Bahnduell am Rücken der Pendler

Knapp 14.000 Fahrgäste von sechs Bahnunternehmen wurden befragt
Die Arbeiterkammer fordert, dass die Westbahn ihre Tariferhöhungen zurücknimmt

Mir taugt das gar nicht. Da überlegt man es sich schon, ob man nicht wieder mit dem Auto fährt.“ Zaim Aziri ist gerade in St. Pölten aus einem Westbahnzug gestiegen. Er war mit dem Service zufrieden, aber die Ticketpreise schmecken ihm gar nicht. Auch Pendler Bernhard Wachtler ist alles andere als glücklich. „Ich besitze eine Vorteilscard, da fällt die Erhöhung nicht so auf. Aber wenn man alles zusammenrechnet, kommt schon etwas zusammen. Das finde ich, ehrlich gesagt, nicht so toll.“

So wie Wachtler geht es derzeit vielen Pendlern auf der Strecke von Wien nach St. Pölten. Schuld daran ist die Tariferhöhung der Westbahn bei Tages-, Wochen-, Monats- und Jahreskarten.

Wie berichtet, müssen Pendler rund um Wien seit dem 9. September vor 9 Uhr und in der Stoßzeit am Nachmittag bis zu drei Euro pro Fahrt mehr zahlen. Für Pendler, die täglich mit dem Zug fahren, bedeutet das Mehrkosten von 30 Euro (bei einer Wochenkarte) und knapp 800 Euro (bei einer Jahreskarte). Das stößt den Arbeiterkammern in Wien und Niederösterreich sauer auf. „Für Jahreskartenpendler nach St. Pölten bedeutet das eine Verdoppelung des Ticketpreises“, sagt der Wiener Arbeiterkammerpräsident Rudi Kaske. Deshalb fordert die Arbeiterkammer jetzt von der Westbahn, die Tariferhöhungen zurückzunehmen. Und sie empfiehlt, die Züge der ÖBB zu nehmen, solange die Tarife nicht verbilligt werden. Zum Vergleich: Ein Pendler, der mit einer Wochenkarte von Wien nach St. Pölten fährt (Kernzone plus fünf Außenzonen), zahlt mit einem Ticket des Verkehrsverbund Ostregion (VOR) 47 Euro. Bestreitet er denselben Weg mit der Westbahn, muss er 20 Euro mehr zahlen.

Keine Finanzspritze

Doch die Westbahn schiebt den Schwarzen Peter weiter. Die Tarife hätten erhöht werden müssen, weil das Verkehrsministerium die Westbahn – im Gegensatz zu den ÖBB – finanziell nicht unterstützt. „Der Antrag auf Leistungsbestellung wurde vom Ministerium abgelehnt. Würde die Westbahn aliquot, so wie die ÖBB, 600 Millionen Euro finanzielle Unterstützung pro Jahr erhalten, hätte die Westbahn keine Probleme gehabt, die Pendler weiter ohne Aufpreis zu befördern“, sagt eine Sprecherin des Konzerns. Sie verweist auf eine von der Westbahn in Auftrag gegebene Studie von Politikwissenschafter Peter Filzmaier. Dieser Studie zufolge (188 Befragte) sind 80 Prozent der Befragten dafür, dass die Westbahn dieselbe finanzielle Unterstützung vom Verkehrsministerium bekommen soll, wie die ÖBB. Die Pendler seien zwar „absolut nicht glücklich über die Preiserhöhung“, könnten diese aber nachvollziehen.

Im Verkehrsministerium weist man die Kritik der Westbahn zurück. Auf der Weststrecke von Wien nach Salzburg, die „eigenwirtschaftlich“ befahren wird, würden weder die ÖBB, noch die Westbahn finanzielle Unterstützung vom Bund bekommen. Laut Verkehrsministerium reichen die Ticketerlöse dort durchaus aus, um die Züge wirtschaftlich betreiben zu können: „Niemand hat die Westbahn dazu gezwungen, in den Wettbewerb einzusteigen. Die öffentliche Hand wird nicht in den Wettbewerb eingreifen“, heißt es aus dem Verkehrsministerium. „ÖBB und Westbahn werden von uns absolut gleich behandelt.“ Und die Leistungsbestellung von jährlich 600 Millionen Euro schieße der Bund den ÖBB ausschließlich für die Bestellung von Zugverbindungen von A nach B im Regional- und Nahverkehr zu.

Seit 9. September müssen Pendler in Zügen der Westbahn rund um Wien wochentags vor 9 Uhr und zur Stoßzeit am späten Nachmittag einen Aufpreis von zwei Euro pro Fahrt mit der Westbahn zahlen. Für eine Tages-, Monats-, Wochen- und Jahreskarte des Verkehrsverbund Ostregion (VOR) sind drei Euro mehr zu zahlen. Der Preis für Einzelfahrten bleibt gleich.

Viele Pendler können die Preiserhöhung nicht nachvollziehen (siehe Bericht oben). Laut einer Sprecherin der Westbahn habe man zwar seit der Tariferhöhung vor einem Monat Kunden verloren, aber nicht an die ÖBB. „Es ist vielmehr so, dass die Kunden eher noch auf das Auto umsteigen.“ Wie viele Kunden die Westbahn durch die Tariferhöhung verloren hat, könne man nicht sagen. Es seien jedenfalls auf der Langstrecke wieder Kunden dazugewonnen worden, so die Sprecherin.

Seit Dezember 2011 verkehrt die Westbahn von Wien nach Salzburg. Die anfangs recht niedrigen Ticketpreise mussten die Betreiber im September anheben. Nach wie vor fordert die Westbahn finanzielle Unterstützung von der öffentlichen Hand.

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