Keine Rücksicht auf Parteiinteressen

Seit 2010 ist Ram hauptberuflich Bürgermeister. Er will am 25. Jänner die absolute Mehrheit erreichen.
Bei Listen-Bürgermeister Thomas Ram hat Parteipolitik in der Gemeinde nichts verloren.

Vor fünf Jahren wurde Thomas Ram nach dem Wahlerfolg seiner Liste "Fischamend zuerst" (46 Prozent der Stimmen) zum Bürgermeister gewählt.

KURIER: Was sind die Vor- oder Nachteile als Namensliste den Bürgermeister zu stellen?

Thomas Ram: Der Unterschied ist, dass man keine Partei im Hintergrund hat, was ich persönlich als positiv empfinde. Weil man frei und unabhängig agieren kann und die Interessen der Gemeinde und nicht der Partei im Mittelpunkt stehen. Das leben wir in Fischamend. Was mich persönlich freut ist: Die überparteiliche Arbeit wird so honoriert, dass mich auch ehemalige Gegner unterstützen. Wir haben meine Namensliste erweitert und treten als Wahlplattform "Gemeinsam für Fischamend" an. Da haben wir nun unter anderem den ÖVP-Gemeinderat Josef Jäger sowie den Ex-SPÖ-Bürgermeister Leo Schörghuber dabei.

Ist es schwieriger beim Land Gehör zu finden?

Nein. Es kommt natürlich auch immer darauf an, wie man sich verhält. In Niederösterreich gibt es aus meiner Erfahrung eine korrekte und äußerst gute Zusammenarbeit mit dem Land, obwohl wir keiner Partei angehören.

Sie erhalten keine Parteiförderung. Wie sieht es mit der Finanzierung aus?

Wir haben sehr viele Unterstützer und Idealisten. Bei uns ist es so, dass alle Mandatare einen Beitrag zahlen, damit sich die unabhängige Liste auch finanzieren kann.

Was erwarten Sie von der Gemeinderatswahl?

Ich bin sehr zuversichtlich, da sich Fischamend in den letzten fünf Jahren positiv entwickelt hat. Die Rückmeldungen zeigen, dass die Leute wollen, dass ich Bürgermeister bleibe und daher ist diese Wahl für uns auch eine Bürgermeisterwahl. Die Leute sollen direkt entscheiden, wen sie wollen. Unser Wahlziel ist ganz klar: Wir wollen die absolute Mehrheit.

Als Bürgerliste versucht man alle Interessen abzudecken. Läuft man nicht trotzdem Gefahr, eine gewisse Partei-Richtung anzunehmen?

Das ist nicht gegeben, weil wir niemanden Vorschriften machen, welche Partei er sonst unterstützen kann oder soll. Wir haben ja Mitglieder aller möglichen Richtungen. Wir haben uns darauf eingeschworen, dass Fischamend im Mittelpunkt steht. Trotz Politikverdrossenheit auf Bundesebene sind die Leute bereit mitzugestalten. Die Bürgerbeteiligung wollen wir in der nächsten Periode auch weiter ausbauen.

Würden sie sich als Einzelkämpfer sehen?

Nein, gar nicht. Wir sind eine breite Bewegung. Wir haben regelmäßige Treffen, wo sich jeder einbringen kann. Ich habe guten Kontakt zu allen Fraktionen und arbeite vor allem in der Region mit allen gut zusammen. Auch hier ist meine Überparteilichkeit von Vorteil. Als Listen-Bürgermeister tue ich mir bei gewissen Initiativen leichter. Weil ich keine Rücksicht auf Parteiinteressen nehmen muss sondern einzig die der Bürger im Auge behalten kann.

Was ist Ihr Erfolgsgeheimnis?

Gerade in der Gemeindepolitik merken es die Leute, ob man es ehrlich meint. Da geht es um die Menschen und nicht um die Partei. Parteipolitik hat in der Gemeinde nichts verloren.

