„FPÖ im Kern rechtsextreme Partei“

„Uns geht es darum, Rechtsextremismus und Rassismus wirksam zu bekämpfen“: Robert Eiter.
Robert Eiter, Sprecher des antifaschistischen Netzwerks, über ein Grundproblem der Freiheitlichen

Robert Eiter ist Sprecher des antifaschistischen Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Es wurde im September 2001 als Zusammenschluss von mittlerweile 68 Organisationen gegründet. Der 53-jährige gebürtige Welser ist Jurist und Redakteur in der Kommunikationsabteilung der Arbeiterkammer.

KURIER: Wie kommen Sie mit Ihrer Rolle als Gottseibeiuns für die Freiheitlichen zurecht?

Robert Eiter: Gut. Die Kritik an der FPÖ beruht auf Fakten. Ich habe hier das Buch Strache im braunen Sumpf von Hans Henning Scharsach, der viele Jahre Außenpolitik-Chef von News war. Es zeigt mit Hunderten Belegen, dass die FPÖ eng mit der rechtsextremistischen und neonazistischen Szene verbunden ist. Ein Kapitel ist Oberösterreich gewidmet. Jetzt könnte man natürlich sagen, das ist alles nicht wahr. Warum gibt es dann keine einzige FPÖ-Klage gegen Scharsach?

Also sind die Freiheitlichen für Sie lauter Nazis?

Nein. Das wäre zu undifferenziert.

Was ist dann der Kritikpunkt?

Es gibt enge Verbindungen mit der offen rechtsextremen Szene. Das belegen der Rücktritt des Linzer FPÖ-Klubobmanns Sebastian Ortner und andere Rück- und Austritte im ersten Halbjahr 2013. Es gibt keine glaubwürdige Abgrenzung der FPÖ nach rechts. Die FPÖ ist eine rechtsextreme Partei. Das gilt nicht für die Mehrheit ihrer Wähler und auch nicht für alle Mitglieder und Funktionäre. Vom Gesamtbild her muss man aber leider zu diesem Befund kommen. Das bestätigt auch das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes.

Warum hat die FPÖ diese Abgrenzungsprobleme nach rechts?

Das ist eine Kontinuität, die zurückreicht bis 1949. Da wurde der VdU als Vorläufer der FPÖ gegründet.

Der VdU galt als Sammelbecken ehemaliger Nazis.

Die beiden Spitzenfunktionäre Herbert Kraus und Viktor Reimann waren keine Nazis, aber die große Masse der Mitglieder und Funktionäre waren Ehemalige, von denen sich viele keineswegs der Demokratie zugewandt haben. 1956 hat Kraus nach internen Konflikten von einem Putsch der Rechtsextremisten gesprochen. Obmann war damals Anton Reinthaller, der in der NS-Anschluss-Regierung von Arthur Seyß-Inquart 1938 Landwirtschaftsminister war. Diese Kontinuität, die in viele Milieus der FPÖ weitergegeben wird, führt dazu, dass sich die Freiheitlichen nie wirklich vom demokratie- und österreichfeindlichen Gedankengut des großdeutschen, antisemitischen und extrem nationalistischen Dritten Lagers lösen konnten.

Was treibt Sie an, sich mit diesen Fragen so intensiv zu beschäftigen?

Begonnen hat es mit einer kurzen rechten Phase mit 15, in der ich allerdings nicht organisiert war. Ich bin dann kurz darauf zur Sozialistischen Jugend gekommen, wo es Programmpunkt war, sich mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Ich bin dann draufgekommen, dass es in meiner Heimatstadt Wels eine kleine jüdische Minderheit gegeben hat. Von den 32 „Volljuden“ im Sinne der NS-Rassengesetze sind 15 ums Leben gekommen. 1984 haben wir einen Gasthaussaal besetzt, wo eine NDP-Landeskonferenz hätte stattfinden sollen. Das war der Startschuss für die Gründung der Initiative Welser gegen Faschismus.Es gab dann den berühmten Konflikt mit dem Welser SPÖ-Bürgermeister Karl Bregartner um rechtsextreme Symbole.

Die Freiheitlichen haben Sebastian Ortner mit dem Argument verteidigt, dass es sich bei ihm um eine Jugendsünde gehandelt habe und es erlaubt sein müsse, im Leben gescheiter zu werden.

