Niederösterreich: "NS-Diktion" im NÖ Landtag

Niederösterreich: "NS-Diktion" im NÖ Landtag
FPÖ sorgte mit Titel der Aktuellen Stunde für Aufregung. SPÖ verließ Sitzungssaal.

„NÖ-VP und Nitsch: Die Blutschande der Blutsbande“. Unter diesem Titel wollten die Freiheitlichen am Donnerstag im Rahmen der Aktuellen Stunde über die Verurteilung der Ehefrau von Hermann Nitsch wegen Steuerhinterziehung diskutieren. Nach Ansicht der FPÖ sollten sämtliche Förderungen für den von ihnen heftig kritisierten Künstler zurückgefordert werden.

Niederösterreich: "NS-Diktion" im NÖ Landtag
spö
Die Mandatare der SPÖ verließen unmittelbar nach Verlesung des Titels den Sitzungssaal. Sie verwiesen auf eine "NS-Antragsdiktion", die nicht akzeptabel sei. "Wir sehen uns gezwungen, dieser Abwärtsspirale einer immer aggressiver werdenden Ausdrucksweise - vornehmlich in den Anträgen und Formulierungen von Aktuellen Stunden der FPÖ - ein sichtbares Zeichen entgegen zu setzen", betonte Klubobmann Alfredo Rosenmaier. "Blutschande" stehe - neben der Begrifflichkeit "Inzest" - auch für "Rassenschande" - "ein Propagandabegriff im nationalsozialistischen Deutschen Reich". Die SPÖ weigere sich auf Grundlage derartig formulierter Papiere der FPÖ - die der Menschenwürde und dem Respekt anderen gegenüber mitnichten gerecht würden - zu diskutieren. Die SPÖ messe kulturellen Diskussionen stets höchsten Wert bei, "da die Freiheit der Kunst und Kultur ein hohes Gut unserer freien, demokratischen Gesellschaft darstellt", so Rosenmaier. Beim Auszug aus dem Landtag für die Länge der Aktuellen Stunde gehe es aber darum, "derartigen Diktionen, die noch dazu aus den fürchterlichsten Zeiten unserer Geschichte hervorgekramt werden, eine Absage zu erteilen".

FPÖ-Klubobmann Gottfried Waldhäusl sprach in Reaktion auf den Auszug der SPÖ von "Unkultur": Es sei undemokratisch, eine Diskussion zu verweigern.

Für die Grünen stellte Emmereich Weiderbauer lapidar fest, die Präsidiale hätte diese Diskussion nicht zulassen dürfen. Inhaltlich gebe es keinen Kommentar.

ÖVP-Kultursprecher Hans-Stefan Hintner bezeichnete es als "sehr gefährlich, Sippenhaftung zu betreiben" und plädierte für eine Kultur der Sprache. Er verwies auf die regionale Wertschöpfung im Weinviertel durch steigende Besucherzahlen im Nitsch-Museum in Mistelbach. Nitsch sei ein namhafter Vertreter der Moderne, betonte Hintner, und zeigte sich "froh", dass die Politik - und insbesondere Waldhäusl - nicht Geschmacksbehörde sei. Der Kunst Freiheit zu geben sei Ausdruck des Demokratieverständnisses.

Kommentare