Vater erstochen: Sechs Monate bedingte Haft für 19-Jährigen

Außenansicht des Landesgerichts in Korneuburg.
Die Anklage lautete auf Körperverletzung mit tödlichem Ausgang. Der Verteidiger des Sohnes sprach von Notwehr.

Am Landesgericht Korneuburg wurde am Mittwoch ein Prozess um einen tödlichen Messerstich verhandelt. Der 19-jährige Angeklagte soll im August 2017 seinen Vater im Zuge eines Streits im Elternhaus in Bezirk Bruck a.d. Leitha erstochen haben. Die Staatsanwaltschaft warf dem Schüler Körperverletzung mit tödlichem Ausgang vor. Der Verteidiger sprach zu Beginn der Schöffenverhandlung von Notwehr.

"Es ist unstrittig, dass der Angeklagte seinen Vater erstochen hat", hielt der Staatsanwalt fest. Es gehe um die Frage der Notwehr. Der Vater soll seit Jahren aggressiv und gewalttätig gegenüber seiner Familie gewesen sein. Seine Frau soll er mehrfach verletzt haben.

Gereizt wegen Hitze

Zum tödlichen Messerstich war es am 4. August 2017 gekommen, als der damals 18-jährige Angeklagte gemeinsam mit seinem Bruder im Innenhof des landwirtschaftlichen Anwesens Holzbänke zusammengebaut hatte. Aufgrund der Hitze an diesem Tag soll der Vater besonders gereizt gewesen sein. Weil dem 59-Jährigen der Montageprozess offenbar zu lange dauerte, soll er seine Söhne beschimpft haben. Der 18-Jährige hatte sich das nicht gefallen lassen, was den Mann weiter in Rage brachte - er soll seinen Sohn getreten und von sich gestoßen haben. Der Schüler ging daraufhin in sein Zimmer, um der Situation zu entkommen. Der 59-Jährige folgte ihm.

Der Sohn nahm laut Anklagebehörde in seinem Zimmer ein Karambit-Messer in die rechte Hand. Sein Vater soll ihn weiter beleidigt und ihm mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben. Der 18-Jährige soll sich daraufhin in eine Verteidigungshaltung begeben und dem 59-Jährigen mit dem stark gebogenen Messer einen wuchtigen Stich ins Herz versetzt haben. Dabei wurden der dritte Rippenzwischenraum und die dritte Rippe durchtrennt sowie Herzbeutel und Hauptschlagader geöffnet. Das Opfer verließ mit den Worten "der Bua ist ein Trottel" das Zimmer und brach aufgrund des enormen Blutverlustes bewusstlos zusammen. Wiederbelebungsmaßnahmen blieben erfolglos.

Der Schüler ließ sich widerstandslos festnehmen. Er wurde aufgrund der Tatrekonstruktion vergangenen September aus der Untersuchungshaft entlassen.

Messerstich nach Faustschlag

"Eine Notwehrsituation hat es gegeben, aber das Mittel war nicht gerechtfertigt", sagte der Staatsanwalt. Der Faustschlag des Vaters habe nur eine Rötung bewirkt, der darauf folgende Messerstich durch den Sohn sei "absolut unverhältnismäßig" gewesen.

Rechtsanwalt Martin Preslmayr zeigte sich hingegen überzeugt, dass es eine Notwehrhandlung gewesen sei. Er sagte, die Familie habe in einer "unerträglichen Gewaltsituation seitens des Vaters" gelebt: "Angst war dort allgegenwärtig". Die Familienmitglieder hätten um ihr Leben und das der Mutter gefürchtet. Sein Mandant sei nach der Auseinandersetzung im Innenhof in sein Zimmer gelaufen und habe gehofft, dass ihm sein Vater nicht folge. Dann sei es zum ersten Faustschlag gekommen, "das heißt aber nicht, dass es der letzte sein muss", so der Verteidiger.

"Mein Mandant hat geglaubt, er ist in Lebensgefahr. Ob er es war, das kann heute niemand sagen", sagte Preslmayr. Das Messer sei im Zimmer gelegen, der Stich durch den Sohn "war keine Absicht", er "wollte ihn nicht verletzen, er wollte selbst überleben". Für einen "wuchtigen Stich" gebe es keinen Anhaltspunkt. Der Rechtsanwalt forderte einen Freispruch.

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