Vollkommen zu Recht. So grauslich dieses 25 Jahre alte Video über das Üben der Tötung politischer Gegner war, wäre danach nichts gekommen, hätte man sagen müssen, man darf sich ändern. Aber bei Ortner hat das in Wahrheit bis in die Gegenwart gereicht. Dann hat Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner, der selbst Obmannstellvertreter des rechtsextremen Witiko-Bundes ist, gesagt, das ist zu viel. Denn es ist offenkundig geworden, dass Ortner beim NDP-Fest in Dresden war. Manche Leute haben gesagt, dass Haimbuchner gar nicht so traurig darüber gewesen sein soll, da es Spannungen zwischen der Landes-FPÖ und der Linzer FPÖ gibt.

FPÖ-Klubobmann Günther Steinkellner hat Ihnen vorgeworfen, eine Vorfeldorganisation der SPÖ zu sein mit dem Ziel, die Wahlchancen der FPÖ zu beschädigen.

Das Mauthausen-Komitee, in dem ich Vorstandsmitglied bin, wird getragen vom ÖGB, von der katholischen Kirche und von den jüdischen Gemeinden. Unser Netzwerk besteht aus 68 Organisationen. Die SPÖ ist da nicht dabei, wohl aber einzelne Organisationen. Es handelt sich insgesamt um ein sehr breites Spektrum. Eine parteipolitische Instrumentalisierung würde nicht geduldet werden. Uns geht es darum, Rechtsextremismus und Rassismus wirksam zu bekämpfen und uns für Demokratie und Menschenrechte zu engagieren.

Ihr Netzwerk ist sehr gut über die rechtsextreme Szene informiert.

Es soll jetzt eine Weisung der FPÖ-Landesspitze an ihre Funktionäre geben, vorsichtiger zu sein.Wir kriegen von den Leuten, die in dieser Szene sind, schon ab und zu Hinweise und Unterlagen. Wir entnehmen viele Dinge den Medien und dem Internet. Da melden sich Leute bei gewissen Foren an und andere stellen wiederum Dinge ganz öffentlich ins Netz. Man muss nur aufmerksam hinschauen.

Landeshauptmannstellvertreter Josef Ackerl (SPÖ) hat den Landessicherheitsrat aus Protest verlassen. Spielt das nicht der FPÖ in die Hände?

Überhaupt nicht. Er war ein reines Verharmlosungs-und Beschwichtigungsgremium, eine Farce. Es wurde der Öffentlichkeit vorgegaukelt, die Braune Szene sei in Oberösterreich vernachlässigbar. Das stimmt nicht. Oberösterreich hat leider eine sehr aktive rechtsextreme Szene. Sie ist nicht insgesamt so gewalttätig und brutal wie das Objekt 21 (rechtsextreme kriminelle Organisation, 80 Einvernahmen, bis zu 200 Beteiligte, Anm.). Aber sie ist vielgestaltig und aktiv. Das hat nichts damit zu tun, Oberösterreich als Nazi-Land zu vernadern. Das ist vollkommener Unsinn, aber die Szene gibt es halt. Es ist ein Faktum, dass hier zu wenig passiert ist. Zuerst einmal von der Politik her. Es haben aber auch Verfassungsschutz, Justiz und Polizei nicht so agiert, wie es notwendig gewesen wäre. Es gibt aber durch die Debatten positive Entwicklungen. Es gab konstruktive Gespräche mit dem Landespolizeidirektor und seinem Stellvertreter.

Warum gibt es in Oberösterreich doch verhältnismäßig mehr Neonazi-Aktivitäten als in anderen Bundesländern?

Es gibt hier Langzeit-Faktoren. Oberösterreich gehört wie Kärnten zu den Gegenden, wo es eine sehr brutale Gegenreformation gegeben hat. Der Publizist Friedrich Heer hat klar herausgearbeitet, dass in diesen Gegenden der Widerstand im verbliebenen evangelischen Bürgertum und darüber hinaus groß war. Und dass gerade im 19. Jahrhundert eine Haltung gegen die römisch-katholische Kirche und gegen das habsburgische Herrscherhaus da war. Der aus Deutschland kommende Nationalismus hat in diesen Gegenden einen fruchtbaren Boden gefunden. Dieser war anfangs eher noch liberal. Nach der gescheiterten Revolution von 1848 ist er immer antisemitischer, rassistischer und chauvinistischer geworden. Dieser Deutschnationalismus führte dann relativ rasch in den Nationalsozialismus.

