52 Prozent sind Migranten: Schwedischer Hotspot Södertälje

Aramäerin Natalie Deniz arbeitet an der österreichischen Botschaft in Stockholm
Sprache, Bildung und Arbeit lassen die Integration von Zuwanderern gelingen.

Södertälje ist eine einzigartige schwedische IndustrieStadt. Die 95.000-Einwohner-Gemeinde liegt rund 40 km südwestlich von Stockholm, der Migrantenanteil ist mit 52 Prozent außergewöhnlich hoch. Rund 30.000 sind Aramäer, die der syrisch-orthodoxen Kirche angehören und seit den 1960er-Jahren aus dem Nahen Osten und dem Vorderen Orient vertrieben worden sind. Sie sprechen Aramäisch, die Sprache Jesu. Erfolgreiche Firmen wie Scania (14.000 Beschäftigte) oder Astra Zenica (4000 Beschäftigte) haben auch 10.000 Finnen und eine größere polnische Community nach Södertälje gelockt.

"Der Bildungshintergrund ist für den Integrationserfolg entscheidend, nicht der religiöse", erklärte die sozialdemokratische Bürgermeisterin Boel Godner der oberösterreichischen Delegation mit Migrationslandesrat Rudolf Anschober an der Spitze, die sich im Flüchtlingsland Schweden Anfang der Woche umsah. "Das Wichtigste sind die Schule und die Ausbildung. Auch die Erwachsenenbildung ist wichtig. Bildung ist die Lösung." Dazu gehöre auch das Erlernen der Sprache, denn erst mit entsprechenden Schwedischkenntnisse hätten die Asylwerber die Chance auf einen Arbeitsplatz. In Schulklassen mit vielen migrantischen Kindern sind zwei Lehrkräfte tätig. Integration müssen von Anfang an aktiv angegangen werden, um Parallelgesellschaften und Parallelsysteme zu verhindern.

In Schweden dürfen Asylwerber sich sofort mit dem Eintreffen im Land um einen Arbeitsplatz bemühen – in Österreich ist das erst mit dem positiven Asylbescheid erlaubt. Nach zwei Jahren haben bereits 30 Prozent der Asylwerber eine Arbeitsstelle. Dennoch ist die Arbeitslosigkeit unter Migranten mit 22 Prozent rund drei Mal so hoch wie unter den Schwedischstämmigen. Schweden, das rund zehn Millionen Einwohner hat, nimmt derzeit jährlich rund 30.000 Asylwerber auf. Im Flüchtlingsjahr 2015 waren es 163.000. Schweden hat inzwischen Grenzkontrollen eingeführt. Die Flüchtlingsfrage hat zu einem Anwachsen der Schwedendemokraten geführt. Laut Umfragen liegt die der FPÖ vergleichbare Partei derzeit bei 18 bis 20 Prozentpunkten.

Anschobers Erkenntnisse von der Studienreise: Auch in Österreich sollten Aslywerber vom ersten Tag an arbeiten dürfen. Die Asylverfahren dauern zu lange: in Österreich zwei bis drei Jahre, in Schweden ein Jahr. Er fordert nach bayerischem Vorbild ein Sonderwohnbauprogramm zur dauerhaften Unterbringung von Asylwerbern.

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