Wolfshunger jetzt amtlich

Zwei Wölfe
Gutachten sagt: Was die Wölfe fressen, gehört in Abschusspläne für Wild eingerechnet. Bereits zehn Tiere am Übungsplatz

Fast kam es zum Zähnefletschen: Bei einer – teilweise recht emotional geführten – Auseinandersetzung prallten am Montag bei einer Verhandlung des nö. Landesverwaltungsgerichtshofes in Zwettl gegensätzliche Ansichten aufeinander: Der musste sich nach einer Beschwerde des Bundesheeres gegen die Bezirksforstbehörde mit dem Abschussplan für den Truppenübungsplatz Allentsteig beschäftigen. Teil des Konflikts war die Frage, ob die Behörde die Auswirkungen des im Gebiet lebenden Wolfsrudels berücksichtigen muss. Sie muss, sagt der Amtssachverständige Hans Grundner. Seine Aussage gilt als richtungweisend.

Waldschäden

Ausgangspunkt für den Streit war die Feststellung der Forstbehörde, dass es im Wald auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig im Waldviertel Verbiss- und Schälschäden an Bäumen gibt, die das Rotwild verursacht. "Es stimmt, die gibt es, wie überall, wo Rotwild lebt", sagt Förster Christian Kubitschka, der Jagdleiter des Truppenübungsplatzes.

Abschüsse

Der Zwettler Bezirkshauptmannstellvertreter Josef Schnabl und Forstamtsleiter Georg Meyer bekräftigten bei der Verhandlung ihre Meinung, dass diese Schäden trotz Reduktion des Wildbestandes in den vergangenen Jahren zugenommen hätten. Sie sehen drin eine Vorstufe zur Waldverwüstung. Einziger Ausweg – aus ihrer Sicht – sind höhere Abschusszahlen. So schrieben sie dem Übungsplatz vor, 930 Stück Rotwild zu erlegen.

Kubitschka lehnte das ab und ging in Berufung. "Wir haben das gesamte Wild ohnehin schon von 1900 auf 1400 Stück stark reduziert und versuchen, das Wild durch unsere Art der Bejagung aus dem Wald heraus zu halten, wo es Schäden anrichtet", betonte Kubitschka.

Seiner Meinung nach haben die verlangten Schusszahlen verschiedene ungünstige Auswirkungen: "Wir treiben das Wild dadurch hin und her, es kommt nicht zur Ruhe, der Verbiss nimmt zu", klagt er. Und bringt einen weitere Aspekt ein: Er findet, dass der Rotwildbestand als Nahrungsangebot dazu beiträgt, dass Österreichs erste sesshafte Wolfsfamilie auf dem Truppenübungsplatz in Allentsteig in Niederösterreich bleibt. Und dass Jungtiere dadurch etwas später abwandern. "Damit haben wir Zeit gewonnen, um Erfahrungen im Umgang mit den Wölfen zu sammeln", erklärt der Heeres-Jagdleiter Christian Kubitschka.

Deshalb verlangte er, den Abschussplan um 200 Stück zu reduzieren. Was die Bezirksbehörde allerdings strikt ablehnte.

Jagddruck

Allzu hoher Jagddruck verstärkt den Verbiss an Bäumen zusätzlich, stellte auch der Amtssachverständige Grundner am Montagvormittag fest. Er empfahl dem Gericht, dem Vorschlag des Bundesheeres zu folgen. Weil die Differenz oder sogar mehr Tiere nach derzeitiger Lage ohnehin in den Mägen der Wölfe landen werden. Gleichzeitig bezeichnete der Sachverständige die Jagdmethoden des Übungsplatzes und ihre Wege, die Rotwildzahlen zu erheben, als sinnvoll. Das Urteil steht noch aus, es ergeht schriftlich, dürfte sich aber dem Vernehmen nach am Amtsgutachten orientieren.

Rudel

Fakten. Im Rahmen der Gerichtsverhandlung in Zwettl war am Montag zu erfahren, dass das Wolfspärchen, das sich 2015 auf dem Truppenübungsplatz nieder ließ, heuer erneut Nachwuchs auf die Welt brachte. So kamen zu den drei noch nicht abgewanderten Jungtieren vermutlich fünf bis sechs Wolfsbabys dazu. Aktueller Stand sind damit vermutlich zehn Tiere. Die genauen DNA-Analysen stehen aber noch aus.
Zwei der fast ausgewachsenen Jungtiere dürften die Gegend verlassen haben. Die übrigen drei scheinen den Eltern bei der Betreuung der jüngeren Geschwister zu helfen. Das wird, so meinen Fachleute, höchstens noch ein Jahr lang geduldet.
Sobald die älteren Jungtiere nämlich geschlechtsreif sind, erwartet man, dass die Eltern sie aus ihrem Revier vertreiben. Solange sich das nicht ändert, schätzen die Spezialisten des Übungsplatzes, dass der Futterbedarf des Rudels statistisch gesehen bei etwa 1,5 Hirschkälbern mit je 15 bis 20 Kilo am Tag liegen wird.

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