Neuer Zeuge mit brisanter Aussage im Fall Kührer
Nach dem Schuldspruch wegen Mordes im September 2013 dachten alle Beteiligten, dass das jahrelange Martyrium um das Verschwinden und den Tod der 16-jährigen Niederösterreicherin Julia Kührer endlich vorbei sei. Zwei Jahre später bringt ein neuer Zeuge wieder Bewegung in den Kriminalfall.
Dieses Szenario ist nicht vollkommen neu und war bereits eine mögliche Annahme im Zuge der Ermittlungen. Neu ist allerdings, dass ein bisher völlig Unbeteiligter diese Behauptung erneut bekräftigt. Der Wiener Rechtsanwalt, Wolfgang Blaschitz, wird aufgrund der neuen Erkenntnisse am Landesgericht Korneuburg einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens stellen.
Blaschitz hat vor eineinhalb Jahren Michael K. als Mandanten übernommen, weil dieser mit seinem alten Verteidiger nicht zufrieden war. Der 53-Jährige muss 20 Jahre in Stein absitzen und plädiert nach wie vor auf seine Unschuld.
"Kürzlich gab es in dem Fall eine interessante Wende. Es wurde jemand in die Justizanstalt Stein eingeliefert, der Insiderinformationen zum Fall Kührer hat", sagt Blaschitz.
Überraschung
Julias Ex-Freund habe ihm persönlich erzählt, dass die 16-Jährige nach dem Drogenkonsum gestorben sei und er die Leiche in dem Keller versteckt habe. Diese Aussage wird Franz P. auch vor Gericht bekräftigen.
Das ist aber nicht der einzige Mosaikstein, mit dem Blaschitz eine Wiederaufnahme erwirken will. Die fast idente Aussage einer Zeugin findet sich in einem Aktenvermerk vom 6. Oktober 2013. Damals schrieb ein Ermittler des nö. Landeskriminalamtes seinem Kollegen der Mordabteilung ein E-Mail über die Wahrnehmung einer Bekannten.
Mitgehört
Blaschitz sucht fieberhaft nach einem weiteren Zeugen, der im Zuge des Mordprozesses einen anonymen Brief an den Richter schrieb. Der Verfasser gibt sich als Elternteil eines beteiligten Jugendlichen aus und schildert die Geschehnisse ebenfalls so, dass das Mädchen an einer Überdosis starb und der "Bengel" (gemeint ist Thomas S.) dabei war. Erkennt das Gericht die neuen Indizien an, muss es zu einer Wiederaufnahme kommen.
Der Fall Julia Kührer ging in die österreichische Kriminalgeschichte ein. Fünf Jahre lang gab es völlige Ungewissheit über das Schicksal des Teenagers.
Eine Chronologie: Die 16-jährige Julia Kührer verschwindet am 27. Juni 2006 spurlos, nachdem sie mit dem Bus von Horn nach Pulkau unterwegs war. Am Folgetag verständigen Julias Eltern die Polizei. Mehrere Suchaktionen bleiben erfolglos. Anfang 2010 übernimmt das Bundeskriminalamt die Ermittlungen.
Am 30. Juni 2011 suchen Nachbarn aus Neugierde am Grundstück von Michael K. nach dem Mädchen und stoßen dabei auf das tote Mädchen. Kurz darauf wird der Verdächtige festgenommen und wieder entlassen. Dem Richter ist die Suppe damals zu dünn.
Am 5. Dezember 2012 wird K. erneut festgenommen. Auf der verkohlten Decke, in die Kührers Leiche eingehüllt war, findet sich die DNA des Verdächtigen.
Nach einem aufwendigen Indizienprozess wird Michael K. im September 2013 von einem Geschworenengericht mit 7:1 Stimmen des Mordes schuldig gesprochen. Er wird zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Oberlandesgericht Wien setzt die Strafe später auf 20 Jahre herab.
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