Das Schweigen wird gebrochen

Multiversum Schwechat: Safe wurde gestohlen
Nach dem Auffliegen des Multiversum-Skandals meldet sich ein Beschuldigter zu Wort.

Für helle Aufregung sorgte das KURIER-Interview mit Tischtennis-Ass Werner Schlager, der auch Chef der nach ihm benannten Academy (WSA) ist, in der Montag-Ausgabe. Nun meldet sich mit Ex-Stadtamtsdirektor-Stellvertreter Franz Kucharowits eine jener Personen zu Wort, die als Hauptbeschuldigte bei den Ermittlungen des Bundesamts zur Korruptionsbekämpfung gelten. Er weist sämtliche Anschuldigungen von sich (siehe Hintergrund).

"Es bietet sich aufgrund der Vorgangsweise manch handelnder Personen der Eindruck, dass diese sich ’abputzen’ möchten", schreibt er in einer Stellungnahme.

Vorgeworfen wird ihm so einiges. So soll Kucharowits mehrmals seine Kompetenzen überschritten haben. Und: Es wird gemunkelt, er habe sich durch Bau und Betrieb des Veranstaltungszentrums bereichert. Das weist Kucharowits entschieden zurück. "Ich gebe zu bedenken, dass das Projekt über ein Leasingkonstrukt errichtet und nach Fertigstellung von der Errichtungs- an die Betreibergesellschaft übergeben worden ist. Die Kostenkontrolle erfolgte durch extern beauftragte Unternehmen und nicht durch die damalige Geschäftsführung." Zudem will er, anders als im Rechnungshof-Rohbericht kritisiert, keine Zuschüsse an die Halle ohne Befassung des Gemeinderats in die Wege geleitet haben. Diese seien budgetiert und vorschriftsgemäß geleistet worden.

Eine Unvereinbarkeit zwischen seiner Position als Stadtamtsdirektor-Stellvertreter und Geschäftsführer des Multiversums habe bis zuletzt niemand gesehen. Kucharowits: "Fakt ist, dass es nicht mein Wunsch war, die Geschäftsführung zu übernehmen. Ich habe diese Aufgabe über ausdrückliches Ersuchen und Drängen des Bürgermeister Fazekas (und anderer Gesellschaftervertreter) übernommen, mit dem ich eng zusammengearbeitet und alles abgestimmt habe." Die Explosion der Baukosten sei auf große Umplanungen des Gesamtprojekts zurückzuführen – inklusive Bau eines Supermarktes sowie Erhöhung der Nutzfläche.

Kredit-Karussell

Wie berichtet, sind die ersten Ungereimtheiten 2012 aufgeflogen, als ans Licht kam, dass der ehemalige Spitzenbeamte in seiner damaligen Funktion als Multiversum-Chef Ex-City-Manager Manfred Merten ein Darlehen in der Höhe von 900.000 Euro gewährt hatte. Ein Teil der Summe seien Forderungen wegen nicht erbrachter Leistungen gewesen. Kucharowits fühlt sich hier als Opfer. "Dieses Darlehen sollte ausschließlich als Überbrückung des finanziellen Engpasses der Unternehmen des City Managers dienen", erklärt er. Eine rasche Rückzahlung sei zugesichert worden. Die Zahlungen seien zudem in den Bilanzen enthalten und den Gesellschaftern "nicht unbekannt".

Merten hätte sich jedoch nicht an vereinbarte Rückzahlungen gehalten, "sodass mir immer mehr bewusst wurde, Opfer eines betrügerischen Vorgehens geworden zu sein." Er selbst, Kucharowits, habe jedenfalls den Schaden in Raten bezahlt. Merten weist die Unterstellung, in betrügerischer Absicht gehandelt zu haben, vehement zurück und will sich rechtliche Schritte wegen der Vorwürfe vorbehalten.

KURIER: Ihnen werden mehrere Kompetenzübertretungen sowie strafrechtlich relevante Tatbestände vorgeworfen. So sollen Sie eigenmächtig ohne Information an den Gemeinderat die Auszahlung von Geldern veranlasst haben - etwa an den Pächter des Restaurant Felmayer-Garten. Auch sollen Sie mehrfach die Unterschrift des Bürgermeisters gefälscht haben – etwa beim Wohnprojekt Trappenweg oder bei einer Garantieerklärung für einen Mobilienleasingvertrag des Multiversum. Was sagen Sie dazu? Warum haben Sie diese Schritte gesetzt?