Lebenslauf Thomas Ram wurde 1972 geboren. Er wuchs in Fischamend auf. 1995 wurde er in den Gemeinderat gewählt, 1996 in den Stadtrat. Von 1998 bis 2002 war er Bundesrat, von 2002 bis 2008 Landtagsabgeordneter. Bis 2010 hatte er eine Werbefirma.
Politik Ram war bis 2006 Mitglied der FPÖ NÖ. Zuletzt war er von 2003 bis 2005 Fraktionsvorsitzender. 2006 kandidierte in NÖ als Spitzenkandidat des BZÖ bei der Nationalratswahl. 2010 wurde er mit seiner Namensliste Bürgermeister von Fischamend.

Es sind die Listen-Bürgermeister, die als bester Beweis für die Annahme dienen, wonach der Ausgang von Gemeinderatswahlen eigenen Gesetzen folgt. Persönlichkeiten zählen auf lokaler Ebene mitunter viel mehr als Parteien. Das zeigt auch das Ergebnis der Wahlen 2010. Bürgerlisten-Kandidaten haben damals 583 Mandate errungen – mehr als die Freiheitlichen (477) oder die Grünen (210). In 13 Gemeinden regieren parteilose Bürgermeister – darunter Thomas Ram in Fischamend, der es sogar geschafft hat, dass die ÖVP-Ortsgruppe mit seiner Liste als gemeinsame Wahlplattform antritt.

Wie gesagt, Listen-Erfolge sind lokale Ereignisse. Quer übers Land organisierte Kandidaturen neuer Bürgerbewegungen blieben bisher bei Gemeinderatswahlen ohne nennenswerte Auswirkungen. Die einst so gehypte Piratenpartei konnte in NÖ nie richtig Tritt fassen. Auch jetzt wird man nicht als eigene Liste zur Gemeinderatswahl antreten. Landesvorstand Thomas Rupprecht kandidiert als Einzelperson bei der SPÖ Hernstein – „als unabhängiger Kandidat, ohne Mitgliedschaft sowie Pflichten gegenüber der SPÖ“ wie er betont.
Das Team Stronach war bei der Landtagswahl 2013 der große Gegner der Volkspartei. Weniger als zwei Jahre danach hat sich Parteigründer Frank Stronach aus der Politik zurückgezogen, die Landespartei ist zerbröselt. Drei der fünf Landtagsabgeordneten – inklusive Klubchef Ernest Gabmann, außerdem Landesrätin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger – haben sich als „Team NÖ“ abgespalten. Das Team Stronach kandidiert nicht bei den Gemeinderatswahlen. „Wir haben in den vergangenen 15 Monaten einen Reinigungsprozess vollzogen. Die Begründung der aktuellen Landesparteichefin Renate Heiser-Fischer lässt – was die jüngere Vergangenheit betrifft – tief blicken: „Wir wollen nicht wieder politische Glücksritter, Parteitouristen oder Querulanten. Mit dem Geld des Team Stronach wahlkämpfen, Erfolg haben und sich dann wieder verabschieden – das hatten wir schon zu genüge.“

Neos

Bleiben noch die NEOS. Sie haben in 45 Gemeinden Kandidaturen eingereicht. Von Fundamentalopposition will NÖ-Parteichef Niki Scherak aber nichts wissen: „Wir NEOS punkten mit einem neuen Stil in der Politik. Wenn andere Parteien gute Ideen haben, dann loben wir das.“ Die Gemeinderatswahlen sieht er als optimales Biotop: „Viele Bürger wünschen sich Erneuerung auch auf Gemeindeebene.“ Zur Kandidatensuche meint Scherak: „Wir sind eine Bürgerbewegung und leben von der Beteiligung vieler Menschen.“ Auf die Frage wofür die (regionalen) NEOS eigentlich stehen, bedient sich Scherak der Diktion von Parteichef Matthias Strolz: „Wir bringen Sonnenlicht in die Gemeindestuben.“ Wichtig sei mehr Transparenz bei Gemeindefinanzen und Entscheidungsprozessen. Auch eine Bürgermeister-Direktwahl wird gefordert. Ziel sei der Einzug in jene Gemeinderäte, wo man kandidiert.

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