Besondere Qualität der Innviertler

Besondere Qualität der Innviertler
Gerhard Falch, der Vorstandsvorsitzende der AMAG, führt den Ranshofner Aluminiumkonzern zu neuen Höhenflügen.

Gerhard Falch (63) ist Vorstandsvorsitzender der AMAG in Ranshofen. Der Aluminium-Spezialist ist mit 1352 Mitarbeitern der Leitbetrieb im Bezirk Braunau.

KURIER: Vor Ihrem Büro steht Ihr Dienstwagen, ein Audi A8. Ist er aus Aluminium?

Gerhard Falch: Ja, er ist weitgehend aus Aluminium. Der Alu-Anteil an den Autos wird die nächsten Jahre steigen. Denn Aluminium wiegt nur ein Drittel des Stahls. Es ermöglicht eine Gewichts- und damit eine Verbrauchsreduktion.

Damit ist ja die Zukunft der AMAG gesichert.

Der Aluminiumverbrauch wird sich die nächsten zehn, zwölf Jahre verdoppeln. Das ist erfreulich. Der Anteil unserer Walz-Produktion für die Auto-Zulieferung beträgt zwischen 13 und 15 Prozent. Wir sind vor allem bei den Premium-Herstellern Mercedes, BMW, Audi und Volkswagen vertreten. Wir haben uns bei ihnen einen sehr guten Ruf erworben, weil wir in den vergangenen Jahren die Qualität vorangetrieben haben. Beim Mercedes SLS mit den Flügeltüren waren wir bei den Flügeltüren das einzige Unternehmen, das in der Lage war, das notwendige Material zu liefern. Das war für uns ein großer Türöffner.

Was ist der Hauptabsatz?

Von der Menge her ist es die Firma Costantia Teich in Mühlhofen bei St. Pölten. Sie produzieren Blisterfolien für Medikamente. Die Aluminiumbeimischung hat hier den Vorteil, dass es zu keiner Diffusion und damit zu keiner Beeinträchtigung der Produktqualität kommt. Weiters produzieren sie Nahrungsmittel- und Tierfutterverpackungen. Sie stellen Dosenschalen für das Hunde- und Katzenfutter und Deckel für Joghurtbecher her. Es ist wichtig, dass wir in der Produktion breit aufgestellt und damit von niemandem abhängig sind. Stark aufgestellt sind wir auch bei Flugzeugteilen und Sportgeräten. In allen guten Skiern ist unser Aluminium enthalten, da sind wir beinahe alleine am Markt. Außerdem wird unser Aluminium bei Trittblechen verwendet. Wir haben viel Geschäft in der Maschinenbauindustrie. Auch bei den Lkw wird der Aluminiumanteil immer mehr. Wenn der Lkw weniger wiegt, kann er mehr transportieren.

In Ranshofen wird hauptsächlich wiedergewonnenes Aluminium verarbeitet.

Von den Walz-Produkten, die wir in Ranshofen erzeugen, basieren rund 80 Prozent auf Schrott. Einen Teil des Vormaterials kaufen wir auch zu, damit wir flexibel sind. Mit 80 Prozent Schrottquote sind wir bei Aluminium-Walzprodukten weltweit führend. Im Gegensatz zu manchen anderen metallen kann Aluminium unendlich oft wiederverwertet werden, weil es die guten Eigenschaften behält. Im Gegensatz zu Stahl, der nach sechs bis sieben Mal ausgelaugt und nicht mehr wiederverwendbar ist. Dazu wird noch Energie gespart, 95 Prozent im Vergleich zur Primärproduktion über Elektrolysen.

Ist es vernünftig, wenn der Konsument Alu-Dosen sammelt und der Wiederverwertung zuführt?

Ja, natürlich. In Österreich führt die Firma ARA dieses Sammelsystem. Wir beziehen den Hauptteil des Schrotts aus Deutschland. Im Radius von 500 km gibt es dort sehr viele Industriebetriebe. Doch die Sache muss sowohl von der Logistik als auch vom Transport her machbar sein. Wenn es hochqualitativen Schrott gibt und wir ihn brauchen, holen wir ihn sogar aus dem Mittleren Osten. Wir sind auch die Einzigen, die jede Art von Schrott verarbeiten können. Industrielle Aluminium-Produkte gibt es eigentlich erst seit dem Ersten Weltkrieg. Drei Viertel des jemals produzierten Aluminium sind noch immer im Kreislauf.

Die Neuproduktion erfolgt durch Alouette, eine Aluminiumschmelze in Kanada, an der die Amag mit 20 Prozent beteiligt ist.

