Slowaken planen grenznahes Atommüll-Zwischenlager

Slowaken planen grenznahes Atommüll-Zwischenlager
Schon 2013 soll der Baustart erfolgen. Während die Politik beruhigt, fürchten österreichische Bürger um ihre Sicherheit.

Von der österreichischen Staatsgrenze wäre es nur 60 Kilometer Luftlinie entfernt, von Wien knapp 130 Kilometer. Ein von der Slowakei geplantes Zwischenlager für radioaktive Stoffe direkt neben dem Atomkraftwerk Bohunice erregt die Gemüter unter heimischen Bürgern und regionalen Politikern.

Konkret geht es um ein so genanntes Integrallager für schwach- bis mittelaktive feste Abfallstoffe, das ab März 2013 gebaut werden soll. Als Fertigstellungstermin wird 2015 angegeben. So sehen es zumindest dem KURIER vorliegende Absichtserklärungen vor. In einer bereits gestarteten Umweltverträglichkeitsprüfung besitzt die Republik Österreich Parteienstellung.

Peter Allen, Leiter der Umwelttechnik im Land NÖ, ist gleichzeitig Anti-Atomkraft-Beauftragter. „Faktum ist“, betont er, „dass der Bau eines Zwischenlagers sogar eine Forderung Österreichs beim EU-Beitritt der Slowakei war“. Gebrauchte Brennstäbe des direkt angrenzenden AKWs sollen dort vorläufig in Behältern verwahrt werden. Dass der Begriff vorläufig im konkreten Fall bis zu 70 Jahre bedeutet, sehen die Bürger im Bezirk Bruck/Leitha höchst kritisch. „Vor einem Jahr hat die ganze Welt nach Fukushima geschaut. Dort ist für Jahrzehnte alles verstrahlt. Und uns wollen sie einen weiteren Risikobau vor die Türe setzen? Die Leidtragenden werden unsere Kinder sein“, sagt Ilse Müller aus Bruck.

Bei der Umweltorganisation Global 2000 hegt man ebenfalls Befürchtungen. Vor allem, was die tatsächliche Nutzungsdauer betrifft. Nach Fukushima hätte sich das Endlager-Suchprogramm in vielen Ländern um Jahre oder Jahrzehnte verschoben, heißt es. „Der Protest wäre einfach zu groß.“ So könnte aus dem Zwischenlager über die Hintertür doch noch ein Endlager entstehen. Gefahr drohe weiters durch Grundwasserverunreinigungen. Das Wasser gelange durch die geringe Distanz unterirdisch leicht nach Österreich.

Friedhof

„Problematisch sieht die Lage in Tschechien aus“, räumt Allen ein. Händeringend sucht die dortige Politik nach einer geeigneten Endlagerstätte für stark strahlenden Atommüll. Vier Standorte befinden sich nahe der Grenze, österreichischen Protest gibt es auf allen Ebenen.

Hatte die tschechische Behörde für Nuklear-Abfallentsorgung (SURAO) angekündigt, bis 2015 entscheiden zu wollen, wo die radioaktiven verbrauchten Brennstäbe aus den Meilern Temelin und Dukovany in Hinkunft endgelagert werden, setzt sie nun aber offenbar – auch wegen des anhaltend großen Widerstandes – auf Zeitgewinn. Für den nur 30 Kilometer von Niederösterreichs Nordgrenze entfernten Standort Dukovany hätte das freilich die Konsequenz, dass das dortige Kraftwerks­areal, wo zur Zeit der gesamte tschechische Atommüll lagert, für viele Jahre als Deponie herhalten muss. Landesrat Stephan Pernkopf (ÖVP) betonte bereits 2011, „dass Niederösterreich alle rechtlichen Möglichkeiten gegen ein grenznahes Endlager ausschöpfen wird“.

Schutzräume: Die vergessene Zuflucht

Einen echten Boom beim Bau von Schutzräumen gab es in Österreich in den 60er- und 70er-Jahren. Der Kalte Krieg war Motivation genug. Damals wurde die Einrichtung privater Bunker gefördert, die Errichtung öffentlicher zügig voran getrieben. Wie viele Schutzräume in Österreich heute existieren, weiß niemand so genau. In den Gebäuden der Bundesimmobiliengesellschaft weiß man von fast 300. Die wenigsten davon sind allerdings für den Ernstfall bereit. Deshalb überlegt man auch, sie anderweitig zu nutzen.

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