Jetzt soll der Proporz fallen

APA10989122-2 - 30012013 - ST. PÖLTEN - ÖSTERREICH: THEMENBILD - Länderporträt Niederösterreich - Illustration zum Thema: "Niederösterreichische Landtagswahl 2013": Das Niederösterreichische Landhaus in St. Pölten am Dienstag, 15. Jänner 2013, in Niederösterreich. APA-FOTO: HERBERT PFARRHOFER
Die ÖVP fordert die SPÖ zu einer entsprechenden Änderung der Landesverfassung auf.

Das ist keine Kleinigkeit: Als Bedingung für ein Arbeitsübereinkommen verlangt die ÖVP von der SPÖ nicht weniger als die Änderung der Landesverfassung. Ende 2011 war zuletzt intensiv über ein Ende der Proporzregierung diskutiert worden. Die Sozialdemokraten verhinderten damals gemeinsam mit den Freiheitlichen letztendlich den Wechsel zum Mehrheitssystem (siehe unten).

Wie berichtet, beraten Schwarz und Rot aktuell über ein Arbeitsübereinkommen für die kommenden fünf Jahre. Freitagnachmittag ließ ÖVP-Chefverhandler Klaus Schneeberger die Bombe platzen: „Wir wollen den Proporz abschaffen. Wenn wir das mit der SPÖ nicht zusammenbringen, dann gibt es kein Arbeitsübereinkommen.“ Schneeberger ließ auch durchblicken, dass an der Verfassungsänderung für die Volkspartei kein Weg vorbei führt. „Wir können das auch mit den Stimmen des Teams Stronach und der Grünen beschließen (39 der 54 Abgeordneten im Landtag müssen dafür sein , Anm.). Zumindest von den Grünen ist bekannt, dass sie in jedem Fall dabei wären. Sie haben 2011 die Debatte ins Rollen gebracht und sind auch heute noch dafür (siehe unten).

Die SPÖ stemmte sich bei der entscheidenden Abstimmung im Jänner 2012 gegen ein Proporz-Ende. Das System sicherte ihnen bisher bequem eine Regierungsbeteiligung, ebenso den Freiheitlichen. An die Stelle der FPÖ ist nun das Team Stronach getreten – für die selbst ernannten Verfechter der Transparenz würde eine Abstimmung somit zur Nagelprobe.

Gemeindegeld

Aus den innersten Kreisen ist zu hören, dass die SPÖ aber auch diesmal nicht ohne weiteres zustimmen will. Für die roten Verhandler ist Voraussetzung, dass die Partei die Hoheit über die Finanzmittel für die roten Gemeinden zurückbekommt. Diese prestigeträchtige Kompetenz war der SPÖ zu Beginn der Amtszeit von Ex-Chef Sepp Leitner 2008 entzogen worden.

Die Rückgabe der Gemeindefinanz-Hoheit sei für die ÖVP derzeit „ein No-Go“, sagt Schneeberger.

Um die verzwickte Situation zu lösen, steigen nun die Chefs in den Verhandlungsring. Kommende Woche werden Erwin Pröll und SPÖ-Chef Matthias Stadler beraten. Eine Lösung gilt als wahrscheinlich.

In Niederösterreich bekommen Parteien ihre Regierungsmandate gemäß den bei der Landtagswahl erreichten Stimmen. Das heißt „Proporz“ – von Proportionalität (Verhältnismäßigkeit). Anders läuft es im Mehrheitssystem. Dort werden – falls es keine absolute Mehrheit wie in NÖ gibt – nach einer Wahl Koalitionen gebildet.

„Die Abschaffung des Proporzes bleibt unsere Hauptforderung“, sagt Madeleine Petrovic. Sie wurde am Freitag vom Grünen Landtagsteam erneut zur Klubobfrau gewählt. Unmittelbar danach stellte sie klar, dass die Grünen „als gestärkte Oppositionspartei weiter für eine Demokratiereform in Niederösterreich kämpfen“ werden. „Es geht um eine moderne Demokratie. Wir hören nicht auf.“ Der Vorstoß der Volkspartei dürfte Petrovic dabei gelegen kommen.

Weitere Schwerpunkte der Grünen werden die Forderung nach dem 365-Euro-Jahresticket und die Verkehrspolitik allgemein („das Öffi-Netz darf sich nicht weiter verschlechtern“) bleiben. Auch der „Kampf gegen die Spekulationen“ geht weiter. Im schwelenden Streit um ein Bundesratsmandat warten die Grünen auf eine Entscheidung des Höchstgerichts.

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