von josef ertlRobert Eiter ist Sprecher des antifaschistischen Netzwerk gegen Rassismus und Rechtsextremismus. Es wurde im September 2001 als Zusammenschluss von mittlerweile 68 Organisationen gegründet. Der 53-jährige gebürtige Welser ist Jurist und Redakteur in der Kommunikationsabteilung der Arbeiterkammer. KURIER: Wie kommen Sie mit Ihrer Rolle als Gottseibeiuns für die Freiheitlichen zurecht? Robert Eiter:Gut. Die Kritik an der FPÖ beruht auf Fakten. Ich habe hier das Buch Strache im braunen Sumpf von Hans Henning Scharsach, der viele Jahre Außenpolitik-Chef von News war. Es zeigt mit Hunderten Belegen, dass die FPÖ eng mit der rechtsextremistischen und neonazistischen Szene verbunden ist. Ein Kapitel ist Oberösterreich gewidmet. Jetzt könnte man natürlich sagen, das ist alles nicht wahr. Warum gibt es dann keine einzige FPÖ-Klage gegen Scharsach? Also sind die Freiheitlichen für Sie lauter Nazis? Nein. Das wäre zu undifferenziert. Was ist dann der Kritikpunkt? Es gibt enge Verbindungen mit der offen rechtsextremen Szene. Das belegen der Rücktritt des Linzer FPÖ-Klubobmanns Sebastian Ortner und andere Rück- und Austritte im ersten Halbjahr 2013. Es gibt keine glaubwürdige Abgrenzung der FPÖ nach rechts. Die FPÖ ist eine rechtsextreme Partei. Das gilt nicht für die Mehrheit ihrer Wähler und auch nicht für alle Mitglieder und Funktionäre. Vom Gesamtbild her muss man aber leider zu diesem Befund kommen. Das bestätigt auch das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes. Warum hat die FPÖ diese Abgrenzungsprobleme nach rechts? Das ist eine Kontinuität, die zurückreicht bis 1949. Da wurde der VdU als Vorläufer der FPÖ gegründet. Der VdU galt als Sammelbecken ehemaliger Nazis. Die beiden Spitzenfunktionäre Herbert Kraus und Viktor Reimann waren keine Nazis, aber die große Masse der Mitglieder und Funktionäre waren Ehemalige, von denen sich viele keineswegs der Demokratie zugewandt haben. 1956 hat Kraus nach internen Konflikten von einem Putsch der Rechtsextremisten gesprochen. Obmann war damals Anton Reinthaller, der in der NS-Anschluss-Regierung von Arthur Seyß-Inquart 1938 Landwirtschaftsminister war. Diese Kontinuität, die in viele Milieus der FPÖ weitergegeben wird, führt dazu, dass sich die Freiheitlichen nie wirklich vom demokratie- und österreichfeindlichen Gedankengut des großdeutschen, antisemitischen und extrem nationalistischen Dritten Lagers lösen konnten. Was treibt Sie an, sich mit diesen Fragen so intensiv zu beschäftigen? Begonnen hat es mit einer kurzen rechten Phase mit 15, in der ich allerdings nicht organisiert war. Ich bin dann kurz darauf zur Sozialistischen Jugend gekommen, wo es Programmpunkt war, sich mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen. Ich bin dann draufgekommen, dass es in meiner Heimatstadt Wels eine kleine jüdische Minderheit gegeben hat. Von den 32 „Volljuden“ im Sinne der NS-Rassengesetze sind 15 ums Leben gekommen. 1984 haben wir einen Gasthaussaal besetzt, wo eine NDP-Landeskonferenz hätte stattfinden sollen. Das war der Startschuss für die Gründung der Initiative Welser gegen Faschismus.Es gab dann den berühmten Konflikt mit dem Welser SPÖ-Bürgermeister Karl Bregartner um rechtsextreme Symbole. Die Freiheitlichen haben Sebastian Ortner mit dem Argument verteidigt, dass es sich bei ihm um eine Jugendsünde gehandelt habe und es erlaubt sein müsse, im Leben gescheiter zu werden. Vollkommen zu Recht. So grauslich dieses 25 Jahre alte Video über das Üben der Tötung politischer Gegner war, wäre danach nichts gekommen, hätte man sagen müssen, man darf