Bei der Produktion in Kanada haben wir den Vorteil, dass der Strom günstig von der Wasserkraft kommt. Es ist ein einmaliger Standort. Hochseetaugliche Schiffe können das Werk anfahren, es müssen ja jährlich zwei Millionen Tonnen Tonerde hintransportiert werden. Alouette produziert derzeit 600.000 Tonnen Aluminium. Wir haben im Oktober des vergangenen Jahres ein „memorandum of understanding“ zur Versorgung mit elektrischer Energie unterzeichnet. Darin sind unter anderem die Parameter geregelt, dass die Stromversorgung bis 2041 gesichert ist. Geplant ist die Erhöhung des Ausstoßes der Alouette auf bis 930.000 Tonnen.

Die AMAG ist seit vergangenem Jahr an der Börse. Was hat sich dadurch verändert?

Der Börsegang war für uns ein schöner Erfolg. Wir konnten dadurch verhindern, dass das Unternehmen an einen strategischen Investor verkauft wurde, denn dann hätten wir unsere Unabhängigkeit und Selbstständigkeit verloren. Wir wären dann ein Standort von vielen gewesen. Das wollten wir nicht, denn die Entscheidungen wären irgendwo im Ausland und nicht hier in der Region gefallen. Die AMAG war und ist höchst erfolgreich. Wir haben selbst in der Krise hervorragende Ergebnisse geschrieben. Wenn wir heute zurückdenken, freuen wir uns jeden Tag darüber, dass der Börsegang gelungen ist.

Mit dem derzeitigen Börsenkurs von 16 Euro sind Sie zufrieden?

Nein, ich bin nicht zufrieden. Ich habe immer gesagt, dass die AMAG keine Spekulationsaktie ist. Wir leiden derzeit unter der allgemeinen Börse-Schwäche. Während die österreichische Börse im ATX 35 Prozent verloren hat, haben wir seit dem Start im April 2011 nur 10 bis 12 Prozent verloren. Aber unsere Aktien werden kommen. Die Analysten sagen, ein fairer Wert wäre 22 bis 25 Euro. Wir haben 2010 ein Rekordjahr hingelegt. Wir werden es 2011 nochmals übertreffen.

Der Bezirk Braunau floriert, obwohl er eine Randregion in Oberösterreich ist. Was sind die Gründe?

Der Bezirk hat schwierige Zeiten hinter sich, vor allem als die AMAG noch verstaatlicht war. Seit der Privatisierung ist das Unternehmen wieder herzeigbar. Zum zweiten haben die Innviertler eine besondere Qualität. In Bezug auf Firmenloyalität und Engagement. Diese Qualität sucht ihresgleichen. Hier gibt es zweifellos ein regionales Gefälle. Die Menschen sind sehr motiviert. Wie wir wissen, sind die Innviertler ein bisschen stur. Aber wenn der Innviertler sagt, er macht es so, dann macht er es so. Dazu kommt der Lernwille. Wenn ich unsere Leute vergleiche mit jenen unserer Mitbewerber weltweit, dann muss ich feststellen, dass es die Verbundenheit mit dem Unternehmen wie bei uns dort nicht gibt.

Finden Sie in der Region noch genügend ausgebildete Arbeitskräfte?

Es geht noch. Wir haben eigene Ausbildungssysteme entwickelt. Problematisch wurde es voriges Jahr zum ersten Mal bei den Lehrlingen. Die Schulausbildung war teilweise so unzureichend, dass wir sie nicht nehmen konnten. Sie können teilweise nicht rechnen oder schreiben. Wir haben das Kontingent von 20 Lehrlingen voriges Jahr nicht aufgefüllt. Wir sind gezwungen, innerbetrieblich fast ein Schuljahr anzuhängen, um sie höher zu qualifizieren.

AMAG: Bewegte Geschichte

Besondere Qualität der Innviertler

Die AMAG wurde 1939 als Elektrolyse zur Produktion von Primäraluminium gegründet. 1948 wurde sie verstaatlicht. 1950 wurde das Walz- und Presswerk in Betrieb genommen. Die Elektrolyse wurde 1992 geschlossen. 1989 erfolgte der 20-prozentige Einstieg in die Aluschmelze Alouette in Kanada.

Das Unternehmen wurde 1996 privatisiert. 2000 erhöhte Alouette ihren Ausstoß von 243.000 auf 550.000 Tonnen Aluminium. 2007 erhöhte Constantia Packaging ihren Anteil am Unternehmen auf 90 Prozent. April 2011: Börsegang. Umatz 2010: 728 Millionen Euro. Ergebnis nach Steuern: 75,4 Millionen.

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