Borussia Dortmund: Bad Ischler Fan entlarvte Bombenleger

Rudolf S. ist nun ein Teil der Geschichte seines Lieblingsklubs.
Der Strafprozess gegen den mutmaßlichen Dortmund-Attentäter beginnt nächste Woche. Österreichischer Aktienexperte fand die entscheidende Spur.

Der Fußballklub BVB Dortmund steht beim 47-jährigen Oberösterreicher Rudolf S. und dessen drei Söhnen ganz hoch im Kurs. Für die tief religiöse Protestanten-Familie aus dem oberösterreichischen Bad Ischl ist die Fußballwelt nämlich schwarz-gelb. Das sind die Vereinsfarben der Ballakrobaten, die an der Dortmunder Strobelallee ihren Fans mitunter sehr viel Leidensfähigkeit abverlangen. Doch die schmerzhaften Niederlagen wurden am 11. April 2017 von einer Wahnsinnstat überschattet, die beinahe mit einer tödlichen Katastrophe endete.

Der 28-jährige Deutsch-Russe Sergej W. soll kurz nach 19 Uhr vor dem Dortmunder Hotel L’ Arrivee drei selbst gebastelte und in einer Hecke versteckte Sprengsätze gezündet haben, just als der Mannschaftbus des BVB Fahrt Richtung Stadion aufnahm.

Die in den Sprengsätzen eingefüllten Metallbolzen schlugen in den Bus wie Schrapnelle ein, die doppelten Scheiben verhinderten das Schlimmste. Abwehrspieler Marc Batra entging nur knapp dem Tod.

Ein Metallbolzen schrammte an seinem Kopf vorbei und blieb seitlich in der Kopfstütze stecken. Die Wucht der Detonation verletzte Batra aber am rechten Unterarm schwer. Ein Polizist der begleitenden Motorradstreife erlitt ein massives Knalltrauma.

Triebfeder Habgier?

Es hätte aber noch schlimmer kommen können.

"Der mittlere Sprengsatz entfaltete seine Wirkung nicht voll, da er zu hoch angebracht worden sein soll", heißt es in einem Schreiben des Landgericht Dortmund. Ab 21. Dezember muss sich der mutmaßliche Attentäter Sergej W. in Dortmund vor Gericht verantworten. 18 Verhandlungstage sind anberaumt. Er wird des 28-fachen versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung beschuldigt.

Reine Habgier soll seine Triebfeder gewesen sein, Heimtücke seine Methode. Ihm droht eine lebenslange Freiheitsstrafe. Der russischstämmige Deutsche Sergej W. bestreitet die Vorwürfe.

Hier kommt nun der glühende BVB-Fan aus Bad Ischl ins Spiel, dessen oberste Priorität im Leben eigentlich der Glaube an Gott ist.

Auffällige Transaktion

Fakt ist: Ohne Rudolf S. wäre das Attentat vom April nicht oder zumindest nicht so schnell aufgeklärt worden. Für S. selbst beruht seine Rolle bei der Aufdeckung dieses Falles auf einer göttlichen Fügung.

Aber der Reihe nach. Dem Aktienexperten und früheren Mitarbeiter einer oberösterreichischen Bank war die Tatsache nicht mehr aus dem Kopf gegangen, dass gerade am Tag des Bombenanschlags sehr auffällige und fast einmalige Wertpapier-Transaktionen an der Börse Frankfurt durchgeführt worden waren. Ein Unbekannter wettete auf den Kurssturz der BVB-Aktie und hatte unter anderem 60.000 Put-Optionen gekauft.

Mit diesen Wertpapieren wollte Sergej W. laut Anklagebehörde ein kleines Vermögen (500.000 Euro) verdienen. Je tiefer der Kurs abrutscht, desto größer wäre sein Gewinn gewesen. Und mit dem Attentat wollte er diesen Kurssturz offenbar herbeiführen.

Kein Zufall

W. soll insgesamt 44.300 Euro mit Hilfe seiner Bank zusammengekratzt und in diese hochriskante Finanzwetten investiert haben.

"Ich habe die Umsätze mit diesen Wertpapieren gesehen und war mir sicher, dass sie etwas mit dem Anschlag zu tun haben müssen", sagt Rudolf S. im Gespräch mit dem KURIER. "Weder vorher noch nachher hatte jemand so viele Verkaufs-Optionen auf die BVB-Aktie gekauft. Und schon gar nicht an der Börse in Frankfurt."

Der gottesfürchtige Oberösterreicher, der grundsätzlich an keine Zufälle glaubt, rief am Tag nach dem Attentat zwei Mal bei den Ermittlern in Deutschland an und wollte den Polizisten den Zusammenhang zwischen den Put-Optionen und dem Anschlag erklären.

Entscheidender Tipp

"Ich glaube, das wurde nicht so ernst genommen", schildert Rudolf S. seinen Aufklärungsdrang. "Dann habe ich auch dem BVB eine Mail geschrieben." Diese Nachricht landete offensichtlich umgehend bei den Ermittlern der Sonderkommission. Daraufhin besorgten sich die Fahnder die Unterlagen über diese dubiosen Börsentransaktionen von jener Direktbank, bei der Sergej W. Kunde war.

"Dann haben sie ihn gehabt", sagt der beredte Oberösterreicher mit heller Freude in der Stimme. "Der hat das genial eigentlich gemacht. Hätte ich an diesem Tag nicht nachgeschaut, wie der Kurs dieser Optionsscheine steht, wäre der mutmaßliche Täter heute mit großer Wahrscheinlichkeit noch frei." Bis zu dem brandheißen Hinweis aus Bad Ischl hatten die Ermittler eigentlich einen "Islamisten" als Täter gesucht. Letztendlich hat Sergej W. gerade einmal 5872 Euro Gewinn eingeheimst.

Trainer Stöger

Zurück zum Fußball: Der Börsenexperte hofft, dass sein Lieblingsklub künftig wieder auf die Siegerstraße einbiegt. Vom neuen österreichischen Dortmund-Trainer Peter Stöger (siehe auch Seite 21) hält er große Stücke. "Der ist ein Super-Bursche, der gut kommunizieren kann. Das ist jetzt dringend nötig", sagt Rudolf S. "Ein Bekannter von mir kennt ihn persönlich und ist von ihm hellauf begeistert."

Nun setzt er darauf, dass Stöger nicht nur – wie geplant – die nächsten sechs Monate in Dortmund coacht, sondern erfolgreich und viel länger.

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