sich ändern. Aber bei Ortner hat das in Wahrheit bis in die Gegenwart gereicht. Dann hat Landesparteiobmann Manfred Haimbuchner, der selbst Obmannstellvertreter des rechtsextremen Witiko-Bundes ist, gesagt, das ist zu viel. Denn es ist offenkundig geworden, dass Ortner beim NDP-Fest in Dresden war. Manche Leute haben gesagt, dass Haimbuchner gar nicht so traurig darüber gewesen sein soll, da es Spannungen zwischen der Landes-FPÖ und der Linzer FPÖ gibt. FPÖ-Klubobmann Günther Steinkellner hat Ihnen vorgeworfen, eine Vorfeldorganisation der SPÖ zu sein mit dem Ziel, die Wahlchancen der FPÖ zu beschädigen. Das Mauthausen-Komitee, in dem ich Vorstandsmitglied bin, wird getragen vom ÖGB, von der katholischen Kirche und von den jüdischen Gemeinden. Unser Netzwerk besteht aus 68 Organisationen. Die SPÖ ist da nicht dabei, wohl aber einzelne Organisationen. Es handelt sich insgesamt um ein sehr breites Spektrum. Eine parteipolitische Instrumentalisierung würde nicht geduldet werden. Uns geht es darum, Rechtsextremismus und Rassismus wirksam zu bekämpfen und uns für Demokratie und Menschenrechte zu engagieren. Ihr Netzwerk ist sehr gut über die rechtsextreme Szene informiert. Es soll jetzt eine Weisung der FPÖ-Landesspitze an ihre Funktionäre geben, vorsichtiger zu sein.Wir kriegen von den Leuten, die in dieser Szene sind, schon ab und zu Hinweise und Unterlagen. Wir entnehmen viele Dinge den Medien und dem Internet. Da melden sich Leute bei gewissen Foren an und andere stellen wiederum Dinge ganz öffentlich ins Netz. Man muss nur aufmerksam hinschauen. Landeshauptmannstellvertreter Josef Ackerl (SPÖ) hat den Landessicherheitsrat aus Protest verlassen. Spielt das nicht der FPÖ in die Hände? Überhaupt nicht. Er war ein reines Verharmlosungs-und Beschwichtigungsgremium, eine Farce. Es wurde der Öffentlichkeit vorgegaukelt, die Braune Szene sei in Oberösterreich vernachlässigbar. Das stimmt nicht. Oberösterreich hat leider eine sehr aktive rechtsextreme Szene. Sie ist nicht insgesamt so gewalttätig und brutal wie das Objekt 21 (rechtsextreme kriminelle Organisation, 80 Einvernahmen, bis zu 200 Beteiligte, Anm.). Aber sie ist vielgestaltig und aktiv. Das hat nichts damit zu tun, Oberösterreich als Nazi-Land zu vernadern. Das ist vollkommener Unsinn, aber die Szene gibt es halt. Es ist ein Faktum, dass hier zu wenig passiert ist. Zuerst einmal von der Politik her. Es haben aber auch Verfassungsschutz, Justiz und Polizei nicht so agiert, wie es notwendig gewesen wäre. Es gibt aber durch die Debatten positive Entwicklungen. Es gab konstruktive Gespräche mit dem Landespolizeidirektor und seinem Stellvertreter. Warum gibt es in Oberösterreich doch verhältnismäßig mehr Neonazi-Aktivitäten als in anderen Bundesländern? Es gibt hier Langzeit-Faktoren. Oberösterreich gehört wie Kärnten zu den Gegenden, wo es eine sehr brutale Gegenreformation gegeben hat. Der Publizist Friedrich Heer hat klar herausgearbeitet, dass in diesen Gegenden der Widerstand im verbliebenen evangelischen Bürgertum und darüber hinaus groß war. Und dass gerade im 19. Jahrhundert eine Haltung gegen die römisch-katholische Kirche und gegen das habsburgische Herrscherhaus da war. Der aus Deutschland kommende Nationalismus hat in diesen Gegenden einen fruchtbaren Boden gefunden. Dieser war anfangs eher noch liberal. Nach der gescheiterten Revolution von 1848 ist er immer antisemitischer, rassistischer und chauvinistischer geworden. Dieser Deutschnationalismus führte dann relativ rasch in den Nationalsozialismus.

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