gar nicht so selten Übergriffe von Männern gegenüber Frauen.

Uns Frauen gebührt der nötige Respekt. Wir sind kein Freiwild. Frauen müssen nicht unbedingt geschützt werden, es reicht, wenn sie respektiert werden. Die Männer dürfen nicht glauben, dass sie sich einfach bedienen können.

Worin wurzeln die Übergriffe?

Am nicht Gleichwertigen. Früher mussten die Frauen das tun, was die Männer gesagt haben. Und sie haben für solche Situationen parat stehen müssen. Aber die Zeiten haben sich geändert.

Reichen die gesetzlichen Vorschriften?

Ich glaube, sie reichen. Vielleicht sollte noch stärker bestraft werden, damit niemand auf die Idee von Übergriffen kommt.

In anderen Ländern herrschen oft andere Sitten. Jenen, die zu uns kommen, muss man beibringen, dass das hier anders ist.

Asylwerber, die sexuelle Übergriffe begehen, werden meist auf freiem Fuß angezeigt. Reicht das?

Das reicht bestimmt nicht aus, das ist ja geradezu eine Einladung. Solche Männer müssen grundsätzlich streng bestraft werden. Zum Beispiel mit Gefängnis. Es muss abschreckend wirken.

Frauen sind manchmal mit dem Vorwurf konfrontiert, dass sie sich in ihre Position "hochgeschlafen" haben.

Ich kann die Einzelfälle nicht beurteilen. Grundsätzlich sind solche Sager Ausdruck von Neid. Man weiß gar nicht, was die Frauen dafür gearbeitet haben.

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