"Zeigt Kindern Grenzen auf"

Günther Loewit ist Arzt und Schriftsteller in Marchegg
Seit 30 Jahren ist Günther Loewit praktischer Arzt. Im Herbst erschien sein neues Buch.

"Das Patienten-WC putzen, erdet", schmunzelt Günther Loewit. Der 58-Jährige geborene Innsbrucker ist seit 1987 praktischer Arzt in Marchegg (Bezirk Gänserndorf) und ist sich sichtlich nicht zu schade, auch mal den Dreck seiner Patienten wegzuputzen. Loewit ist, wie er sagt, Mediziner aus Leidenschaft. "Die große Liebe ist meine Frau, aber gleich danach kommt die Medizin. Schon als kleiner Bub wollte ich Arzt werden und eine eigene Praxis haben", erzählt er. "Denn Medizin hat etwas mit Magie zu tun. Das hat mich seit jeher immer fasziniert."

Loewit stammt aus einer Arztfamilie. Sein Vater hat ebenfalls Medizin studiert, entschied sich jedoch gegen eine eigene Praxis und für die Forschung. Das war Günther Loewit zu theoretisch. "Ich wollte mit den Menschen arbeiten."

In seiner nunmehr 30-jährigen Praxis hat er allerhand erlebt. "Als Hausarzt ist man auch Seelsorger. Es ist wichtig den Leuten zuzuhören, sich Zeit für sie zu nehmen. Der Körper ist wichtig, aber die Seele auch", sagt er. "Ich sehe seit 30 Jahren alltägliches Leben, wie man es draußen nicht sieht. Als Hausarzt ist man Vertrauensperson. Vorausgesetzt, man nimmt sich Zeit."

Diese würde als Kassenarzt jedoch immer mehr verloren gehen. Daher habe er nur kleine Kassen auf Vertragsbasis, für Patienten der Gebietskrankenkasse ist er Wahlarzt.

Erfolgreicher Autor

Neben seiner Frau und der Medizin gibt es in Günther Loewits Leben noch eine große Liebe: das Schreiben. Der Marchegger ist erfolgreicher Autor. 2004 erschien sein erster Roman "Kosinsky und die Unsterblichkeit". Zwei weitere Romane folgten. 2010 wurde sein erstes Sachbuch "Der ohnmächtige Arzt" veröffentlicht. Darin zeigt Loewit, wie er sagt, "Krankheiten des Gesundheitssystems auf".

Im September 2012 erschien der Nachfolger "Wie viel Medizin überlebt der Mensch". Sein jüngstes Werk wurde im Herbst des vergangenen Jahres veröffentlicht. In "Wir schaffen die Kindheit ab!" zeigt Loewit auf, wie sich der vorherrschende Perfektionismus vieler Eltern bei der Kindererziehung negativ auswirkt. "Die gesunde Mitte im Umgang mit unseren Kindern ist verloren gegangen", meint er. Den Kindern würden keine Grenzen mehr gesetzt werden, die Autorität der Eltern sei abhanden gekommen. "Wir fördern Kinder, wo es nur geht, räumen ihnen alle Hürden aus dem Weg, damit sie ja nie scheitern. Das führt zu einer dauernden Überforderung der Eltern", erklärt der Mediziner.

Alarmierend sei für ihn außerdem: "Wir haben uns zu einer kinderfeindlichen Selbstverwirklichungsgesellschaft entwickelt. Ich sehe immer mehr Hunde und immer weniger Kinder auf der Straße." Österreich sei Spitzenreiter bei der Haltung von Haustieren, "aber Frauen bekommen durchschnittlich nur noch 1,4 Kinder. Das sollte uns doch zu denken geben", meint Günther Loewit und appelliert: "Lasst Kinder Kinder sein. Zeigt ihnen Grenzen auf. Denn wie sollen sie denn sonst etwas fürs Leben lernen."

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