Wilderer schoss wie ein Sniper

Die Polizei ermittelt, ob Huber noch mehr auf dem Kerbholz hatte.
Den Opfern von Alois Huber half keine Schutzausrüstung. Der Täter feuerte mit seinem Jagdgewehr aus dem Hinterhalt gezielt auf die Beamten und einen Sanitäter – und er benutzte ein Nachtsichtgerät.

Nach einem der dramatischsten Tage in der österreichischen Kriminalgeschichte gibt es zahlreiche offene Fragen um die Verbrechen des Wilderers Alois Huber, 55. Der KURIER hat die bisher bekannten Fakten und den Tatablauf minutiös zusammengefasst. Eine Chronologie des Geschehens:

  • 16. 9., 23.50 Uhr: Wurde der Wilderer von der Cobra am Annaberg vorher observiert und bereits erwartet – oder handelte es sich beim ersten Zusammentreffen am Annaberg um einen Zufallstreffer?

Da der Wilderer seit dem Jahr 2008 immer nur zur Hirschbrunft (beginnend im September) zugeschlagen hatte, wurde die Überwachung in dem Gebiet um Annaberg seit Tagen verstärkt. So wurden bereits vergangene Woche Kontrollen und nächtliche Streifen durchgeführt. Montagnacht stießen die Einsatzkräfte erstmalig auf den verdächtigen Pick-up mit gestohlenem Kennzeichen.

  • Wieso tragen Cobra-Spezialisten Schutzwesten, die keine Kugeln aus großkalibrigen Gewehren abhalten können?

Die Cobra verwendet verschiedene Schutzwesten mit unterschiedlicher Stärke. Nicht jede Weste hält jedem Gewehrkaliber stand.

  • 17. 9., 00.45 Uhr: Der Wilderer erschoss einen Rettungsfahrer. Hat er ihn mit der Polizei verwechselt?

Die Ermittler gehen davon aus, dass der Fahrer des Rotkreuz-Fahrzeuges gezielt erschossen wurde. Der Schütze hat aus dem Hinterhalt mit einer speziellen Nachtsicht-Optik auf dem Jagdgewehr beste Sicht gehabt. „Der Schuss wurde gezielt in Kopfhöhe durch die Windschutzscheibe angebracht“, sagt ein Kriminalist.

Lageplan des Anwesens

  • Wie konnte Alois Huber flüchten und dann einen Polizeiwagen stehlen? Handelte es sich bei dem zweiten erschossenen Polizisten und die Geisel um Mitglieder der Cobra?

Er flüchtete im Schutz der Dunkelheit und bei strömendem Regen durch den Wald. Knapp zwei Kilometer entfernt traf er bei Lassinghof auf einen Funkstreifenwagen mit zwei uniformierten Beamten. Er tötete den Polizisten Johann Ecker mit einem gezielten Kopfschuss aus dem Hinterhalt. Auch Gruppeninspektor Manfred Daurer wurde mit einem Kopfschuss getötet – ob in Lassinghof oder erst am Anwesen von Alois Huber, ist noch ungeklärt.

  • Warum wusste die Polizei, wo sich der Täter verschanzt?

Über die Fahrgestellnummer seines zurückgelassenen Toyota Pick-up wurde der Zulassungsbesitzer ausgeforscht. Cobra und Polizeikräfte machten sich sofort auf den Weg zu der Wohnadresse in Großpriel, Bezirk Melk.

  • Mittagszeit: Wieso hat es so lange gedauert, bis die Bevölkerung vom wahren Ausmaß der Tragödie informiert wurde?

Da die Polizei zu dem Zeitpunkt noch nicht wusste, ob die Geisel noch am Leben ist, wurde aus taktischen Gründen eine Nachrichtensperre verhängt.

  • 14 Uhr: Wieso wurden Panzer des Bundesheeres angefordert?

Da Alois Huber immer wieder aus dem Haus auf Einsatzkräfte feuerte, konnten sich die Beamten nur in gepanzerten Fahrzeugen nähern. Unklar war auch, ob mit Sprengfallen zu rechnen ist.

  • Wieso wurde am Nachmittag Brandgeruch wahrgenommen und trotzdem vom Täter gegen 17.30 Uhr noch ein Schuss abgegeben?

Der 55-Jährige hatte in einem Teil seines Bunkers Feuer gelegt, das aufgrund der geringen Sauerstoffzufuhr nur schwer brannte.

  • Um 18.30 begann der Sturm der Einsatzkräfte auf das Areal des Transportunternehmers. Warum hat es bis Mitternacht gedauert, um den Toten im Bunker zu finden?

Das mehrstöckige Anwesen ist groß und die Cobra musste zum eigenen Schutz sehr bedacht vorgehen. Der Eingang zum Bunker ist versteckt und wurde nicht gleich entdeckt. Durch die Sauerstoffzufuhr beim Öffnen wurde das Feuer angefacht und die Cobra musste mit Atemschutz-Ausrüstung der Feuerwehr selbst den Brand löschen.

  • Wurden im Haus Fluchttunnels gefunden?

Nein, nur der Luftschutzbunker.

  • Kommt Alois Huber noch für andere Straftaten infrage?

Es gibt massive Hinweise für eine Reihe anderer Straftaten des 55-Jährigen.

  • Wurde der Wilderer auf seiner Flucht verletzt?

Wie sich am Donnerstag herausstellte, erlitt Alois Huber auf der Flucht einen Streifschuss im Bauchbereich. Die Verletzung war allerdings nicht lebensgefährlich, erklärte die Staatsanwaltschaft St. Pölten. In seinem Haus bei Großpriel hat er sich dann mit einem Kopfschuss das Leben genommen.

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