"Ohne höhere Preise keine Qualität"

Franz Reisecker:„Unsere Produkte sind viel besser als die importierten. Sie kosten um bis zu zehn Prozent mehr.“
Strengerer Tierschutz und mehr Umweltschutz haben höhere Kosten zur Folge, sagt Oberösterreichs Landwirtschaftskammer-Präsident Franz Reisecker.

Franz Reisecker ist Präsident der Landwirtschaftskammer Oberösterreich. Der 56-jährige Bauer aus Obernberg am Inn, der zu Hause einen Mastbetrieb mit rund 1000 Schweinen führt, stellt sich heute, Sonntag, der Wiederwahl. Er hat rund 50 Hektar Eigen- und 15 Hektar Pachtgrund. Er brennt auch Schnaps, denn auf seinem Hof ist ein altes theresianisches Brennrecht.

KURIER: Fährt man durch die Ortschaften Oberösterreichs, stehen die Bauernhäuser wunderbar dar. Sie sind renoviert und man den Eindruck, dass es den Bauern wirklich gut geht. Auf der anderen Seite befürchtet Landesrat Max Hiegelsberger, dass es in zehn Jahren nur mehr die Hälfte der Bauern geben wird.Franz Reisecker: Das Weiterführen der Betriebe hängt stark vom familiären Umfeld ab. Es gibt sehr viele Nebenerwerbsbetriebe. Er und/oder sie haben ein außerlandwirtschaftliches Einkommen, sie gehen arbeiten und bewirtschaften zusätzlich den Bauernhof. Hier kommt viel Einkommen aus nichtlandwirtschaftlichen Bereichen, das zum Beispiel in das Wohnhaus investiert wird. Die nächste Generation sagt dann oft, diese Doppelbelastung tun wir uns nicht mehr an, die Nachfrage nach Grund und Boden ist hoch, er wird verpachtet. Diese Betriebe hören zum Zeitpunkt der Übergabe mit der Bewirtschaftung auf, die Leute gehen einem anderen Beruf nach.

Die Zahl der Haupterwerbsbetriebe hat sich nicht verringert. Sie haben in den vergangenen fünf Jahren sogar ganz leicht zugenommen. Aber die Zahl der Nebenwerbsbetriebe geht stark zurück. Denn die Beschäftigten verspüren in ihrem Hauptberuf auch einen starken Druck und sie sind zeitlich stark gefordert. Da ist der landwirtschaftliche Nebenerwerb schwierig, vor allem wenn die Eltern nicht mehr so fit sind.

Dazu kommt dass die Situation in der Landwirtschaft schwieriger geworden, die preislichen Schwankungen haben zugenommen. Zuletzt beim Schweinefleisch, nun bei der Milch. Die Politik zieht sich aus den Mengensteuerungen komplett zurück. Der Markt greift nun eins zu eins.

Welche Form von Landwirtschaft hat eine Perspektive?

Es gibt hier sehr viele verschiedene Sparten. Ich will das nicht auf eine oder zwei Perspektiven fokussieren. Wir haben verschiedene Regionen, von den Bergen bis zum Mühlviertel und zum Zentralraum. Die Voraussetzungen sind jeweils ganz verschiedene. Wir in Oberösterreich haben sehr gute Chancen für die Zukunft, weil die klimatischen Voraussetzungen günstig sind. Wir müssen nicht bewässern, wir haben auch nicht zu viel Niederschlag. Die Milchproduktion ist mit dem Grünland wirklich zukunftsfähig, denn es wächst gut und ist damit kostengünstig. Deshalb ist die Entwicklung richtig, dass in Oberösterreich im Milchviehbereich am meisten investiert wird. Wir sind sark bei der Qualitätsmilch und da erzielen wir auch gute Preise.

Sie sind durchaus optimistisch?

Ich bin mittelfristig optimistisch. Als bäuerlicher Mittelbetrieb muss man schauen, dass man schlechte Marktsituationen durchtauchen kann. Wir haben jetzt sicher kein einfaches Jahr vor uns. Das vergangene Jahr war nicht so schlecht. Wir hatten seit dem EU-Betritt 1995 den höchsten Milchpreis. Probleme gab es wegen der Russland-Ukraine-Krise bei den Schweinen.

Die Anzahl der Haupterwerbsbetriebe wird gleich bleiben?

Es sind rund 15.000. Die Nebenerwerbler sind ähnlich viele. Wir tun alles, dass auch die Nebenerwerbler weitermachen.

Ein Problem ist die kleinteilige Struktur unserer Betriebe.

