NÖ: "Hakenkreuz-Opfer" und Frau verurteilt

Dem Gericht nach hat er sich die Verletzungen selbst zugefügt
18 bzw. 20 Monate bedingt für Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung, falsche Beweisaussage bzw. Verleumdung.

Einen ähnlichen Fall sucht man in der heimischen Kriminalgeschichte vergeblich. So spektakulär, wie die Geschichte verlief auch das Prozessfinale am Mittwoch am Landesgericht Wiener Neustadt. Buchstäblich mit dem letzten Beweisstück wurde das vermeintliche Opfer als Täter entlarvt und wegen Vortäuschung einer Straftat zu 18 Monaten bedingter Haft verurteilt – nicht rechtskräftig.

Robert T. (53) hatte für Schlagzeilen gesorgt, weil der Schichtarbeiter aus dem Bezirk Wiener Neustadt behauptete, gleich zwei Mal von unbekannten Tätern überfallen und schwer misshandelt worden zu sein. Schnittwunden und eingeritzte Hakenkreuze am ganzen Körper zeugten tatsächlich von massiven Angriffen. T. machte seine Nachbarn nach einem jahrelang andauernden Nachbarschaftsstreit dafür verantwortlich.

Nach dem zweiten Vorfall wendete sich das Blatt und Robert T. wurde in der Causa zum Beschuldigten. Er soll den Überfall inszeniert haben, um seinen Nachbarn zu schaden. Die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt klagte den 53-Jährigen wegen Vortäuschung und seine Frau wegen falscher Beweisaussage und Verleumdung an. Bis zuletzt beteuerten T. und seine Anwälte, dass sich niemand freiwillig solche Qualen selbst zufügen würde.

Ass im Ärmel

Auch Prozessbeobachter hatten daran Zweifel, bis die Mordermittler des nö. Landeskriminalamtes am Mittwoch mit einem spannenden Beweisstück anrückten. Das Gericht hatte der Polizei den Auftrag gegeben, die Kabelbinder, mit denen die Hände von Robert T. am Rücken gefesselt waren, genau zu untersuchen und ein baugleiches Produkt aufzutreiben.

Die Ermittlungen der Kriminalisten ergaben, dass es genau die gleichen Mehrfachkabelbinder weder bei Spezialherstellern noch in Baumärkten oder im Internet zu kaufen gibt. Fündig wurde die Mordgruppe des nö. Landeskriminalamtes erst einen Tag vor dem Prozess ausgerechnet am Arbeitsplatz des Angeklagten. In der Schwechater Firma lag eine 100-Stück-Packung des äußerst seltenen Produkts im dortigen Magazin. Robert T. hatte Zugang dazu.
Der Richter demonstrierte schließlich, dass es möglich ist, sich mit den Kabelbindern selbst am Rücken zu fesseln und sich auch wieder zu befreien. Er benötigte dafür nicht einmal dreißig Sekunden und auch nicht die Hilfe einer Assistentin, „die sonst jedem Magier bei Seite steht“, so Richter Hans Barwitzius.
Robert T. beteuerte, die Kabelbinder nicht zu kennen. Der Richter war anderer Meinung. T.s Frau wurde zu 20 Monaten bedingter Haft verurteilt, die Verteidigung legte Berufung ein.

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