"Ich bin kein Betonierer"
Ein sonniger Herbsttag, die Besucher der Seedose am Viehofner See genießen den Ausblick. Seit die Stadt das Anwesen erworben hat, verwandelte sich der See vom Fischer-Paradies zum Freizeit-Treffpunkt für Jung und Alt. Ein guter Platz also, um mit Bürgermeister Matthias Stadler über die Zukunft der Hauptstadt zu sprechen.
KURIER: Wie oft schaffen Sie es eigentlich, in Ihrer Freizeit den See zu genießen?
Matthias Stadler: Mittlerweile komme ich eher aus dienstlichen Gründen hierher. Obwohl ich zwar jetzt in Ratzersdorf beheimatet bin, geht es sich leider nicht sehr oft aus.
Ist die Doppelbelastung als Bürgermeister und SPÖ-Landesparteichef so intensiv?
Es lässt sich eigentlich gut vereinbaren, weil man viele Termine kombinieren kann. Ich habe ja auch keine Regierungsfunktion. Das wäre dann sicher nicht machbar.
Sie haben hier in der Gegend Ihre Wurzeln. Sie waren Funktionär in Neu-Viehofen.
Das bin ich noch immer! Ein Bürgermeister muss eine Heimatsektion haben. Es handelt sich außerdem um einen spannenden Stadtteil, weil hier großes Wachstum gegeben ist, was Wohnungen und Zuzug betrifft.
In der Vergangenheit hatte St. Pölten noch ein ganz anderes Image. Fad, ein hässlicher Bahnhof, rückständig waren die Schlagwörter.
St. Pölten hat sich imagemäßig sehr verändert. Heute würde doch niemand mehr sagen, dass man bei uns nicht fortgehen kann. Aber ja, wir haben lange gekämpft. Es gab das Vorurteil, dass wir eine graue, stinkende Industriestadt sind. Davon redet heute keiner mehr, auch die Touristen, die uns besuchen, sind sehr begeistert. Die Zielsetzung, sich als eine Stadt mit hoher Lebensqualität zu positionieren, war richtig. Das zeigt auch unser deutliches Einwohnerplus.
Sie betonen oft, dass die Stadt wächst. Wo liegen die Grenzen?
Ich bin für ein gesundes Wachstum und will die St. Pöltener nicht überfordern. Wenn wir in den nächsten zehn Jahren auf 60.000 Einwohner steigen, wäre das durchaus verträglich. Unsere Infrastruktur ist dafür jedenfalls schon ausgerichtet.
Weil oft von Projektentwicklungen die Rede ist: Tut es Ihnen im Nachhinein leid, die Kopalkaserne nicht gekauft zu haben?
Wir haben ja schon das größte Gewerbegebiet (NÖ Zentral, Anm.) Niederösterreichs, wo wir uns engagieren. Eine Stadt muss nicht alles machen. Wir wollten auch nicht, dass die Kaserne zusperrt. Wir haben sogar den Vorschlag gemacht, die Garagen zu erhalten. Kaserne und Gewerbepark hätten auch nebeneinander bestehen können. Es war eine verfehlte Politik von Schwarz-Blau, denn man hätte beides haben können. Den Verlust der Truppe spüren wir jetzt bei Hochwassereinsätzen in der Region.
Der Masterplan ist ein Eckpfeiler für die Stadtentwicklung.
Das Generalverkehrskonzept und Wohnen haben oberste Priorität, heißt: Wie bekommt man den Verkehr aus der City und den Wohngebieten raus? Vorrang für Fußgänger, Radfahrer und den öffentlichen Verkehr. Pkw nur dort, wo sie sich nicht vermeiden lassen. Und das Thema Wohnen. Es gibt Zuzug in die City. Neue Projekte entstehen. Hunderte Wohnungen werden derzeit gebaut, bei der Glanzstoff und den WWE-Gründen können noch sehr viele dazukommen.
Zurück zum Verkehr. Sie gelten als großer Befürworter der umstrittenen S34. Warum?
Ich habe mich von den Fachleuten überzeugen lassen. Wir wollen die Lebensqualität steigern, ziehen aber gleichzeitig mehr Verkehr an, weil wir immer mehr zum Landeszentrum werden. Deshalb braucht es Umfahrungsstraßen. Ich bin sicher kein Betonierer, ich will Natur.Sie haben kürzlich Ihr Zehn-Jahres-Jubiläum als Bürgermeister gefeiert. Wie viele Jubiläen wollen Sie noch feiern? Entscheidend ist für mich die Wahl 2016. Wenn mich die St. Pöltener weiter haben wollen, dann werde ich zur Verfügung stehen.
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