Polizei bald zu alt für den Einsatz auf der Straße

Polizei bald zu alt für den Einsatz auf der Straße
10.000 sind über 50 Jahre alt. Junge Bewerber wollen nicht Zielscheibe sein und drängen in den Innendienst.

13.500 der knapp 29.000 Beamten haben das 45. Lebensjahr bereits hinter sich. Die Polizei in Österreich ist deutlich zu alt, hat zu viele Teilzeitbeschäftigte und daher auch ein massives Personalproblem, was den Dienst auf der Straße betrifft. So analysiert die Exekutivgewerkschaft die neuesten Zahlen zum Personalstand der Polizei. Im Innenministerium weiß man um die personellen Engpässe Bescheid. Um in Zeiten von Flüchtlingsströmen, Kriminalitätstourismus und akuter Terrorgefahr kein eklatantes Sicherheitsproblem zu bekommen, hat man seit dem Vorjahr eine Joboffensive am Laufen. 2016 und heuer werden zusammen mehr als 3200 Beamte aufgenommen.

Dabei ist es alles andere als leicht, geeignete Kandidaten für den Job in Uniform und mit Dienstwaffe zu finden. Ähnlich wie bei den Aufnahmeprüfungen für den Justizwachedienst, gibt es auch eine hohe Ausfallquote bei der Polizei. Knapp die Hälfte aller Interessenten scheitert am Aufnahmeverfahren. „Im Schnitt kommen derzeit sechs Bewerber auf eine freie Stelle. Bei den als geeignet Getesteten zählt das Punkteergebnis für die Reihung“, erklärt der Sprecher des Innenministeriums, Karl-Heinz Grundböck.

Polizei bald zu alt für den Einsatz auf der Straße
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Wenn man den Soll- mit dem Ist-Stand vergleicht, fehlen österreichweit derzeit fast 1900 Polizeibeamte – beispielsweise 411 in der Steiermark, 335 in Oberösterreich, 247 in Tirol, 227 in Wien oder 219 in Niederösterreich. Nur das Burgenland hat keinen Fehlstand.

Viele Teilzeitbeschäftigungen

Da der Personalmangel mit einer kleinen Schwankungsbreite schon seit Jahren ziemlich konstant ist, ist das an sich nichts Ungewöhnliches. Allerdings wird die Lage durch mehrere Faktoren massiv verschärft: „Es ist nicht ein Problem der Köpfe. Viel mehr sind es die vielen Teilzeitbeschäftigungen. Dazu kommen noch die Kollegen, die in anderen Einheiten dienstzugeteilt sind. Auf dem Papier sind die Leute zwar da, aber nicht auf ihren Stammdienststellen verfügbar“, sagt der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft, Reinhard Zimmermann (FCG).

Das hohe Alter der Beamtenschaft wird das Problem in den kommenden Jahren zunehmend verstärken. 10.000 im Polizeidienst haben den 50. Geburtstag bereits hinter sich, sagt Zimmermann. Alleine im Vorjahr wurden 579 Beamte in den Ruhestand verabschiedet. „Zusammen mit den freiwilligen Austritten sind das eine Menge Planstellen, die nachzubesetzen sind“, so der Gewerkschafter.
Um das zu bewerkstelligen, sucht das Innenministerium dringend junge Leute. Aktuell befinden sich fast 1870 Polizeischüler in ihrer zweijährigen Ausbildung – so viele wie schon lange nicht.

„Es ist gar nicht so leicht die Leute zu finden. Der Job als Polizist hat leider an Attraktivität verloren“, erklärt Niederösterreichs oberster Polizei-Personalvertreter der FSG, Martin Noschiel. Dass Polizeibeamte europaweit von IS-Terroristen zu Zielscheiben ausgerufen wurden, habe die Situation nicht leichter gemacht. „Sehr wenige wollen den Beruf auf der Straße, also die gewöhnliche Polizeiarbeit ausüben“, so Noschiel. Jobs in der Verwaltung, als Ausbilder oder beispielsweise im Kriminaldienst sind weit begehrter.

Babypause

Bei fast 17 Prozent Frauenanteil ist auch die Zahl der Babypausen, Karenzierungen und späteren Teilzeit-Wiedereinstiegen ins Berufsleben hoch. „Wir haben Polizistinnen, die nach der Babypause 10 Jahre lang teilzeitbeschäftigt sind. Auf einer 10-Personen-Dienststelle bleiben unter dem Strich sieben Vollzeitäquivalente übrig“, erklärt Noschiel.

Deshalb schlägt die FSG in Niederösterreich dem Innenministerium eine „Poollösung“ als Diskussionsgrundlage vor. In den Bezirken sollen junge Beamte zwischen den Dienststellen rotieren. Damit sollen personelle Engpässe ausgeglichen werden.

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