Nach dem Hitzetod eines Rekruten: SOKO befragt 170 Soldaten

Radetzky-Kaserne in Horn.
Nach Todesfall bei Marsch ermittelt nun der Leiter des Salzburger Landesgerichts.

"Ruhe in Frieden – Toni, Schatz." Mit diesen wenigen Worten bringt eine Angehörige auf Facebook ihre Trauer zum Ausdruck. 25 Tage vor seinem 20. Geburtstag starb Toni P. an den Folgen eines Stationsmarsches bei Gluthitze im niederösterreichischen Waldviertel. Nachdem die Staatsanwaltschaft Krems am Dienstag bekannt gab, dass der Tod des Rekruten der Garde auf eine Überhitzung seines Körpers zurückzuführen sei, laufen jetzt die Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässiger Tötung unter besonders gefährlichen Umständen.

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Toter Soldat: Doskozil (SPÖ) gibt Befehl zur Aufklärung

Einerseits führen die Polizisten Befragungen unter den Militärangehörigen in der Kaserne in Horn durch, andererseits setzt das Verteidigungsministerium eine Untersuchungs- und Sonderkommission ein, um den Fall restlos klären zu können. Nur wenige Stunden nach seiner Bestellung als Kommissionsvorsitzender reiste der Präsident des Salzburger Landesgerichtes, Hans Rathgeb, nach Horn, um mit den Ermittlungen zu beginnen. Rund 170 Rekruten und das Ausbildungspersonal müssen befragt werden.

Vorwürfe

Nach dem Hitzetod eines Rekruten: SOKO befragt 170 Soldaten
ABD0053_20170809 - SALZBURG - ÖSTERREICH: ZU APA0266 VOM 9.8.2017 - Hans Rathgeb, Präsident des Landesgerichts Salzburg, am 12. Mai 2016. (ARCHIVBILD VOM 9.8.2017) - FOTO: APA/BARBARA GINDL
Eine zweite Gruppe unter der Leitung von Günter Höfler, Leiter der österreichischen Militärvertretung Brüssel, soll unter anderem prüfen, ob die Regelungen für die Ausbildung ausreichend sind. Denn die zentrale Frage lautet: Wie kann es sein, dass ein augenscheinlich durchtrainierter Rekrut schon nach drei Kilometern Fußmarsch über Schwindel und Übelkeit klagte und letztendlich an einem Hitzschlag im Spital starb? Entweder hatte der 19-jährige Soldat schon eine unbekannte Vorerkrankung, wodurch sein Körper geschwächt war. Oder die Rekruten waren schon vor dem Marsch einer extremen körperlichen Belastung ausgesetzt.

Beim KURIER meldete sich ein Leser, dessen Freund eine Stunde vor dem Unglückstrupp losmarschiert war. "Ein Rekrut übergab sich auf dem Marsch ob der Überanstrengung mehrere Male und wurde auch ohnmächtig. Es gab zu wenig Wasser und der junge Soldat wurde trotz der unerträglichen Hitze von den anderen Kameraden mitgeschleppt", berichtet er.Im Verteidigungsministerium wird betont, dass alle diese Vorwürfe ernstgenommen und geprüft werden. Gerüchte wonach ein Ausbildner der Garde bereits beurlaubt wurde, werden im Ministerium relativiert. "Es stimmt, aber die Beurlaubung hat nichts mit dem Vorfall zu tun", sagt Sprecher Dietmar Rust.

Das Heer postete auf Facebook zudem einen angeblich offenen Brief von Garde-Rekruten, in dem sie – fehlerlos und in geschliffenem PR-Deutsch formuliert – viele der Anschuldigungen als "Lügenmärchen" zurückweisen.Unterdessen bekommt der Vorfall auch eine politische Dimension. Die Grünen haben eine parlamentarische Anfrage an Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil gestellt. Unter anderem wollen sie wissen, ob der kollabierte Rekrut tatsächlich zuerst mit einem Lkw in die Kaserne gebracht und erst danach von Sanitätern behandelt wurde. Im Ministerium wehrt man sich gegen Vorverurteilungen: "Dieser tragische Fall dient nicht für den Wahlkampf."

Kritik Van der Bellens

Am Mittwoch meldete sich auch Bundespräsident Alexander Van der Bellen in der Causa zu Wort und drückte den Angehörigen des Verstorbenen sein "aufrichtiges Beileid" aus. Van der Bellen, der auch Oberbefehlshaber des Militär ist, stellte via Facebook klar: "Derartige Ausbildungsmethoden darf es beim Heer nicht mehr geben."

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