Vater erstochen: Keine Haft für Sohn

Johannes S., Anwalt Martin Preslmayr, Prozess Korbeuburg, Vater erstochen, Ebergassing
Gericht sah bei Bluttat Notwehr.  Johannes S. erhält sechs Monate bedingt wegen fahrlässiger Tötung

Was Johannes S. gefühlt habe, als ihm sein Vater an jenem 4. August 2017 nach einem gewalttätigen Streit in sein Zimmer gefolgt ist, will der Richter wissen. "Ich habe mich gefühlt, als würde er mich umbringen. Als würde es keinen morgigen Tag geben", erklärt der 19-Jährige. Der HTL-Schüler aus Ebergassing (Bezirk Bruck/Leitha) stand Mittwoch am Landesgericht Korneuburg wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang vor Gericht. Der damals 18-Jährige soll seinen Vater im Zuge eines Streits in seinem Zimmer des Elternhauses mit einem Karambit-Messer mit neun Zentimeter langer Klinge erstochen haben.

Sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidiger Martin Preslmayr waren sich einig, dass Johannes S. nicht vorhatte, seinen Vater zu töten. "Ich muss sagen, eine Notwehrsituation hat es gegeben", erklärte der Staatsanwalt. "Aber das Mittel war nicht das richtige." Verteidiger Preslmayr forderte hingegen einen Freispruch.

Seinen Vater bezeichnete Johannes S. als "Tyrann", er habe ihn und auch seinen Bruder beschimpft und getreten. Wie sein Leben vor dem 4. August war, wollte der Richter wissen. "Es war immer ein Druck in der Luft." Seine Mutter sei immer wieder geschlagen worden. Ob er auch gesehen habe, dass der Vater Familienmitglieder misshandelt habe? "Ja." Die Mutter berichtete im Zeugenstand von jahrelangem Psychoterror. Einmal habe er sie gegen den Kamin gestoßen, sie trug eine blutende Kopfwunde davon, auch angespuckt habe er sie. Die Schwester berichtet davon, dass sie einmal aus Angst die Messer versteckt hatte.

Am 4. August war es sehr heiß, der Vater aggressiver als sonst. Johannes und sein jüngerer Bruder mussten Holzbänke zusammenbauen. Das ging dem Vater nicht schnell genug. Johannes und der 59-Jährige gerieten in Streit, der gewalttätig wurde. Dann sei Johannes in sein Zimmer gelaufen, der Vater hinterher. Beim Schreibtisch habe er seinem Sohn einen Faustschlag versetzt. Die Frage, warum Johannes gezielt nach dem am Tisch liegenden Messer gegriffen habe, war für den Richter zentral. Vielleicht sei es im Zimmer einfach dagelegen, meinte der Angeklagte.

Mittel der Wahl

Warum er nicht zu den Softgun-Gewehren am Sofa gegriffen habe? Er hätte sich auch mit so einem dieser "Schießprügel" verteidigen können, wird der Angeklagte gefragt. "Ich habe keine Zeit gehabt zu überlegen", sagte Johannes S. Während der Richter überzeugt war, dass der Bursche das Messer zur Verteidigung gekauft habe, sagte S., es habe ihm einfach gut gefallen. Der Gerichtsgutachter sprach von einer aktiven, durchaus heftigen Stichführung. Eine Rippe wurde durchtrennt und das Herz getroffen. Der Vater brach im Hof zusammen.

Das Urteil, sechs Monate bedingt wegen fahrlässiger Tötung, ist rechtskräftig. "Das ist sensationell", sagt Verteidiger Preslmayr. "Johannes muss keinen einzigen Tag ins Gefängnis. Er ist überglücklich." Auch im Strafregister scheine die Verurteilung nicht auf. Die Notwehr sei vom Gericht gesehen worden, nur das Messer sei nicht das richtige Mittel gewesen.

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