Sie ist nicht nicht als Problem zu sehen, denn für mich ist ein bäuerlicher Familienbetrieb, der ohne Fremdkapital und ohne Fremdarbeitskräfte auskommt, krisensicherer. Ein kleinerer Betrieb kann eine schwierige Situation viel leichter durchstehen. Die großen Betriebe in Norddeutschland und Ungarn haben viel größerer Probleme. Sie haben in der Produktion gewaltig verloren. Die Befürchtungen sind alle nicht eingetreten. Unsere mittleren bäuerlichen Familienbetriebe können viel leichter überleben als die großen.

Österreichs Betriebe produzieren Qualität. Doch beim Einkauf greifen viele Konsumenten zu den billigsten Produkten.

Das ist eine unserer großen Herausforderungen. Wir müssen dem Konsumenten bewusst machen, dass unsere österreichische Qualität viel besser ist als die der importierten Produkte. Dafür müssen sie etwas tiefer ins Brieftascherl greifen.

Um wie viel sind die österreichischen Produkte teurer? 10 bis 15 Prozent?

Bei konventionellen Lebensmitteln sind das fünf bis zehn Prozent. Wenn uns das nicht gelingt, werden wir die Qualitätsprogramme nicht aufrechterhalten können. Das biologische Segment wird einen bestimmten Bereich abdecken. Wer aber nicht bereit ist, im konventionellen Bereich mit höchsten Umweltstandards und mit höchsten Tierschutzstandards fünf bis zehn Prozent mehr auszugeben, trägt dazu bei, dass diese Standards auslaufen werden.

Ein aktuelles Beispiel sind die Puten. In Österreich dürfen wegen des Tierschutzes pro Quadratmeter um ein Drittel weniger Puten gezüchtet werden als im europäischen Ausland.

Österreich deckt beim Putenfleisch nur mehr 40 Prozent des Marktes ab. Es gab intensive Gespräche, höhere Besatzdichten zu erlauben. Sie sind an der Gesundheitsministerin und am Lebensmittelhandel gescheitert. Der Handel hat aber zugesagt, dass für österreichisches Fleisch ein höherer Aufkaufspreis bezahlt wird, um den Bauern die höheren Kosten abzugelten. Wir werden sehen, ob das eingehalten wird. Das wird jetzt die Nagelprobe. Wenn es der Handel nicht einhält, wird der Anteil an österreichischem Putenfleisch auf 20 bis 25 Prozent sinken.

Die Freiheitlichen Bauern werfen dem Bauernbund die Erhöhung des Einheitswertes vor.

Es geht nicht um eine Erhöhung, sondern um eine Neufeststellung. Sie ist notwendig, weil der Verfassungsgerichtshof sie aufgehoben hat. Wenn wir nicht auf ein neues Modell gedrängt hätten, wäre es zum wesentlich höheren Verkehrswert gekommen. Wir haben gemeinsam mit dem Finanzministerium ein neues Modell gefunden, das hält. Mit der Neufeststellung wird es Betriebe mit einem höheren Einheitswert geben, aber auch welche mit einem niedrigeren. Wir müssen jetzt die Ausgleichszhlungen mit einberechnen, weil sie ein Einkommensbestandteil sind.

Was sind Ihre Ziele, die Sie in den nächsten sechs Jahren realisieren wollen?

Ich will die Rahmenbedingungen für die Bauern verbessern. Ich sitze auch als Vertreter Österreichs in der europäischen Interessensvertretung COPA. Es muss uns gelingen, die Bürokratie bei der Abrechnung der Förderungen zu reduzieren. Kontrollen sind notwendig, Schikanen nicht.

Der Verbrauch und die Verfügbarkeit von Grund und Boden ist zu hoch. Das ist eine Frage der Raumordnung. Wir müssen die Bauern unterstützen, damit sie auch in Zukunft Stallungen bauen dürfen. Hier gibt es oft Widerstände von Bürgerinitiativen.

Brüssel muss bei Krisen, die weder vom Markt noch von den Bauern verursacht werden, ein Sicherheitsnetz aufbauen. Wir sollten beispielsweise die zwei bis drei Prozent, die wir zu viel Schweinefleisch produzieren, mit finanzieller EU-Unterstützung auf dem Weltmarkt unterbringen. Es ist der verkehrte Weg, hier eine Marktbereinigung auf Kosten der Betriebe durchzuführen.

Der vierte Punkt ist, dass zusätzliche Belastungen und Steuern nicht verkraftbar sind. Die Bauern hatten in den vergangenen Jahren Rückgänge beim Einkommen. Wir müssen schauen, dass wir ins Einkommensplus gehen. Wir vertragen keine Belastungen und brauchen die Ausgleichszahlungen. Wir haben auf einige Dinge wie den Agrardiesel verzichtet. Inzwischen gibt es in fast allen Ländern eine Begünstigung für diesen Diesel. Wir fahren mit unseren Traktoren zu 90 Prozent auf den Wiesen und Feldern und zahlen wie ein Auto oder ein Lkw die volle Straßensteuer.

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