Beben riss Bürger aus dem Schlaf

4,3 auf der Richterskala: Die Thermenregion liegt in einem bekannten Erdbebengebiet
Stärke von 4,3 nach Richter, über 2200 Meldungen. Nachbeben sind nicht ausgeschlossen.

In der Nacht auf Freitag bebte im südlichen Niederösterreich die Erde. Exakt um 4.06 Uhr wurden die Menschen im Raum Ebreichsdorf, Bezirk Baden, aus dem Schlaf gerissen. Das Beben hatte eine Stärke von 4,3 auf der Richterskala, meldete der Erdbebendienst der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG). Der Erdstoß wurde auch bis nach Wien und ins Burgenland wahrgenommen, größere Schäden dürften keine aufgetreten sein. „Haarrisse im Verputz sind gemeldet worden“, sagte Seismologin Christiane Freudenthaler von der ZAMG am Freitag.

„Wir sind glimpflich davongekommen“, atmete Bürgermeister Wolfgang Kocevar (SPÖ) auf. Er selbst hatte das Erdbeben nicht wahrgenommen. „Meine Frau hat aber einen unruhigen Schlaf und es bemerkt“, schildert er.

Beim Lokalaugenschein konnten Experten keine gröberen Schäden an öffentlichen Gebäuden feststellen. Bis Freitagnachmittag sind mehr als 2200 Meldungen von Menschen eingegangen, die das Beben wahrgenommen hatten. Auch 80 Schadensmeldungen seien in der ZAMG eingetroffen. „Wir haben vor allem Meldungen aus Guntramsdorf, Schwadorf, Ebergassing, Baden und Tattendorf“, sagte Freudenthaler.

Katastrophenplan

„Ich bin aufgewacht, aber nach ein paar Sekunden war der Spuk vorbei“, erzählt der Ebreichsdorfer Feuerwehr-Kommandant Michael Ditzer. „Bei uns sind keine Notrufe eingegangen“, hält er fest. Für den Ernstfall sei man bestens vorbereitet. „Für Erdbeben gibt es einen ausgearbeiteten Katastrophenschutzplan“, versichert Ditzer.

„Die Gläser haben im Schrank gezittert und das Haus hat gewackelt“, erinnert sich Anrainerin Irene Redl. Angst hatte sie aber keine verspürt. „Das Beben im Jahr 2000 war intensiver“, sagt sie.

Zwei Nachbeben stellten die Seismologen fest: Um 4.22 Uhr und um 5.17 Uhr bebte die Erde erneut. „Weitere Nachbeben können nicht ausgeschlossen werden“, so Freudenthaler. Das letzte Beben ähnlicher Stärke ereignete sich am 2. Februar in Bad Eisenkappel, Kärnten, mit einer Magnitude von 4,4. Statistisch gesehen kommen Erbeben in dieser Stärke in NÖ alle zehn Jahre vor.

Das Erdbeben auf Twitter

Die einen sind aufgeschreckt, die anderen haben es verschlafen...

Vor 41 Jahren bebte in Ostösterreich die Erde heftig. Die Erdstöße erreichten damals eine für unsere Breiten beeindruckende Stärke von 5,3 auf der Richterskala. Verletzt wurde zwar niemand, aber die Schäden waren beträchtlich. Das stärkste Erdbeben in der Alpenrepublik war laut Rekonstruktion der ZAMG im Jahr 1201 mit einer Magnitude von 6,1 (nach Richter) und mit dem Epizentrum Katschberg in Kärnten.

Stärkstes Beben des 20. Jahrhunderts

Das Epizentrum am 16. April 1972 lag in der Buckligen Welt, in Seebenstein, doch die Erschütterungen waren bis Wien zu spüren, wo es als stärkstes Beben des 20. Jahrhunderts galt. In Guntramsdorf und in Schwarzau stürzten zwei ältere Gebäude ein, zwei Eisenkreuze fielen von den Türmen der Kirche. In Katzelsdorf brach eine Statue vom Kirchturm ab, auch die Kirche in Seebenstein erlitt beträchtlichen Sachschaden. In Wiener Neustadt musste die Bundesstraße stundenlang gesperrt werden, weil man mit der Beseitigung von Gebäudetrümmern beschäftigt war. Im Dom fielen während des Gottesdienstes Mauerteile herab, parkende Autos wurden durch Bauteile beschädigt.

In Wien dauerten die stärksten Bodenbewegungen fünf Sekunden. Leonard Bernstein, der gerade ansetzte, Mahlers Fünfte im Musikvereinssaal zu dirigieren, ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Dennoch musste die Feuerwehr hunderte Male ausrücken, um eingestürzte Rauchfänge und herabgefallene Dachziegel zu beseitigen. Zwanzig Meter der Balustrade an der Universität Wien stürzten ebenfalls in die Tiefe.

Weitere schwere Erdbeben in Österreich (eine Auswahl):

1267 Steiermark, Epizentrum Kindberg, Magnitude 5,4: dürftige Berichte über Schäden

1590 Niederösterreich, Epizentrum Riederberg, Magnitude 5,8: schwere Zerstörungen auch in Wien, zeitgenössische Berichte über mehrere Todesopfer

1670 Tirol, Epizentrum Hall, Magnitude 5,2: Berichte über viele Obdachlose

1689 Tirol, Epizentrum Innsbruck, Magnitude 5,2: beim Einsturz eines Wirtshauses sterben in Innsbruck zehn Personen

1927 Niederösterreich, Epizentrum Schwadorf, Magnitude 5,2: in Schwadorf sämtliche Gebäude beschädigt, auch Nachbarorte betroffen.

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