„Braunau fehlt politischer Mut“

„Braunau fehlt politischer Mut“
Ein Dokumentationszentrum im Hitlerhaus könnte ein positives Signal setzen. An der Umsetzung hapert es seit Jahren.

Eine Schule, eine Bibliothek, eine Behindertenwerkstätte und viel früher, im Jahr 1888, ein Gasthaus der Familie Dafner. Bis heute scherzen die Braunauer, wie treffend es sei, dass schon vor der Geburt Adolf Hitlers im Haus Nummer 15 in der „Salzburger Vorstadt" gerne ein „Großer Brauner" bestellt wurde.

Der Historiker Florian Kotanko betont, der Bezug des „Führers" zu seiner Geburtsstätte sei gering. Aus einem Zeitungsbericht der Neuen Warte am Inn vom 19. April 1939, den er dem KURIER vorlegt, geht hervor, dass er „bald nach seiner Geburt" in die Linzer Straße in Braunau übersiedelt ist.

"Hitlerstadt"

„Braunau fehlt politischer Mut“

In Wahrheit habe Hitler dort nur wenige Tage gewohnt. „Ich glaube nicht, dass er als Säugling schon irgendwelche Pläne geschmiedet hat", sagt Kotanko. Der Obmann des Vereins für Zeitgeschichte plädiert dafür, die Faktenlage historisch korrekt aufzuarbeiten, anstatt alle Aufmerksamkeit auf die Symbolik zu richten, die dieses Gebäude unbestritten innehat.

„Salzburg ist die Mozartstadt und Braunau ist eben die Hitlerstadt", sagt Andreas Maislinger, der die alljährlichen Braunauer Zeitgeschichtetage organisiert. Einen „Hitlertourismus" per se gebe es nicht, doch die Neugierde vieler Besucher könne man positiv nutzen, meint er. Schon vor zwanzig Jahren habe er eine wissenschaftlich fundierte Geschichtsaufarbeitung in den Räumlichkeiten vorgeschlagen. Dieses „Haus der Verantwortung" solle auf drei Etagen in die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft blicken. „Es geht darum, auf allen Ebenen der Zeit Verantwortung zu übernehmen", erklärt Maislinger.

Positives Signal

Den Rücken stärken ihm unter anderem internationale Kontakte über den Auslandsdienst  – unter ihnen der jüdische Oscar-Preisträger Branko Lustig, der im Vorjahr eine Finanzierung über eine Stiftung vorgeschlagen hat.

Die Grüne Menschenrechtssprecherin Maria Buchmayr drückt ebenfalls ihre Sympathie für ein solches Projekt aus. Aus dem Nationalrat pflichtet ihm der SPÖ-Abgeordnete Harry Buchmayr bei: „Es wäre ein positives Signal an die Welt, dass Braunau sich seiner Vergangenheit stellt."

Warum sich nach dem Auszug der Lebenshilfe ein Jahr lang nichts getan hat, fragt sich auch Tourismus obmann Klaus Prexl. „Jeden Tag sieht man Touristen dort Erinnerungsfotos schießen. Hitlers Geburt ist ein Teil unserer Geschichte. Aber jeder, der sich dahingehend äußert, setzt sich in die Nesseln", kritisiert er und wird noch deutlicher: „In Braunau fehlt politischer Mut."

Weiterführende Links

Mehr zum Thema

  • Hintergrund

  • Hintergrund

Kommentare