Im Visier des Verfassungsschutzes

Orhan Ertugrul wurde in Gmünd als Dschihadist verleumdet
Türkischstämmiger Österreicher anonym als "IS-Anhänger" angezeigt / Er warnt vor "Vernaderungswelle".

"Wenn du als Wiener aufs Land kommst, musst Du dich anpassen, um keine Probleme zu haben. Aber ich bin auch stur. Jemand will mir schaden, aber ich werde heraus finden, wer das war und klagen", verspricht der 31-jährige Orhan Ertugrul aus Gmünd. Wegen einer anonymen Anzeige, dass er ein Anhänger der Terror-Organisation "Islamischer Staat" (IS) sei, hat der österreichische Staatsbürger Besuch von Beamten des Verfassungsschutzes bekommen und wurde befragt. Ergebnis: Nicht der geringste Verdacht.

Angst

"Jetzt hat es mich getroffen, morgen kann es andere Unschuldige treffen", warnt Ertugrul, der sich als gläubiger Moslem klar gegen den IS ausspricht, vor Vernaderern. Jetzt hat er Angst um seine Familie. Denn dass es in der Gegend wirklich Anhänger des IS geben kann, die ihn ins Visier nehmen, will er nicht ausschließen. "Ich lasse meine Kinder nicht mehr alleine zur Schule gehen", betont er und erzählt: "Genau hier, wo Sie sitzen, saßen vor zwei Wochen die Beamten und haben mir unangenehme Fragen gestellt. In welche Moschee ich gehe. Und wann ich nach Syrien reisen will. Aber das ist ihre Pflicht. Wir haben einander respektvoll behandelt", berichtet Ertugrul in seinem ehemaligen Pizzalokal, das nun auf kleinere Geschäftslokale umgebaut wird. "Wenn ich das Geld für eine Reise nach Syrien hätte, würde ich meiner Frau einen Urlaub in der Türkei ermöglichen", sagt er.

In Gmünd fühlt er sich vielfach noch immer als "Zugereister" behandelt. "Weil ich ein Wiener bin", meint er. An seiner türkischen Herkunft könne es nicht liegen: "Ich bin die vierte Generation meiner Familie in Österreich, schon mein Großvater kam aus der Türkei. Man kann doch auch Tschechen, die so lange da sind, nicht als Ausländer sehen", meint Ertugrul, der vor wenigen Jahren ins Waldviertel übersiedelte. In Gmünd hatte er den ersten türkischen Supermarkt geführt. Derzeit plant er eine neue Geschäftsidee.

Kommentare