Schlepper-Prozess: Kein Ende in Sicht

Unter den Angeklagten befinden sich vier ehemalige Flüchtlinge aus dem Wiener Servitenkloster.
Erneut sind Angeklagte nicht erschienen. Nächster Termin am 22. Juli.

Der Wiener Neustädter Schlepper-Prozess gegen acht zentralasiatische Asylwerber ist am Donnerstag - einmal mehr - verspätet und äußerst schleppend voran gegangen. Fest steht: Das Verfahren wird nicht - wie vorgesehen - Ende Juni zu Ende geführt. Richterin Petra Harbich setzte einen weiteren Termin am 22. Juli fest, folgende Prozesstermine im September sind nicht ausgeschlossen.

Richterin: "Disziplinlosigkeit"

Ein Angeklagter ließ sich entschuldigen, ein zweiter rief eineinhalb Stunden nach Verhandlungsbeginn via Handy einen Mitangeklagten an und sprach von Bauchschmerzen. Harbich ließ ihn über eine Wiener Polizeiinspektion ausforschen. Der Mann muss nun eine ärztliche Bestätigung über die von ihm behauptete Krankheit nachbringen. Die Richterin nannte es "Disziplinlosigkeit", dass die Beschuldigten, darunter ehemalige Servitenkloster-Flüchtlinge, denen Schlepperei von Landsleuten im Rahmen einer kriminellen Vereinigung vorgeworfen wird, offensichtlich die Verhandlungstermine immer wieder kurzfristig "schwänzen".

Im Zeugenstand am Donnerstag war der operative Leiter der "Soko Schlepperei-Süd" beim Landeskriminalamt Eisenstadt. Der Chefinspektor koordinierte die Ermittlungen in der angeklagten Causa. Der leitende Polizist wurde akribisch zum technischen und faktischen Ablauf der Telefonüberwachungen und deren Übersetzungen befragt. Im Laufe des Prozesses waren ja Zweifel an der Stichhaltigkeit der Anklage aufgetaucht, die zum größten Teil auf Telefonmitschnitten basiert

Dolmetscher- Diskrepanz

Der Chefinspektor erklärte, dass man die verwendeten Dolmetscher vor den Übersetzungen in Vorbesprechungen rechtlich und praktisch unterwiesen habe. Angesprochen auf die Diskrepanz zwischen den übersetzten und in den abgehörten Telefonaten tatsächlich verwendeten Wörtern - u.a. wurden aus "Leuten" "Schleppungswillige" - sagte der Polizist: "Man muss sich auf einen Dolmetscher verlassen können. Wenn der Dolmetscher sagt, es gibt keine wörtliche Übersetzung, dann wurde das besprochen und so ausgemacht." Jedenfalls habe es vonseiten der Polizei die Anweisung an die Dolmetscher gegeben, alles strafrechtlich Relevante wortwörtlich zu übersetzen

Zuvor waren noch zwei Revierinspektoren kurz befragt worden. Sie gaben über eine Fremdenkontrolle 2013 am Bahnhof Wien-Meidling Auskunft, bei der auch einer der Angeklagten festgenommen worden war.

Der Prozess wird kommenden Montag fortgesetzt. Die Verteidiger sollen nächste Woche ihre Anträge einbringen, danach wird entschieden, ob auch im September verhandelt werden wird.

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