Wolf könnte Jäger "ablösen"

Die Anwesenheit von Wölfen stellt die bisherigen Gewohnheiten der Jäger auf den Kopf
Waidmänner fürchten, ihre Aufgabe an tierischen Konkurrenten zu verlieren.

Bei Jägern im niederösterreichischen Waldviertel liegen die Nerven blank. Nicht nur, weil sie vermuten, dass sich Wölfe in der Region viel schneller vermehren, als das offiziell angegeben wird: Viele fürchten, dass eine ungehemmte Verbreitung des Räubers der herkömmlichen Jagd ihre Berechtigung zu nehmen droht. Was auch der Zwettler Bezirksjägermeister Gottfried Kernecker im KURIER-Gespräch eingesteht. Nun ist ihm der Kragen geplatzt. In einem offenen Brief attackiert er Umweltorganisationen und fordert den niederösterreichischen Wolfsbeauftragten Georg Rauer zur Klarstellung auf.

Gibt es schon drei Wolfsrudel im Waldviertel? Die DNA-Proben bei den sieben Jungschafen, die zuletzt in Bad Traunstein gerissen wurden, machten die Jäger besonders misstrauisch. Wie berichtet, gehört der "schuldige" Wolf nicht zum Rudel, das auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig lebt. Dass es sich um einen durchziehenden Einzelwolf aus Osteuropa handelt, wie DNA-Proben laut Georg Rauer zeigen, erscheint Kernecker nicht glaubwürdig. Viele Jäger sehen darin einen Hinweis auf neue Wolfsfamilien.

Futterbedarf

Auf gut 13 Tonnen Wildfleisch schätzt Christian Kubitschka, Förster auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig, die Futtermenge, die die derzeit zehn oder elf zum Rudel gehörigen Tiere im Jahr benötigen. Das wären umgerechnet 100 Rehe, 150 Wildschweine und 100 Stück Rotwild, wie Kernecker bei einem Vortag von Truppenübungsplatz-Angehörigen gehört hat. Bei derartigen Zahlen fürchten Jäger nicht nur, dass ihnen nichts zu schießen bleibt. Es wird für die Jägerschaft schwierig, die althergebrachte Begründung für ihre teure und auch aufwendige Aktivität aufrecht zu erhalten: Die Regulierung des Wildbestandes.

Bei all dem geht es aber auch um wirtschaftliche Interessen: "Die Jäger werden weniger Jagdpacht zahlen, wenn es weniger Wild gibt", meint Kernecker.

Kein Ersatz

Er glaubt, dass die alleinige Bejagung des Wildes durch den Wolf Probleme bringt: "Die Beunruhigung drängt die Tiere auf die Felder, wo sie große Schäden anrichten, obwohl ihre Zahl sinkt", sagt der Bezirksjägermeister. Außerdem bezweifelt er die Argumentation von Umweltschützern, wonach Wölfe nur schwache und kranke Tiere fressen: "Wie skrupellos wären dann die Wildbrethändler, die bisher Tonnen von Wildfleisch aus den Heeresforsten vermarktet haben? Waren das alles kranke, schwache Tiere?"

Hier hakt Rauer ein: "Gerissen werden nicht nur kranke, sondern auch unerfahrene oder langsamere ältere Tiere. Hinweise auf ein zweites Rudel gibt es nicht." Er kritisiert, dass Bilder und Videos kursieren, die gar nicht aus der Gegend stammen. "Die Jäger geben ja kein Material heraus um es zu überprüfen", meint Rauer.

Kernecker will nun eine Sammelstelle einrichten, bei der seine Jäger Wolfsfotos aus Wildkameras abgeben, um die Dokumentation zu unterstützen.

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Die Anwesenheit von Wölfen stellt die bisherigen Gewohnheiten der Jäger auf den Kopf

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