NÖ: Mann quält Nachbarn mit 549 Anzeigen
549 Anzeigen in drei Monaten – in Maria Enzersdorf, Bezirk Mödling, drangsaliert ein Anrainer ein ganzes Grätzel. Jeder kleinste Regelverstoß, den er von seinem Fenster aus entdeckt, wird an die Bezirkshauptmannschaft (BH) gemeldet. "Man fühlt sich ständig beobachtet", berichtet eine Anwohnerin, die lieber anonym bleiben will. Die Betroffenen sind größtenteils machtlos. Noch.
Besonders im Visier des selbst ernannten Privatsheriffs: die Müllinsel. Autofahrer, die dort hielten, wurden prompt angezeigt. "Ich habe nur am Straßenrand gehalten und was weggeschmissen. Dann habe ich eine Strafe bekommen", erzählt Andreas S. "Aber der Herr hat sich bei der Uhrzeit geirrt. Ich konnte mit meinem GPS nachweisen, dass ich zur notierten Zeit nicht vor Ort war und musste habe nicht bezahlt."
"Echtes Problem"
"Seit eineinhalb Jahren verfolgt der Mann jeden kleinen Regelverstoß. Das ist leider ein echtes Problem geworden", berichtet ÖVP-Bürgermeister Johann Zeiner. "Wir haben mit unseren Gemeindefahrzeugen ebenfalls schon Strafen bekommen."
Viele Betroffene wissen gar nicht, warum sie eigentlich angezeigt wurden. Wie Josef Graf, der bereits zwei Strafen erhalten hat und sogar extra einen Lokalaugenschein vornahm, um der Anzeige auf den Grund zu gehen. "Das ist so lächerlich." Er will nun sogar einen Anwalt einschalten.
Eskaliert
In den vergangenen Monaten dürfte das Vorgehen des Anrainers zunehmend eskaliert sein. Autos, die nicht genau innerhalb der Markierung standen, wurden genauso aufgeschrieben, wie Fahrzeughalter deren Pickerl abgelaufen war. Auch behauptete der Anrainer, dass Autofahrer die Geschwindigkeit massiv überschreiten. Die Behörde führte daraufhin extra Geschwindigkeitsmessungen durch. Das Ergebnis: Die Vorwürfe sind falsch. Zuletzt wurden zudem Autofahrer angezeigt, die ihre Kinder bei den nahen Schulen aussteigen ließen oder in der Kurve die Mittellinie mit zwei Reifen überfuhren.
Letzteres könnte nun das Werkzeug sein, dem Anrainer das Handwerk zu legen. Immerhin überwache er als Privatperson offenbar den fließenden Verkehr, wie Ortschef Zeiner bemerkt. "Nun ist zu hinterfragen, wie das datenschutzrechtliche Vorgaben erfüllt." Zeiner hat nun am Dienstag einen Termin bei Bezirkshauptmann Enzinger, um zu besprechen, welche Schritte man unternehmen kann. In den vergangenen Wochen hatte es zahlreiche Beschwerden von betroffenen Bürgern bei dem Ortschef gegeben.
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