Kultur belebt Sinne und Kassen

Kultur belebt Sinne und Kassen
Kulturspektakel sind mehr als ein Mittel gegen sommerliche Fadesse. Vielerorts sind sie wichtige Wirtschaftsfaktoren.

Nicht alle empfinden das sommerliche Kulturgetriebe in Niederösterreich als positiv. Schöngeistiger Zeitvertreib, Zusatzverdienst für Bühnenstars oder "is eh schon überall etwas los", murren die Kritiker. Vielfach unbeachtet bleibt die Wertschöpfung, die Kultur-Events den Theaterorten bescheren.

Dabei kämpfen die meisten Veranstalter mit schmalen Budgets und bei Open-Air-Events mit den Widrigkeiten des Wetters. Zuletzt bescherte Starkregen sogar Spitzenbühnen wie Mörbisch oder Bregenz schmerzliche Absagen. Aber: Allein die treuen Besucher des NÖ Theatersommers an 23 Spielorten geben rund 17 Millionen Euro aus. In Stichproben erhob der KURIER den Wert des sommerlichen Kulturtrubels. "Früher hätte man im Sommer nackt über den Hauptplatz laufen können, niemanden hätte es gekratzt", beschreibt Wirtschaftssprecher Christian Illich aus Stadt Haag die positive Veränderung, die der Haager Theatersommer gebracht hat. Die riesige Holztribüne, die seit 2000 jeden Sommer für das Festival am Hauptplatz errichtet wird, ist zum Wahrzeichen geworden. An die zwölf der 18 Gastronomiebetriebe in der Stadt würden am Theaterfest mitpartizipieren, meint Illich. Immerhin lockt der Haager Theatersommer rund 20.000 Gäste an.

Wertschöpfung

"Natürlich schauen wir, dass auch unser Bäcker und Fleischer mit im Boot sind. Die Wertschöpfung für die Stadt ist sicher beachtlich", glaubt Festival-Intendant Gottfried Schweiger. Doch das Theater-Karussell bewirke noch viel mehr. Viele Schüler der Wirtschafts-HBLA haben über den Sommer beim Festspielmanagement und den Gastwirten lukrative Ferien- und Praxisjobs. Dazu mauserte sich der früher eher desolate Hauptplatz innerhalb des letzten Jahrzehnts zum Schmuckkasterl. "Wir haben öffentliche Objekte und den Platz hergerichtet. Dann haben sich viele private Hausbesitzer in die Renovierungsaktion eingeklinkt", sagt Bürgermeister Josef Sturm. Mittlerweile lockt der Hauptplatz nicht nur im Sommer Touristen an.

Filmhof

Auch im Weinviertel rollt der sommerliche Kultur-Rubel. Der Filmhof Wein4tel lockt alljährlich 10.000 bis 15.000 Besucher nach Asparn/Zaya im Bezirk Mistelbach. Theater, Kino und Kabarett sorgen für gut gefüllte Sitzreihen. "Der Bekanntheitsgrad unserer Gemeinde ist dadurch in hohem Maß gestiegen. Darüber sind wir sehr froh", sagt Bürgermeister Johann Panzer. Besucher aus nah und fern kommen zu den Veranstaltungen. Doch einen Wermutstropfen gibt es: So schnell, wie sie gekommen sind, verschwinden sie auch wieder. "Normalerweise fahren die Leute nach der Veranstaltung wieder heim. Wien ist eben nicht weit entfernt", sagt Panzer.

Ins Gasthaus von Leopoldine Schulz verirren sich nur selten Filmhof-Gäste. "Ein paar sind's zwar schon", sagt die Wirtin. "Besucher des Urgeschichtemuseums kommen schon öfter zu uns." Und das hat einen Grund: Die Filmhof-Veranstalter tischen selbst auf. Kaffee und Schmankerln gibt es direkt bei den Veranstaltungen. Was allerdings den Fleischermeister Reinhard Hiess positiv stimmt. "Wurst und Fleisch liefern wir in den Filmhof", erklärt er. Und das sei ein schönes Zubrot.

Trubel

Der Festspielmotor brummt auch im sonst beschaulichen Festspielort Reichenau an der Rax. Norbert Steiner ist hier Wirt und Hotelier mit Leib und Seele. Er hat das Haus zurzeit voller Festspielgäste. "Die Theaterliebhaber sind für uns ein wertvoller Wirtschaftsfaktor", sagt der Chef des "Looshauses". Vor allem das Wiener Publikum zeigt sich vom ländlichen Charme begeistert. Die gesamte Region profitiere davon, sagt Steiner.

Für den Ansturm rüstet sich der Gastronom mit zusätzlichem Personal. So kommen zahlreiche Praktikanten aus der nahen Hotelfachschule zum Einsatz. Bedauerlich im positiven Stress sei einzig, "dass wir von den tollen Stücken oft nur aus der Zeitung erfahren", beklagt der Wirt.

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