Räuber wollen in die Schule
Es ist ihnen erst jetzt in der Haft klar geworden, was sie angestellt haben. Die Tat an sich ist nicht zu entschuldigen und für die Opfer war das sicher ein traumatisches Erlebnis“, berichtet Christian Reiter. „Aber der in reißerischen Berichten erzeugte Eindruck von gewaltbereiten Ausländern, die ohne Rücksicht auf Verluste vorgehen, hat sich für mich nicht bestätigt.“
Der Anwalt (Kanzlei TWS St. Pölten) vertritt zwei der drei Tatverdächtigen vom spektakulären Raubüberfall am 23. Februar auf das Juweliergeschäft Hasenzagl/ Wohlmuth in St. Pölten.
Alban V., 16, ein eingebürgerter Albaner und der 19-jährige Mazedonier Senol G. kennen sich aus einem Selbstverteidigungskurs im Fitnesscenter. Der Jüngere hätte „aus falsch verstandenem Ehrgeiz mitgemacht“, als ihr bereits wegen Eigentumsdelikten vorbestrafter tschetschenischer Freund Sabur A. den Tatplan entwickelte. Und der Ältere sei davon ausgegangen, „dass die beiden ohnehin vorm Geschäft der Mut verlässt“, weiß Reiter nach mehreren Gesprächen mit den U-Häftlingen in der Justizanstalt. „Die haben sich ja nicht einmal Gedanken gemacht, was man erbeuten könnte.“
„In dieser Sache kann nur eines helfen: Alle Karten auf den Tisch legen“, sagt der Anwalt. Bei einer Strafdrohung von 5 bis 15 Jahren bzw. bis 7,5 Jahre beim 16-Jährigen sei ein Hafturteil unvermeidlich. Aber: „Beide haben mir gesagt, sie wollen die Handelsschule fertig machen. Vielleicht gelingt uns ein Haftausgang für die Unterrichtszeit.“
Bei einer Haftverhandlung in der Vorwoche wurde die U-Haft über die Beschuldigten verlängert. Die Raubgruppe des Landeskriminalamts hat ihren Abschlussbericht der Staatsanwaltschaft übergeben und dort rechnet man mit einem Prozess noch vor dem Sommer. Chefankläger Peter Ficenc: „Das wird sicher nicht lang dauern.“
Keine Forderung
Überraschend ist von einer Geiselnahme in der umfangreichen Anzeige nicht die Rede. Grund: Es wurden keine Forderungen im Gegenzug für die Überfallenen (Fluchtauto, Lösegeld) gestellt. Angelastet werden dem Trio schwerer Raub, Freiheitsentziehung, Nötigung und Bildung eines verbrecherischen Komplotts. Im Beutesack, den die Räuber bereitgelegt hatten, waren Uhren und Schmuck im Wert von 50.000 Euro. „Sogar Reparaturware war dabei“ weiß ein Ermittler.
Noch bevor Anwalt Reiter ins Spiel kam, hatten sich die befreundeten Eltern seiner Mandanten bei Juwelier Sepp Wohlmuth entschuldigt. Er habe die Geste höflich akzeptiert, berichtet der 69-Jährige. Aber: „Abschütteln kann man das nicht so einfach.“
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