Viertel muss zusammenrücken

2030 werden rund 613.408 Menschen im Industrieviertel leben.
Zuzug bleibt hoch. Herausforderungen bei Wohnen, Infrastruktur, Integration.

Vom angesagten Wiener Umland über das pittoreske Baden und die ehemalige Industrie-Hochburg Wiener Neustadt bis zum waldreichen Süden: Der Name Industrieviertel beschreibt die Vielfalt der Region zwischen Wien und Wechsel nur unzureichend. Jüngst wurde sogar eine Umbenennung in "Thermenviertel" diskutiert.

Fest steht: Das Industrieviertel lockt weiterhin Zuzügler. Bis zum Jahr 2030 werden dort rund 613.408 Menschen leben – um knapp zehn Prozent mehr als heute. Damit verbunden: Chancen, aber auch Probleme.

Wohnen

Bis zu 20 Prozent mehr Einwohner stellt vor allem das Wiener Umland vor Herausforderungen was leistbaren Wohnraum betrifft. In Mödling etwa, wird der Zuzug bereits schwächer. 2030 müsse kompakter und dichter gebaut werden – mit Grünraum dazwischen, erklärt Stadt-Umland-Manager Andreas Hacker. "Das Einfamilienhaus wird sich fast keiner mehr leisten können." Auch die Kommunen werden die Aufschließungskosten nicht mehr tragen können.

Wohnen müsse im Zentrum und rund um Bahnhöfe konzentriert, in Städten höher gebaut werden. Kurze Wege, kaum Autos könnte das Motto sein. Generell müsse laut Hacker das Wohnen flexibler werden. "Es könnte etwa flexiblere Grundrisse geben, wo Räume leicht zusammengelegt und wieder getrennt werden können." Ein durchgängiger Siedlungsraum bis nach Wiener Neustadt sollte vermieden werden.

Viertel muss zusammenrücken

Bildung

Das Bildungsniveau steigt. Der Bezirk Bruck/Leitha, Wiener Neustadt und die Region Schwechat werden jünger. Allein in letzterer werden rund 12.400 Kinder unter 19 Jahren leben. Das fordert die Kommunen: Betreuungsplätze müssen massiv ausgebaut werden, sagt AK-Bildungsexperte Günter Kastner. Da gebe es in den stark wachsenden Bezirken Nachholbedarf. Auch neue Schulen wird es in den Zuzugsgemeinden geben müssen. Einen Platz in einem Mödlinger Gymnasium zu bekommen, ist bereits jetzt schwierig. Es fehlen 28 Klassen. Durch mangelnde AHS-Plätze könnte die Neue Mittelschule einen Aufschwung erleben. Eine gemeinsame Schule bis 14 Jahre wird laut Landesschulratspräsident Johann Heuras auch 2030 Zukunftsmusik sein.

Verkehr

"Wenn man die Klimaschutzziele ernst nimmt, muss man bei Mobilität und Bahn ansetzen", meint Hacker. Rund 500.000 Menschen pendeln laut VCÖ täglich nach Wien – 400.000 mit dem Auto. Ein Hotspot ist etwa der Bezirk Neunkirchen. Über 12.000 Menschen verlassen den Bezirk am Weg zur Arbeit, 4700 pendeln ein.

Sie werden auch vom Semmering-Basistunnel profitieren, der 2030 schon fünf Jahre im Betrieb sein soll. "Sinnvoll wäre es auch, die innere Aspangbahn besser zu nutzen", meint Hacker. Außerdem braucht es endlich Rad-Highways. Schon aus Kostengründen könne man nicht weiter auf Straßenbau setzen – kleinräumige Umfahrungen wie bei Achau und Zwölfaxing ausgenommen. Weitere ÖBB-Großprojekte: der zweigleisige Ausbau der Pottendorfer Linie und die Flughafenspange steht auf der ÖBB-Agenda. Das Land NÖ will bis 2025 rund 50.000 Park-&-Ride-Plätze errichten.

Migration

Der anhaltende Zuzug ins Industrieviertel kommt natürlich auch aus dem Ausland. Alleine in Wiener Neustadt werden 2030 rund 14.000 Menschen leben, die nicht in Österreich geboren wurden. Zum Teil sind es EU-Bürger, zum Teil Migranten aus Drittstaaten. Eine Herausforderung – die Stadt hat kürzlich mit Onur Yavuz einen eigenen Integrationsbeauftragten bestellt. Auch auf dem Arbeitsmarkt steigt die Konkurrenz.

"Das Wichtigste ist Bildung", erklärt Georg Grund-Groiss, AMS-Chef in Wiener Neustadt, "wir müssen so früh wie möglich damit beginnen." Wie wichtig das ist, zeigen auch die aktuellen Arbeitsmarktzahlen. 51 Prozent der Suchenden hatten maximal einen Pflichtschulabschluss, 40 Prozent hatten Migrationshintergrund. Ein Jobcenter für Migranten soll gegensteuern.

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