Kucharowits: Zum Felmayer-Garten: In dieser Sache wurde aufgrund des Fraktionsbeschlusses der SPÖ-Stadträte im Beisein des Bürgermeisters Fazekas am 22.12.2011 (dies bestätigten mir der damalige Vizebürgermeister Frauenberger, der ehemalige Stadtrat Howorka, Stadtrat Ottahal und der ehemalige Stadtrat und heutige Vizebürgermeister Semtner) die Auszahlung einer Investitionsablöse festgelegt, um die rasche Weiterverpachtung an den heutigen Pächter (expliziter Wunsch von Fazekas) vornehmen zu können. Die entsprechende Anordnung über diese wurde vom Vizebürgermeister wegen damaliger Abwesenheit des Bürgermeisters unterfertigt und an die Abteilung 1 im Rathaus zur Auszahlung übergeben. Dieser Vorgang diente der Vermeidung einer Problematik, wie sie 2003 mit dem damaligen Pächter Götterer auftrat und sollte keinesfalls eine Wiederholung finden.

Zum Trappenweg: Zur Patronatserklärung ist festzuhalten, dass diese von der Bank für Tirol und Vorarlberg angeregt wurde, um Zeit für eine Umsetzung des Projektes zu gewinnen. Die Unterschrift des Bürgermeisters wurde durch einen in der Stadtamtsdirektion aufliegenden vorgefertigten Stempel – für dessen Verwendung es keinerlei Richtlinien gibt – auf das per Email übermittelte Dokument gestempelt, das Dokument eingescannt und per Mail an die BTV übermittelt. Dieses Dokument wurde von der BTV bereits im Sommer 2012 wieder an die Stadtgemeinde Schwechat retourniert und bis dato erfolgten dahingehend keine weiteren Schritte.

Zum Mobilienleasingvertrag: Das ist mir nicht bekannt.

In Ihrer damaligen Funktion als Geschäftsführer des Multiversum sollen Sie eine Überweisung an das Unternehmen des Ex-City-Managers Manfred Merten in der Höhe von rund 900.000 Euro veranlasst haben. Ein Teil davon offenbar als Vorschuss für ein Entwicklungskonzept, das dann in ein Darlehen umgewandelt wurde das mehrmals aufgestockt wurde. Wofür war das Geld? Warum wurden diese Zahlungen überhaupt geleistet? Gab es eine vollständige Rückzahlung?

Dieses Darlehen sollte ausschließlich als Überbrückung des finanziellen Engpasses der Unternehmen des Manfred Merten dienen und wurde ihm deshalb gewährt, da dieser eine rasche Rückzahlung und seine volle Zahlungsfähigkeit und –willigkeit zusicherte. Merten galt damals als dem Bürgermeister nahestehend und als City-Manager war er für Schwechat ein wichtiger Player.

Die Zahlungen an Merten sind übrigens in den jeweiligen Bilanzen enthalten und den Gesellschaftern aufgrund vorliegender Umlaufbeschlüsse auch nicht unbekannt - auch wenn sich diese nunmehr nicht mehr daran erinnern möchten.

Merten hielt sich jedoch nicht an die vereinbarten Rückzahlungen, sodass mir immer mehr bewusst wurde, Opfer eines betrügerischen Vorgehens geworden zu sein.

Ich habe daher hinsichtlich meiner zivilrechtlichen Haftung aus den Betrugshandlungen des Merten die Konsequenzen gezogen und mit dem Multiversum am 29.06.2012 eine Zahlungsvereinbarung getroffen, wonach bis zum 31.12.2012 der Schaden in Raten zu bezahlen war. Diese Ratenzahlungen habe ich fristgerecht eingehalten.

Kritiker monieren, Sie könnten sich bei Errichtung und Betrieb des Multiversum persönlich bereichert haben. So wurde Ihnen offenbar in manchen Kreisen der uncharmante Beiname „Mister 15 Prozent“ verpasst. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Ich weise derartige Unterstellungen entschieden zurück. Ich gebe zu bedenken, dass das Projekt Multiversum über ein Leasingkonstrukt errichtet und nach Fertigstellung von der Errichtungs- an die Betreibergesellschaft übergeben worden ist. Die Kostenkontrolle erfolgte jedenfalls durch extern beauftragte Unternehmen und nicht durch die damalige Geschäftsführung.

