Heimskandal: Studie widerspricht Sonderkommission

ABD0058_20180308 - ST. PÖLTEN - ÖSTERREICH: ZU APA0252 VOM 8.3.2018 - Protest der Therapeutischen Gemeinschaften (TG) zur Schließung von drei Kinder- und Jugendeinrichtungen in Niederösterreich am Donnerstag, 8. März 2018, vor dem Landhaus in St. Pölten. - FOTO: APA/SOPHIA KILLINGER
TG-Jugendheime wurden wissenschaftlich begleitet und dabei keine Missstände festgestellt.

Die Umstände rund um die Schließung der Kinder- und Jugendheime der Therapeutischen Gemeinschaft (TG) in Niederösterreich werden immer mysteriöser. Nicht nur, dass die Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt keine strafrechtlich relevanten Missstände erkannt hat, zieht nun auch eine wissenschaftliche Studie die Arbeit der eingesetzten Sonderkommission in Zweifel.

Jemand der sich die erhobenen Vorwürfe so nicht vorstellen kann, ist Silke Brigitta Gahleitner. Die Professorin für klinische Psychologie und Sozialarbeit hat von 2014 bis 2016 mit ihrem Team eine Studie über die Therapeutische Gemeinschaft durchgeführt und sich intensiv mit den Heimen beschäftigt. Dabei wurden Interviews mit den Jugendlichen geführt, die Arbeit der Betreuer begutachtet und die genauen Umstände der Unterbringungen geprüft.

Gahleitner kam in der 92 Seiten dicken Studie zu einem ganz anderen Ergebnis als die Sonderkommission: "Sowohl der aus dem quantitativen Studienteil errechnete Wirkungsindex als auch die Auswertung der Interviews weisen auf eine sogar überdurchschnittliche Qualität der Einrichtung hin. Wie es in der Studie heißt, sticht vor allem die positive Beziehung zum Personal hervor, also eine hohe soziale Anbindung, die die Nutzung der konkreten therapeutischen Angebote noch deutlich übersteigt", so Gahleitner. Anzeichen auf Misshandlungen oder Vernachlässigung gab es keine.

SPÖ-Landesvize Franz Schnabl und die Sonderkommission sehen das anders; demnach war auch von physischer und psychischer Gewalt die Rede.

Unverständnis für das Ergebnis der Kommission kommt nun auch aus den eigenen Reihen. SPÖ-Klubobmann Alfredo Rosenmaier kennt als Bürgermeister von Ebenfurth TG-Chef Hermann Radler und das dortige Heim seit Jahren. "Es ist für mich nicht nachvollziehbar, welche Anschuldigungen hier getroffen werden. Ich kenne das Heim, die dortige Arbeit war hervorragend."

Kritik am Land

Aufgekommen sind die Anschuldigungen durch den ehemaligen Jugendbetreuer Thomas Laggner. Nach einem Zerwürfnis mit TG-Chef Radler hat Laggner Vorwürfe öffentlich gemacht und den Fall eines seiner Klienten in die Medien gebracht. Michael T. widerrief allerdings kurz darauf alle diese Vorwürfe. Es sei alles "erstunken und erlogen" gewesen, weil man ihm viel Geld aus dem Opferfonds versprochen habe. Laggner bleibt bei seinen Aussagen: "Die Behörde gibt Millionen für die Jugendbetreuung aus und prüft nicht einmal, was mit den Geldern passiert", kritisiert er auch das Land.

Die knapp 80 TG-Mitarbeiter blicken indes einer düsteren Zukunft entgegen. Nachdem der Heimträger Konkurs anmelden muss, verlieren alle ihre Jobs. Auf der Facebook- und Internet-Seite "Fair zu Kindern" wollen sie zur Wahrheitsfindung beitragen. Schnabl und die grüne Abgeordnete Helga Krismer sehen sie als die "Totengräber" einer gut funktionierenden Kinderbetreuung: "Sie haben Skandal geschrien und wo sind sie jetzt, wenn 80 Leute ihren Job verlieren?"

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