Familiendrama – fein filettiert und trotzdem keine leichte Kost

Stefan Matousch als Stefan Riedl wird von Kriegserlebnissen seiner Kindheit eingeholt
Kammerspiele: In "Das Wasser im Meer" wird ein Familienleben ausgiebig seziert – mit Geheimnissen der Gegenwart und Vergangenheit.

Es war ein emotionales Ende eines langen, intensiven Theaterabends. Nicht nur aufgrund des Inhalts, sondern aufgrund eines Mannes. "Das Wasser im Meer" ist Gerhard Willerts letzte Inszenierung am Landestheater Linz. Nach 18 Jahren als Schauspieldirektor des Hauses wurde er vom Publikum mit Standing Ovations verabschiedet. Auch das Ensemble war sichtlich bewegt.

Gestern, Samstag, feierte "Das Wasser im Meer" des deutschen Regisseurs Christoph Nußbaumeder in den Linzer Kammerspielen Weltpremiere. Der Dramatiker verortet das Stück in Oberösterreich, gespielt wird auf, in und rund um einen sich drehenden "Raum", was für besondere Perspektiven sorgt.

Zum Inhalt: Der 80-jährige Stefan Riedl versammelt zu seinem Geburtstag seine drei Töchter Katharina, Bettina und Anna samt Begleitpersonen um sich, um ihnen mitzuteilen, dass er zum Sterben in seine alte böhmische Heimat gehen möchte, aus der er vertrieben wurde. Seit Jahren hat sich die Familie nicht in dieser Konstellation gesehen, alte Wunden brechen auf, es wird wild diskutiert über Heimat und Herkunft. Und Stück für Stück kommen Geheimnisse ans Licht, die jedes einzelne Familienmitglied betreffen.

Nußbaumeder schuf ein verdichtetes Stück mit vielen Handlungssträngen und Themenkomplexen – vom Nazi-Großvater bis hin zur Flüchtlingsunterkunft in der ortsansässigen Turnhalle ist alles dabei. Trotzdem schafft er es, dass das Publikum die Übersicht behält, unterhalten und gleichzeitig aufgerüttelt wird. Der Sound, der die einzelnen Szenen begleitet, ist grandios eingesetzt und schafft eigene Stimmungen.

Intensiv

Das Ensemble überzeugt über weite Strecken, besonders Peter Pertusini, der den politisch rechts orientierten Enkel Peter spielt, Katharina Wawrik als Enkelin Ina, Sebastian Hufschmidt als traurig-komischer Schwiegersohn und Anna Eger als exaltierte jüngste Tochter, die die Wogen hochgehen lässt.

Fazit: Emotionales Familiendrama, intensiv verdichtet, schauspielerisch überzeugend umgesetzt, mit vielen zeitgeschichtlichen und aktuellen Bezügen – auf jeden Fall sehenswert.

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