Braunau: Keine Erinnerung an den Mord

Braunau: Keine Erinnerung an den Mord
Der Verdächtige behauptet, sich nicht an die Tat zu erinnern. Der Staatsanwalt gibt ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag.

Im Gymnasium Braunau ist am Dienstag die psychologische Aufarbeitung jener rätselhaften Bluttat fortgesetzt worden, bei der am Sonntag ein 17-jähriger Schüler seinen 16-jährigen Klassenkameraden erstochen haben soll. Vor der Schule wurden Kerzen aufgestellt, im Gebäude eine Trauer-Ecke eingerichtet.

"Es geht jetzt nicht darum, den Unterrichtsstoff durchzubringen, sondern zuzuhören und Möglichkeiten für Gespräche anzubieten", erklärt Schulinspektor Günther Vormayr. Professionelle Unterstützung leisteten Schulpsychologen und der psychosoziale Notdienst.

Blackout

Das Landesgericht Ried verhängte am Dienstag über Ivan D. die Untersuchungshaft. Der 17-Jährige soll seinen Freund Sebastian in der Wohnung seiner Großmutter erstochen haben. Die Jugendlichen wollten dort für eine Schularbeit lernen. Gerichtsmediziner stellten an Sebastians Leiche mehr als 20 Stich- und Schnittverletzungen fest.

Der Verdächtige behauptet, ein Blackout gehabt zu haben - angeblich kann er sich auch zwei Tage nach der Tat an nichts erinnern. Er wisse nur, dass er blutbefleckt in der Wohnung aufgewacht sei, dann habe er die Polizei angerufen.
Die Staatsanwaltschaft will ein psychiatrisches Gutachten in Auftrag geben. Dieses soll klären, ob bei dem 17-Jährigen eventuell eine psychische Erkrankung vorliegt und ob er bei der Tat zurechnungsfähig gewesen ist.

Depressionen

Ivan D. soll seit rund vier Jahren an Depressionen leiden, in ärztlicher Behandlung gewesen sein und Psychopharmaka genommen haben. Ob die medizinische Vorgeschichte etwas mit dem tödlichen Vorfall zu tun hat, müssen Experten klären.
"Zwischen Depressionen und einer solchen Aggression gibt es üblicherweise keinen Zusammenhang", erklärt der Grazer Gerichtspsychiater Peter Hofmann.

Depressionen würden für Mitmenschen keine erhöhte Gefahrenquelle bedeuten.
Eine Ansicht, die der Linzer Jugendpsychiater Werner Gerstl teilt: "Dass Depressionen auf diese Weise zur Entladung kommen, halte ich für ausgeschlossen." Auch Psychopharmaka könnten so etwas nicht auslösen. Dass sich jemand aber nach einer schrecklichen Tat nicht mehr erinnern könne, komme vor: "Ursachen könnten ein Tumor, ein Trauma, eine Stoffwechselerkrankung oder eine Vergiftung sein."

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