Warum handelten Sie vielfach ohne Befassung der Gesellschafter oder des Gemeinderats? So sollen Sie in Ihrer Funktion als Stadtamtsdirektor-Stv. Zuschüsse an des Multiversum ohne Gemeinderatsbeschluss geleistet haben, zu einem Zeitpunkt als Sie selbst Geschäftsführer des Multiversum waren. Ist das vereinbar?

Diesen Vorwurf weise ich auf das Schärfste zurück.

Fakt ist, dass es nicht mein Wunsch war, die Geschäftsführung des Multiversums zu übernehmen. Ich habe diese Aufgabe über ausdrückliches Ersuchen und Drängen des Bürgermeister Fazekas (und auch anderer Gesellschaftervertreter) übernommen, mit dem ich in allen Angelegenheiten eng zusammengearbeitet und alles abgestimmt habe. Auch ist die Idee nicht auf meinem "Mist" gewachsen.

Bis zuletzt hat niemand darin eine Unvereinbarkeit gesehen. Auch die seinerzeitigen Zahlungen an das Multiversum sind gänzlich unbedenklich, da für sämtliche Beteiligte aller Fraktionen immer klar war, dass die Gesellschafter zu Zuschüssen verpflichtet sind. Diese waren auch budgetiert und wurden den Vorschriften entsprechend geleistet, sodass zum damaligen Zeitpunkt auch die internen Prüfungen im Rathaus vor Auszahlung keine Beanstandungen ergeben haben.

Die Baukosten des Multiversum sind explodiert, der Finanzbedarf hat sich ständig erhöht. Warum? Und war Ihnen klar, dass das Projekt wirtschaftlich riskant ist?

Bis zur Inbetriebnahme der Veranstaltungshalle am 11.1.2011 gab es zwei große Umplanungen des Gesamtprojektes, die neben der Errichtung des Supermarktes auch eine wesentliche Erhöhung der Nutzfläche beinhalteten. Die behördlichen Auflagen sowie Wünsche der Gesellschafter sollten ebenfalls nicht unerwähnt bleiben.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass das Multiversum Schwechat vor allem im Interesse von allgemeinen, kommunalpolitischen Aufgaben gegründet wurde. Es war daher von Anfang an klar, dass Subventionen erforderlich sein werden und die Erzielung eines Geschäftserfolgs nicht im Vordergrund stand.

Die Kontrolle der Baukosten wurde - wie schon oben erwähnt - durch externe Unternehmen durchgeführt.

Sie sollen sich selbst als inoffizieller Bürgermeister gesehen haben. Was sagen Sie zu diesen Vorwürfen?

Das fußt auf wahnwitzigen Behauptungen und kann ich nur als vollkommen lächerlich bezeichnen. Meine politischen Aktivitäten habe ich bereits im Jahr 2005 eingestellt und mich voll auf meine Aufgaben in der Stadt konzentriert. Hier gab es immer eine sehr enge Abstimmung mit dem Bürgermeister und auch dem Stadtamtsdirektor, der als oberster Beamter in jede Entscheidung eingebunden war.

Die Vorwürfe von Werner Schlager gegenüber SVS-Obmann Karl Hanzl und das Ex-Management des Multiversum sorgen bei den Betroffenen für Entrüstung. Sie wehren sich nun. Mit den Engagement Werner Schlagers als WSA-Geschäftsführer sei dieser als Topspieler, etwa aufgrund zahlreicher Dienstreisen, nicht mehr verfügbar gewesen, entgegnet Hanzl. "Wir konnten einfach nicht abschätzen, was ein multitätiger Schlager noch für eine Spielertätigkeit bringt." Ende 2010 wäre daher zwischen Schlager und Multiversum vereinbart worden, eine Bewertung seiner Spielertätigkeit vorzunehmen. Das hätte Schlager jedoch nicht gegengezeichnet und habe daher nie umgesetzt werden können.

Ex-Geschäftsführer Franz Kucharowits weist zurück, dass es Ziel des Multiversum gewesen sei, die WSA zu übernehmen. Auch hätte es sehr wohl Infos an die Akademie gegeben. "Die waren vom Bau weg bei jeder Besprechung dabei." Das Multiversum hätte die WSA mit 800.000 Euro unterstützt, diese hätte bis dato aber keinen Cent bezahlt. "Sich jetzt als Opfer darzustellen, ist weit hergeholt." Zudem hätte es dank der WSA zwar 10,6 Millionen Euro an Förderungen gegeben, alleine die WSA-Halle hätte jedoch zwölf Millionen gekostet.

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