"Missionierender" Salafist fiel durch das Betreuungsnetz

Sergo P. (re.), hier auf einem Archivbild vom ersten Prozess 2015
Junger Tschetschene wollte erneut nach Syrien reisen: Zwei Jahre Haft, nicht rechtskräftig.

Sergo P. präsentiert sich am Freitag vor der Richterin in Korneuburg als strenggläubiger Muslim. Salafist – diese Bezeichnung lässt er gelten. Aber Dschihadist? Das will der 22-jährige Tschetschene, der in Wien lebt, auf keinen Fall sein. Er erzählt lieber davon, dass er (wieder) in die Türkei reisen wollte, um eine Zweitfrau zu heiraten. Dass er noch vor seiner ersten Verurteilung wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung in der Justizanstalt Josefstadt "missionierte", Mithäftlinge vom "rechten Glauben" überzeugen wollte und zum Nachbeten nötigte, einen Mithäftling sogar zum Konvertieren gebracht hatte, das erfährt man in der Verhandlung nicht.

Grund für eine entsprechende Betreuung nach der Haft war das anscheinend ohnehin keiner. Die Justiz ordnete keine entsprechende Nachbetreuung an, sein Bewährungshelfer erfuhr gar nicht davon, auch nicht sein Ansprechpartner bei Derad – einer Organisation zur Deradikalisierung von Straftätern.

Verschleiert

"Missionierender" Salafist fiel durch das Betreuungsnetz
Prozeß gegen Dschihadistin, verschleiert
Schon im November 2015 wurde Sergo P. zu zwei Jahren Haft verurteilt, weil er samt Mutter und (schwangerer) Ehefrau über die Türkei nach Syrien ausreisen wollte. Angeblich, um einen islamischen Heiler für die Mutter zu treffen. Seine Frau ist übrigens eine der wenigen Burka-Trägerinnen ist Österreich. Der komplette Körper ist verhüllt, sogar die Augen. Deshalb darf sie ihren Mann in der Haft nicht besuchen und hat Hausverbot im Landesgericht – sie verstößt gegen das gesetzliche Verhüllungsverbot.

Sergo P. saß einen Großteil seiner Strafe ab, acht Monate der Haft wurden ihm auf Bewährung nachgesehen. Doch schon ein Jahr später packte er wieder seine Sachen. Im Mai wollte er mit gefälschtem Pass und einem Freund nach Istanbul fliegen. Ohne Rückflugticket. ."Ich wollte dort heiraten." Ob seine Erstfrau damit einverstanden war? "Damit ist keine einzige Frau einverstanden. In meiner Religion ist das aber erlaubt." Nur: Ob diese Frau überhaupt existiert, daran zweifelt das Schöffengericht. Auch erzählte er Frau Nummer eins nichts über die bevorstehende Hochzeitsreise, erklärte diese lieber zum Urlaub mit Freunden. "Das hätte Stress gegeben."

Zweitfrau

Fest steht, dass er eine Tschetschenin in Wien ebenfalls zur Zweitfrau nehmen wollte. Auffällig ist, dass diese Frau nicht einmal Kopftuch trägt. "Hätten wir geheiratet, hätte ich eines getragen, weil es ihm wichtig war", erklärt sie. Doch als sie erfuhr, dass Sergo P. schon eine Frau und drei Kinder hat, servierte sie ihn ab.

Wie auch immer: Auch diesmal klappte der Ausreiseversuch nach Syrien nicht. Obwohl er sich extra den Bart abrasiert und einen Anzug gekauft hatte. Um seinen wahren Ausreisegrund zu verschleiern, vermutet die Richterin. Die gefälschten Pässe flogen in Wien-Schwechat auf.

"Ich sitze doch nur hier, weil ich Muslim bin", sagt Sergo P. und bestreitet mehrmals die Absicht, sich dem IS anzuschließen. "Ich will wieder nach Hause nach Georgien. In Österreich habe ich diesen Stempel, dass ich Terrorist bin."

Urteil: Erneut zwei Jahre Haft für den Salafisten. Dazu kommen noch die acht Monate Haft, die ihm eigentlich nachgesehen wurden. Nicht rechtskräftig.

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