Investoren am Semmering: Ein geplatztes Wintermärchen

Sorge um Wintersport am Semmering
Liftbetriebe. Ukrainer geben die Bergbahnen nicht an das Land Niederösterreich ab.

Es war zu schön, um wahr zu sein. Im Namen der ukrainischen Investoren verkündete der Chef der Panhans-Holding-Group, Viktor Babushchak, Anfang 2014 ein Wintermärchen am Semmering. 53 Millionen Euro sollten in Modernisierung und Ausbau der Bergbahnen, des Grand Hotel Panhans und drei weiterer Hotels der Gruppe fließen. "Sie sind extrem ambitioniert angetreten und anfangs auch sehr glaubwürdig rübergekommen. Leider war die Realität eine andere", sagt der langjährige Panhans-Direktor und Autor des Buches "Panhans – Ein Hotel und seine Menschen", Eduard Aberham.

Die Bergbahnen mussten heuer um die behördlichen Genehmigungen zittern. Der 4er-Sessellift war in der Saison noch keinen Tag in Betrieb, und geöffnet hat lediglich das Sporthotel, alle anderen Betriebe sind zu. Das Panhans ist seit Monaten wegen Renovierung geschlossen, bei zwei Razzien der Finanzpolizei wurden 22 Schwarzarbeiter festgenommen.

Die teils stillstehenden Lifte und geschlossenen Hotels verärgern nicht nur Semmering-Liebhaber und Wintersportler. Für das Land Niederösterreich und führende Touristiker ist es am Zauberberg nicht fünf vor, sondern fünf Minuten nach zwölf. Touristisch und wirtschaftlich steht für die Region viel auf dem Spiel. Aus diesem Grund hat sich noch zwei Tage vor Weihnachten Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) höchstpersönlich in die Misere eingeschalten und die ukrainischen Investoren zu einem Gipfelgespräch empfangen.

Zu dem Termin war sogar die graue Eminenz der Panhans-Holding-Group, der ukrainische Industrielle und Ex-Gouverneur von Odessa, Igor Palytsia (45), eingeflogen. Mikl-Leitner untermauerte nochmals das Übernahmeangebot der Liftbetriebe durch das Land. Palytsia lehnte erneut ab. Laut Babushchak halte man an den Plänen fest. Aufgrund der strengen Bankenrichtlinien hätten es die Investoren allerdings schwer, Kapital nach Österreich zu bekommen.

Damit geht das Zittern weiter. "Der Semmering hat nicht nur angesichts seiner Tradition und Geschichte, sondern auch aufgrund des aktuellen Potenzials höchste touristische Bedeutung. Ein reibungsloser Betrieb der Bergbahnen ist Voraussetzung für viele andere Betriebe", so Tourismus-Landesrätin Petra Bohuslav.

Damen-Weltcuprennen

Bereits 2013 hatte das Land deshalb mit den damaligen Privateigentümern der Lifte eine strategische Beteiligung ausverhandelt. Der unterschriftsreife Vertrag ist jedoch nicht zustande gekommen, weil die Vorbesitzer an die Ukrainer verkauften. Mit dem Angebot, die Liftbetriebe langfristig zu pachten, wollte das Land nun das touristische Ruder herumreißen und nachhaltig ins Skigebiet investieren. "Wir bleiben weiterhin gesprächsbereit und versuchen – im Interesse des Wirtschaftsstandortes Semmering – die Panhans-Gruppe zu unterstützen", so Bohuslav. Besonders in der kommenden Saison wären Patzer fatal. Im Dezember macht nämlich der Damen-Skiweltcup am Zauberberg Station. Ein Millionenpublikum wird die Rennen weltweit im TV verfolgen.

Es ist der erste Tag, nachdem die Gondelbahn wegen eines technischen Defekts tagelang still stand: Der Lift fährt wieder, einige Skifahrer stehen bereits frühmorgens auf der Piste, viele sind es aber nicht. Die Probleme scheinen behoben. Was bleibt, ist der negative Nachgeschmack. Und Skepsis den ukrainischen Betreibern gegenüber.

Besonders gelitten hat das Seewirtshaus, das direkt an der Skipiste liegt. "Wir hatten von Montag bis Mittwoch geschlossen. Die Umsatzeinbußen spüren wir natürlich stark. Man kann nur hoffen und zuversichtlich bleiben," meint Besitzer Christian Riess. Früher habe man zwölf bis 14 Mitarbeiter pro Saison beschäftigt, heuer sind es neun.

Weniger betroffen waren die Beherbergungsbetriebe im Ort. "Lustig war’s natürlich nicht, aber es waren ja nur ein paar Tage", sagt Karl Engelschall vom Hotel Belvedere. "Außerdem ist die erste Jännerwoche generell ruhig. Wir können fast von Glück reden, dass es jetzt passiert ist und nicht Ende Jänner, Anfang Februar."

Investoren am Semmering: Ein geplatztes Wintermärchen
Semmering Wirte Pension Löffler

"Unsere Gäste haben sehr cool reagiert und sind die paar Minuten nach Stuhleck gefahren", erklärt Junior-Chefin Kim Löffler von der gleichnamigen Pension. Natürlich habe es Stornierungen gegeben. "Aber die gibt es jedes Jahr. Da spielt die Schneelage eine große Rolle, und die ist ja heuer nicht ganz so optimal", so Löffler. Der 4er-Sessellift ist deshalb immer noch nicht in Betrieb.

"Deutliche Einbußen"Sandra Weber betreibt die Enzianhütte direkt an der Rodelbahn des Zauberbergs. Auch sie hatten Dienstag und Mittwoch geschlossen: "Freilich gibt es Einbußen, aber wir lassen uns davon nicht unterkriegen." Weber ärgert sich besonders über die negative Berichterstattung: "Wir sind hier alle mit Herzblut bei der Arbeit und bemühen uns sehr. Die technischen Probleme waren Pech, das hätte genauso in Kitzbühel passieren können."

Doch man blicke positiv in die Zukunft. "Ich bin überzeugt, dass wir das alles wieder zurückbekommen. Ob dieses oder nächstes Jahr – es wird wieder bergauf gehen", ist die Wirtin zuversichtlich.

Uneingeschränkt lief der Betrieb hingegen in der Skischule Semmering. In den vergangenen Tagen waren mehr als 600 Schüler zu betreuen, die hier ihren Skikurs verbrachten. Der Betrieb ist trotz der Zwangspause des Lifts weitergelaufen: Die Anfänger wurden, wie sonst auch, im Kinderskipark auf der Panhans-Wiese unterrichtet. Mit den Fortgeschrittenen sei man nach Stuhleck ausgewichen.

Caroline Ferstl

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