Rehkitz "Lilli" wird mit Flascherl großgezogen

Die kleine Lillifee ist eine Herzensbrecherin. Mit ihren großen Knopfaugen stakst sie auf Karl Koran zu. "Lilli", ruft der. "Komm her, komm!". Lilli hat Hunger. Sie läuft ihrem Ersatzpapa nach bis sich der endlich in die Wiese setzt und das Flascherl zückt. Rehkitz Lilli ist noch keine zwei Wochen alt. Die Prinzessin muss alle drei bis vier Stunden mit angerührter Schafmilch gefüttert werden. Auch nachts. Erst mit der Pipette, jetzt schon mit dem Babyflascherl.
Erfahrung
Doch Karl Koran aus Alberndorf im Weinviertel macht das nichts. Es ist nicht das erste Tierkind, das der Jäger bei sich aufzieht. Vor mehr als zwei Jahren waren es sieben Frischlinge, die er groß zog. Die Bache war damals angefahren worden. Die Frischlinge wären allein verendet. Heute leben die Wildschweine im Tierpark Ernstbrunn.
"Die Lilli ist in Unterretzbach gefunden worden. Jemand hat sie vor ein Haustor gelegt, zwei Arbeiter haben sie gefunden", erzählt Koran. Zu dem Zeitpunkt war das Rehkitz erst zwei, drei Tage alt. Und in Unterretzbach erinnerte man sich an den Jäger mit dem Herz für Tiere.
"Da draußen ist eine Überraschung", sagte er seiner Frau nur. Die antwortete: "Den Urlaub können wir streichen." "Dann nehm ich’s eben mit", lacht Koran.
Lilli ist bereits über den Berg. Das Rehkitz ist gesund und hat schon ordentlich zugenommen. "Sie war auffallend zart, wie sie zu uns gekommen ist", erinnert sich der Alberndorfer. "Vielleicht war sie das dritte Kitz aus einem Wurf." Wer Lilli vor das Haustor in Unterretzbach gebracht hat, ist unbekannt. "Aber sobald ein Mensch das Kitz angegriffen hat, nimmt es das Reh nicht mehr", weiß der Jäger.
Jetzt ist Koran der neue Papa. Und Lilli folgt aufs Wort, läuft ihm auf Schritt und Tritt nach. Bleiben wird sie, so lange sie will. "Wenn sie groß genug ist, wird sie gehen. Wann das ist, bestimmt sie selbst." Doch das dürfte noch dauern. In der Natur sind Rehkitze zumindest ein Jahr bei der Mutter.
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