„Linz verschläft Internationalität“

Buchberger vor dem Softwarepark Hagenberg, den er 25 Jahre lang aufgebaut hat
Der renommierte Mathematiker beklagt den Entwicklungs-Stillstand

Man muss das Ganze von der Forschung her aufziehen und nicht vom Bedarf an Landärzten, den Oberösterreich hat.“ Bruno Buchberger, international anerkannter Mathematiker und Gründer des Softwareparks Hagenberg, begrüßt die Gründung der medizinischen Fakultät. „Linz sollte schauen, dass es so schnell wie möglich Volluniversität wird.“ Denn das lateinische Wort unversitas bedeute Gesamtheit. Die Unversität sollte versuchen, diesen Ganzheitsanspruch zu erfüllen. „Die ganzheitliche Sicht war immer das Bildungsideal der Universitäten.“ Deshalb sei das eine gute Sache.

Forschung entscheidet

Er könne zwar verstehen, dass die Politik die Medfakultät mit dem Ärztebedarf argumentiere, denn damit erhalte man die Unterstützung der Bevölkerung. Wirkliche Qualität könne die Medfakultät aber nur dann bekommen, wenn sie sich auf die Grundlagenforschung konzentriere. „Je stärker man in die Tiefen der Grundlagen geht, umso breiter ist die Kreativität in der Anwendung. Neue Dinge kann man nur dann sehen, wenn man in den Grundlagen top ist.“ Die Universität bekomme auch nur so internationale Anerkennung. Die Berufsausbildung von Ärzten sei wichtig, aber damit könne man international nicht reüssieren.
Linz müsse auch im Wettbewerb mit den Universitäten Wien und München bestehen. Medizinstudenten würden nur dann nach Linz gehen, wenn sie sagen, dort ist die beste Grundlagenforschung.
Mit der Entwicklung der Johannes-Kepler-Universität ist Buchberger nicht zufrieden. „Sie könnte die internationale Universität Österreichs sein. Das hat sie verschlafen. Wir hatten in den vergangenen 25 Jahren eine gute Entwicklung. Wir haben in manche Bereichen auch sehr gute Professoren. Aber jetzt bleibt die Entwicklung stehen. Es steht die Stadtentwicklung ebenso wie die der Universität. Die Kepleruniversität ist im wesentlichen eine Landes-Uni. Das, was man immer wieder zu hören bekommt, ist, dass die Kepleruni für Oberösterreichs Studenten interessant sein muss.“

JKU nur eine Landesuni

Buchberger nennt als entscheidendes Kriterium dafür, ob die Linzer Kepleruni wirklich gut ist, die Anzahl der internationalen Professoren und Studenten, die nach Linz kämen. „Hier merkt man, wie weit wir wirklich hinten sind. Wir klopfen uns gegenseitig auf die Schulter und sagen, wir haben die geringste Arbeitslosigkeit, wir sind gut im Export. Das ist aber zu wenig.“ Es werde entscheidend sein, ob es dem Großraum Linz gelinge, in den nächsten zehn bis 20 Jahren einen Sog zu erzeugen, dass die Jugend der Welt hierher kommt. „Das wird nur passieren, wenn die Studenten sagen, da sind die besten Professoren, da wird in Englisch unterrichtet, man braucht nicht Deutsch zu lernen. Wenn man mit dem Studium fertig ist, warten schon die Firmen und Investoren, die einen abwerben.“

Kaum Internationalität

Linz habe in den MINT-Fächern (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) einen Anteil an ausländischen Studenten von vielleicht zehn Prozent. „Da müssen die Alarmglocken klingeln.“ Der Anteil müsse 80 Prozent betragen. Den heimischen Studenten müsse man sagen, „bitte geht doch einmal weg, lernt doch einmal woanders. Wenn ihr gut seid, dann könnt ihr zurückkommen.“
In den MINT-Fächern müsse der Unterricht in Englisch sein. „Vom ersten Semester an. Es kann nicht sein, dass einer erst einmal Deutsch lernen muss, damit es ihn nach Linz verschlägt. Wenn die Sprache Englisch ist, kann man die Professorenstellen international ausschreiben. Da kann man sich die besten Professoren weltweit holen. Der dritte Punkt ist, dass man die Szene aufbauen muss.“ Das müsse man über die Jahre aufbauen.
Der Universitätscampus sei langweilig, die Campus der Fachhochschulen ebenfalls. „Man muss sich etwas einfallen lassen. Wo sind die Szenen, wo ein Student, der eine Firma gründen will, mit Investoren zusammenkommt? Die internationalen Investoren kommen nur dorthin, wo auch internationales Flair ist. Eines treibt das andere: internationale Studenten, internationale Professoren, internationale Investoren, internationale Szene, internationale Wirtschaft. Das muss alles zur gleichen Zeit passieren.“ Wenn man das mit dem vergleiche, was tatsächlich passiere, dann sei das einfach zu wenig.

Erfolg wird verwaltet

Dazu komme nun die Erfahrung, dass die „25 Jahre Erfolgsgeschichte, die wir gehabt hatten, nun von einem Heer von Leuten verwaltet werde. Man hat Strukturen aufgebaut, wo eine Unmenge von Akademikern aus allen möglichen Disziplinen sitzen, die aufpassen, dass alles seinen beamteten Weg geht. Die verdrießen dann jene auch noch die, die tatsächlich arbeiten wollen. Das ist zum Verzweifeln. Das, was wir haben, wird zwar genügen, um Wahlen zu gewinnen, weil die Leute nichts anderes kennen. Aber die anderen Regionen in der Welt schlafen nicht.“ Man kann das an den Rankings sehen, wo Österreich kontinuierlich nach hinten rutscht. Buchberger: „Die verantwortlichen Leute müssten eigentlich sehen, wohin der Weg führt.“


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