Semmering-Crash: Lokführer war zuvor 12,5 Stunden im Dienst

Bergung im Tunnel
Haarsträubende Details: Polizei erfuhr via Ö3-Verkehrsfunk vom Crash im Tunnel.

Der Zugzusammenstoß in einem Tunnel am Semmering, der vier Millionen Euro Schaden verursacht hat, wird Folgen haben. Demnächst muss sich der Lokführer wegen schwerer fahrlässiger Körperverletzung am Landesgericht Wiener Neustadt verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, die Bremsen des Zuges zu früh gelöst zu haben. Außerdem kommen immer mehr haarsträubende Details zum Vorschein, die auf ein Systemversagen hindeuten.

Der Vorfall hatte sich am 1. Dezember 2015 im Polleroswandtunnel ereignet. Der 30-jährige Lokführer musste wegen eines defekten Zuges vor ihm seine Garnitur mit 21 Waggons auf der Strecke anhalten. Es wurde entschieden, den 588 Meter langen Zug mit einem Triebfahrzeug in den nächsten Bahnhof zurück zu schleppen. Das 1188 Tonnen schwere Gespann geriet jedoch bergab ins Rollen.

Semmering-Crash: Lokführer war zuvor 12,5 Stunden im Dienst
Aus den Auswertungen geht hervor, dass zunächst die "indirekte Bremse" (Druckluftbremse) und fünf Minuten später auch die "direkte Bremse" gelöst wurde. Die 21 Waggons krachten nach über einem Kilometer Fahrt mit 60 km/h mit der entgegenkommenden Lok zusammen. Die Waggons verkeilten sich kreuz und quer im Tunnel. Dies geht aus dem Zwischenbericht der Untersuchungsstelle des Verkehrsministeriums hervor, der wenige Stunden nach einem entsprechenden KURIER-Bericht schließlich mit Verspätung doch noch veröffentlicht wurde.

Dienstbeginn 20 Uhr

Demnach war der Lokführer bereits seit 20 Uhr des Vorabends im Dienst. Da sich der Unfall um 8.33 Uhr ereignete, war der 30-Jährige zuvor mehr als zwölfeinhalb Stunden eingesetzt. Unklar war vorerst, ob und in welcher Form der Mann Ruhezeiten gehabt hat – die ÖBB wollen dazu erst am Montag Stellung nehmen. Laut dem Ministeriumsbericht war der Lokführer offenbar sieben der 12,5 Stunden unterwegs gewesen – dies ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, da den Beamten offenbar bei der Arbeitszeit ein kleiner Rechenfehler unterlaufen ist.

Den Vorfall wurde kleingehalten. Die zuständige Polizei in Neunkirchen erfuhr nicht von den ÖBB, sondern aus dem Ö3-Verkehrsfunk von dem Unglück. Deshalb wurde eine Streife zum Bahnhof Breitenstein geschickt, um Ermittlungen zu beginnen. Obwohl der Lokführer des Triebwagens schwer verletzt war (Bruch des Brustbeins), wurde keine Rettung gerufen und der Mann von einem Kollegen ins Spital gebracht.

Semmering-Crash: Lokführer war zuvor 12,5 Stunden im Dienst
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Öffentlich wurde lediglich von der Entgleisung "einiger Waggons" gesprochen. Wenig später kursierten jedoch bereits erste Fotos aus dem Tunnel, die das wahre Ausmaß zeigten. Zumindest hier wurde rasch gehandelt und das undichte Leck gefunden – ein ÖBB-Mann soll deshalb dienstrechtliche Konsequenzen erhalten haben, wird von Insidern berichtet.

Einen Endbericht zu dem Unglück wird es erst in einigen Monaten geben.

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